Wir leben über unsere Verhältnisse – aber während das z.B. beim unwiederruflichen Verbrennen von Erdöl durchaus bewusst ist, auch wenn es scheinbar niemanden stört, dann ist das bei einem noch alltäglicheren Gut wie Wasser schon nicht mehr so klar. Klar – das kommt ja bei jeder Gelegenheit vom Himmel – aber man darf nicht verkennen, wenn man mehr aus einem Grundwasserleiter herauszieht als durch Regen wieder aufgefüllt wird, schafft man sich gewaltige Probleme.


In Indien passiert genau das – und wie sehr, zeigen jetzt auch Studien aus satellitengestützten Messungen. Diese haben den Vorteil, kein feines Netz aus bodenbasierten hydrologischen Messungen zu benötigen; können aber natürlich auch nicht so fein auflösen. Dennoch zeigen die Messungen auf Basis des GRACE-Doppelsatelliten, dass dies eine wertvolle Methode für großenflächige Kartierung ist, gerade für Länder wie Indien.

GRACE

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Bildquelle: DLR

Dieses Bild zeigt nicht etwa Konzeptstudien für Landefähren einer neuen SciFi-Serie, es zeigt die beiden Satelliten, die zum amerikanisch-deutschen Projekt GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment) gehören. Jeder Satellit ist mit GPS und Accelerometer zur genauen Positionsbestimmung ausgestattet, und die relative Position der Satelliten wird durch eine Mikrowellen-Funkstrecke ermittelt. Die Aufgabe: Das Gravitationsfeld der Erde vermessen.

GRACE ist 2002 gestartet und mittlerweile gibt es ein noch genaueres System, GOCE, das Ludmila ausführlich beschrieben hat. Während aber GOCE das statische Feld vermessen soll, ist GRACE auf die Detektion zeitlicher Änderungen ausgelegt.


Grundwasserspiegel

Eine Veränderung im Grundwasserspiegel bedeutet eine Massenänderung in dieser Region – und somit eine zeitliche Änderung im Gravitationsfeld der Erde. Diese kann mit GRACE beobachtet und kartiert werden.

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Indische Provinzen und der Anteil an der Grundwasserneubildung, der wieder entnommen wird.
Bildquelle: NASA/Matt Rodell

Die Forscher von NASA und der UC Irvine haben sich die Frage gestellt: Wo können wir die Methoden, die in für Grundwasser in den USA mit den GRACE-Daten angewandt wurden noch einsetzen? Eine Region, die sich anbot, sehen wir oben im Bild: Teile von Indien, in denen besonders viel Landwirtschaft betrieben wird, und in denen seit den 60ern der Wasserkonsum durch steigende Bevölkerungszahl und Bewässerung großer Teile der Landfläche enorm angestiegen ist.

Die Farbskala zeigt an, wieviel Prozent des “Recharge”, also der Menge an Grundwasser-Neubildung, wieder entnommen wird. Die drei markierten, tiefroten Regionen verbrauchen mehr, als gebildet wird, aber wieviel wurde jetzt mit den Satellitendaten berechnet.

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Bildquelle: NASA/Trent Schindler and Matt Rodell

Auch ohne das Grundwasser-Volumen zu kennen, konnte man die Massenänderung durch die Satellitenmessungen bestimmen. Die Karte zeigt nun für den Großteil des Vermessungsgebietes ein Absenken des Grundwasserspiegels. Gezeigt ist die Änderung pro Jahr im Vergleich zum Mittel als äquivalente Wassersäule. Ein roter Wert von -10 cm würde also bedeuten, dass man die gesamte Teilfläche Indiens hier 10 cm mit Wasser bedecken könnte, so viel wurde entnommen! Der Durchschnittswert ist ein Absinken von 4 cm pro Jahr – ein dramatischer Wert.

Ist der Mensch die Ursache? Die Forscher gingen systematisch vor, schlossen natürliche Variationen in Bodenfeuchte, Niederschlag, Flüssen, Seen und Gletschern aus, und kamen zum Schluss: Der Mensch bleibt als einzige mögliche Ursache.

