Dies ist eine Besprechung des Buches Breaking the Spell: Religion as a Natural Phenomenon/Den Bann brechen: Religion als natürliches Phänomen von Daniel Dennett. Die Einleitung und Übersicht dazu findet ihr hier.
Im ersten Teil öffnet Dennett die Büchse der Pandora, und fragt im ersten Kapitel: Welcher Bann soll denn nun eigentlich gebrochen werden?
Worum soll es denn eigentlich gehen? Dennett erzählt von einem Parasiten, der Ameisenhirne befällt und diese dazu verleitet, Grashalme zu erklimmen und sich von Vögeln Schafen fressen zu lassen – das hilft dem Parasit, nicht der Ameise. Eine Idee ist kein lebendes Ding, aber auch ein Parasit sei nicht gerade ein “Rocket Scientist”. Menschen sind oft für verschiedene Ideen gestorben – für religiöse aber auch für säkulare wie Demokratie. Es sei beunruhigend, religiöse Ideen mit einem lebenden Tier zu vergleichen, aber auch in der Bibel finden sich solche Vergleiche, vom Samen der das Wort Gottes ist und in die Menschen eingepflanzt wird. Dennett fragt, wie der Verstand Ideen erzeugt. Wie entstehen sie, wie pflanzen sie sich fort, wie entstehen ihre Hüter, die die Idee einer Idee propagieren? Dennett redet hier eindeutig vom Mem-Konzept von Richard Dawkins, ohne das Wort zu gebrauchen. Und er verarbeitet auch die Idee von Religion als memetischer Parasit, ohne sie auszuführen. Denn er möchte in seinem Buch Religion als natürliches Phänomen erarbeiten. Er schreibt:
An account of the origins of religion, in the next seven chapters, will provide us with a new perspective from which to look, in the last three chapters , at what religion is today, why it means so much to so many people, and what they might be right and wrong about in their self-understanding as religious people. Then we can see better where religion might be heading in the near future, out future on this planet. I can think of no more important topic to investigate.
Dennett versucht eine Definition von Religion zu finden. Er weist auf die Probleme damit hin, eine Linie zu ziehen, da man immer Aspekte finden kann die dann eventuell außerhalb liegen; aber auch weil es verwandte Phänomene gibt (Aberglaube, fanatische Anhängerschaft zu einem Sport), die vieles teilen mit einer möglichen Definitionsweise.
Schließlich definiert er es als “soziale Systeme, deren Teilnehmer Glauben an eine übernatürliche wirkende Kraft bekennen oder an eine wirkende Kraft, deren Zustimmung sie suchen.” (meine Übersetzung). Er weist gleich darauf hin, dass diese Definition ein wenig ein Kreisschluss ist. Aber ich denke, so drückt er ziemlich gut aus was Religion ausmacht und grenzt sich durch das Festlegen auf eine wirkende Kraft gut von verwandten Phänomenen ab. Es geht auch nichts verloren, wenn man folgende Ideen auf verwandte Phänomene überträgt, wo es passt. Vor allem umfasse die Definition als “wirkende Kraft” zwar anthropomorphische Götter, begrenzt sich aber nicht darauf, sondern zeigt gleich noch Widersprüche auf – wie dass man aktiv einen angeblich allwissenden Gott anrufen muss. Außerdem umfasse die Definition die Bedingung einer Gruppe von Gläubigen. Das wird auch wichtig dafür, Religion als Idee und natürliches, sich verbreitendes Phänomen aufzudröseln.
Klare Worte hat er für die Frage, ob man denn nun “den Bann brechen sollte”:
It is high time that we subject religion as a global phenomen to the most intensive multidisciplinary research we can muster, calling on the best minds on the planet. Why? Because religion is too important for us to remain ignorant about.
Und das ist auch schon der Kern des Buches, damit ist eigentlich alles gesagt. Wir wisse nicht was passiert wenn wir den Bann der Religion anfassen. Daher: Untersucht endlich Religion! sagt Dennett und im Folgenden filetiert er eigentlich nur noch die Stücke vor.
Und so gibt es zwei Banne: Das Tabu, Religion nicht anzufassen. Offensichtlich bricht Dennett das, aber als Philosoph sieht sich Dennett nicht in der Position, den zweiten Bann anzugehen: Den Bann der Religion zu brechen. Er möchte eigentlich nur vorschlagen, sich das doch einmal anzusehen. Ich denke, er will sich stark bemühen alle möglichen Leser anzusprechen und betont das auch. Als “neue Atheist” will er diesen Bann wohl brechen, aber vorsichtig vorgehen und vor allem die vielen Teile, die da zusammenkommen vorzeigen und einzeln zur Untersuchung stellen. Sein Pfad sei der zu verstehen, ob Religion ein natürliches Phänomen ist und was man darüber herausfinden kann, was es den Leuten bringt. Er sehnt sich quasi nach Fakten, welch wunderbare Sehnsucht für einen Philosophen!
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