Linearbeschleuniger

Aber durch das gleichmäßige Feld war man einfach in der maximalen Spannung begrenzt. Die Lösung: Der Einsatz von wechselnder Frequenz, um dem beschleunigten Teilchen den Eindruck eines stetigen, gleichförmigen, langen elektrischen Feldes zu geben.

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Linearbeschleuniger nach Ising und Wideroe, Quelle: Wikimedia Commons

Auf der Beschleunigerstrecke sind an eine Röhre Elektroden angeschlossen, die mit einer festen Frequenz umgepolt werden. Man wählt die Frequenz so geschickt, dass die Umpolung immer erfolgt wenn das Teilchen gerade an einem solchen Pol ankommt. Dadurch sieht das Teilchen immer ein gleichmäßiges Feld, während man nur die Spannung zwischen zwei Polen bereitstellen muss, statt wie in Van-de-Graaff-Beschleunigern die Spannung für die gesamte Strecke. Da das Teilchen schneller wird, legt es in gleicher Zeit immer weitere Wege zurück. Daher muss man die Abstände zwischen den Polen vergrößern.

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Linearbeschleuniger am Oak Ridge National Laboratory, Quelle: Ben Shepherd bei flickr

Der größte Linearbeschleuniger der Welt ist der SLAC an der Stanford University, an dem z.B. die ersten Quarks gefunden wurden. Der Hauptbeschleuniger ist über 3 km lang und bringt Elektronen und Positronen auf bis zu 50 GeV. Da ist plötzlich die Ruhemasse vernachlässigbar…wollen wir doch noch sehen wie schnell so ein Elektron ist. Die relativistische Masse verknüpft sich mit der Ruhemasse durch den Gammafaktor

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als m = γ m_0

Wir kennen die Ruhemasse m_0 = 511 keV und die relativistische Masse m = 50 GeV. Also ist γ=97 847, sagen wir knapp 100000.

Also beträgt die Geschwindigkeit des Elektrons v = 99,999999995% der Lichtgeschwindigkeit c…

Was macht man jetzt mit einem solchen Teilchen? Nun, die hohe relativistische Masse kann man bei Kollisionen ausnutzen, um Teilchen großer Ruhemasse zu erzeugen. Aber das ist wohl ein Thema für einen anderen Tag.

Jetzt geht bald der Ringbeschleuniger LHC an den Start, und danach wird es wohl noch einen riesigen großtechnischen Linearbeschleuniger geben, den International Linear Collider, der gerade in Planung ist und wohl 50 km lang werden soll.

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Kommentare (8)

  1. #1 Andreas
    08/04/2009

    Lieber Jörg

    Beim Lorentzfaktor fehlt ein entscheidendes Minus vor 1/2 (Gamma = 1 durch Wurzel etc.).

    Außerdem lautet meine Empfehlung auf den Begriff “relativistische Masse” zu verzichten. Man liest das zwar in vielen Lehrbüchern, aber eigentlich ist es irreführend eine Gleichung für eine bewegte Masse abzuseparieren.
    Es gibt nur eine Masse, nämlich die Ruhemasse. Klar, die Trägheit einer schnell bewegten Masse nimmt zu, aber das ist ein rein dynamischer Effekt und man sollte vielmehr die Impulse im Ruhesystem vs. Laborsystem vergleichen und somit von Impulsen sprechen.

    Beste Grüße,
    Andreas

  2. #2 Jörg
    08/05/2009

    @Andreas: Danke, ich hab die Formel danngleich geTeXed, damit man was erkennt.

    Aber ich glaube nicht, dass der Leser sich in einem solchen Artikel auch noch mit Impulse, Labor- und Schwerpunktsystem herumschlagen will.

  3. #3 Ronny
    08/05/2009

    Danke, gute Zusammenfassung.

    Nur noch eine Frage: Wie entsteht eigentlich die Bremsstrahlung in gekrümmten Beschleunigern ? oder tritt die auch bei linearen auf ?

    Als techniker interessiert mich auch wie man diese ‘Antriebss-Welle’ erzeugt. Die Steuerung dafür müsste ja eigentlich schneller als das Signal sein, kanns aber nicht weil alles schon knapp bei c liegt. Ich vermute mal, dass die Steuerung irgendwie in Gegenrichtung läuft.

  4. #4 Jörg
    08/05/2009

    Da ist ein bißchen was zur Bremsstrahlung: https://www.scienceblogs.de/diaxs-rake/2009/06/synchrotronstrahlung-der-neuesten-generation.php

    Als techniker interessiert mich auch wie man diese ‘Antriebss-Welle’ erzeugt. Die Steuerung dafür müsste ja eigentlich schneller als das Signal sein, kanns aber nicht weil alles schon knapp bei c liegt. Ich vermute mal, dass die Steuerung irgendwie in Gegenrichtung läuft.

    Also eigentlich muss man ja nur eine Wechselspannung anlegen und dann die Abstände zwischen den Polen so anordnen, dass das Elektron in gleicher Frequenz an den Polen vorbeikommt.

  5. #5 Ronny
    08/05/2009

    @Jörg
    Stimmt schon, man muss nur eine Wechselspannung anlegen, aber irgendwie muss die genau synchronisert werden. Je höher die Geschwindigkeit der Elektronen wird, desto genauer muss diese sein. Ich vermute mal es gibt da auch eine Rückmeldung vom Strahl.
    Danke für den Link.

  6. #6 Jörg
    08/05/2009

    Ah, diese Driftröhren sind wahrscheinlich deswegen. Das sind Strecken, auf denen die Elektronen nicht beschleunigt werden und an deren Enden die Pole sitzen.

  7. #7 LeSpocky
    08/07/2009

    Stichwort Fernseher:

    Hier ist die Spannung im Bereich von 10-30 keV

    Ich denk, eV ist die Einheit für Energie und nicht für Spannung? Hast Du doch zwei Absätze vorher toll eingeführt. *verwirrt*

    /edit Joerg: Sorry, das sollte natürlich nur kV sein!

  8. #8 Karen
    09/15/2010

    Vielen Dank,

    das ist wirklich super erklärt. Ich habe mich schon durch ein paar andere Seiten gequält und einfach nicht verstanden, wie ein Linearbeschleuniger funktioniert.

    Kompliment