Die Aussagen werden von einer zweiten Untersuchung von Forschern aus Hyderabad und Boulder gestützt, die in den Geophysical Research Letters erscheinen wird, und über die man beispielsweise hier nachlesen kann. Über einen größeren Streifen von Nordindien bis Bangladesh wird auch hier ein Ansenken des Grundwasserspiegels um 4 cm pro Jahr gefunden.

Kommentare (6)

  1. #1 Odysseus
    08/24/2009

    Interessant, ich staune immer wieder, was man inzwischen alles messen kann. Überraschend finde ich aber die direkte Implikation “Schwerkraft -> Grundwasser”. Gibt es denn keine anderen Faktoren, die die Erdbeschleunigung lokal beeinflussen? Ich denke da an Biomasse, große Bauprojekte oder Bergbau. Lassen sich diese Massenänderungen einfach vernachlässigen?

  2. #2 Fischer
    08/24/2009

    @Odysseus:
    *Lassen sich diese Massenänderungen einfach vernachlässigen?*
    Verglichen mit 100 Kubikkilometern Wasser? Auf jeden Fall…

  3. #3 Webbär
    08/25/2009

    Es muss nicht alles so bleiben. wie es war, und es bleibt auch nicht, wie es war.
    Der Mensch bewässert übrigens auch, baut Masse hinzu, in anderen Regionen.
    Das Intro – “Wir leben über unsere Verhältnisse” – ist Wertung, also Politik. Bzgl. der fossilen Ressourcen gibt es auch regelmässige Endzeitsprognosen, brauchen die Menschen solche Nachrichten?
    Zur Grafik noch: Wäre nicht schlecht, wenn die Colorierung grossflächiger ausgefallen wäre, man meint an den Rändern das Blau durchschimmern zu sehen. So weiss man nicht so recht…

  4. #4 Jörg
    08/26/2009

    Es muss nicht alles so bleiben. wie es war, und es bleibt auch nicht, wie es war.
    Der Mensch bewässert übrigens auch, baut Masse hinzu, in anderen Regionen.
    Das Intro – “Wir leben über unsere Verhältnisse” – ist Wertung, also Politik. Bzgl. der fossilen Ressourcen gibt es auch regelmässige Endzeitsprognosen, brauchen die Menschen solche Nachrichten?

    Was soll das heißen? Steckt da irgendwo ein Kommentar drin?

    Zur Grafik noch: Wäre nicht schlecht, wenn die Colorierung grossflächiger ausgefallen wäre, man meint an den Rändern das Blau durchschimmern zu sehen. So weiss man nicht so recht…

    Da würde ich den Autoren schreiben, für Nature scheints ja knapp gereicht zu haben.

  5. #5 effjot
    08/27/2009

    Diese Methode zur Fernerkundung von GW-Vorratsänderungen kannte ich noch gar nicht. GW-Entnahmen sind ja oft schwer zu quantifizieren – jeder pumpt, keiner weiß bescheid… Danke für den (das?) Post!

    Ich les mir grad den Nature-Artikel durch. Die Bodenwasser-Modellierung (GLADS) muß ich mir mal noch näher anschauen. Aber der Abwärtstrend beim GW scheint mir auch bei Unsicherheiten beim BW noch recht deutlich. Großartig wäre, wenn man das BW auch noch vom Satellit aus messen könnte. 😉

    Ein Hinweis noch: die Indien-Karte in Deinem Abschnitt „Grundwasserspiegel“ ist dort etwas ungünstig plaziert. Sie hat mit der GRACE-Methode noch nichts zu tun (ist auch nicht direkt von M. Rodell sondern vom Ministerium für Wasserressourcen) sondern zeigt den prozentualen Anteil der GW-Entnahmen an der GW-Neubildung.

  6. #6 Jörg
    08/28/2009

    @effjot:

    Ja, die Indien-Karte soll nur zeigen, welche Gebiete warum ausgewählt wurden. Die Quellenangabe habe ich so von der NASA-Seite übernommen. Ich denke ich ergänze die Bildunterschrift noch um einen Satz.