Eigentlich befindet man sich doch auf der Suche nach der Antwort, ob Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sind. Da kommen gleich zwei Nachrichten in der letzten Woche, die Hinweise darauf zeigen dass Neutrinos und Antineutrinos sich leicht unterschiedlich verhalten und auch unterschiedlich schwer sind.

Das erste Ergebnis kommt vom Experiment MINOS. Wir hatten es schon von den “long-baseline”-Experimenten, bei den an einem Teilchenbeschleuniger Neutrinos erzeugt werden und an einem Detektor einige hundert Kilometer entfernt beobachtet werden. Da man die Entfernung kennt, kann man zählen, wie häufig sich Neutrinos in andere Neutrinos umwandeln. Der MINOS-Detektor wird vom Fermilab aus mit Neutrinos versorgt. Dort schießt man einen Strahl aus Protonen auf Graphit.

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Bildquelle: MINOS

735 km entfernt also fing MINOS manchmal einige dieser Neutrinos auf. In den jetzt vorgestellten Experimenten hat man dabei den Massenunterschied zwischen Tau- und Myon-Neutrino gemessen. Ausgedrückt als Quadrat der Massendifferenz Δm² erhält man einen Wert von 2.35 x 10-3 eV². Aber jetzt die Überraschung – diese Messung für Antineutrinos führt zu einem 40% höheren Δm²! Noch ist die Statistik nicht so gut – das Vertrauen in die Messung beträgt nur 95%. Also – abwarten. Das spannend D0-Ergebnis zu unerwartet starker Symmetribrechung vor kurzem ist eventuell auch schon wieder dahin.

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Photomultiplier im MiniBooNE-Tank. Foto: Fermilab Visual Media Services

Die zweite mögliche Überraschung kommt von MiniBooNE, der ersten Stufe des Experimentes das mit einem zusätzlichen Detektor zu BooNE werden wird. Dieses Experiment soll aber in der Tat eine Überraschung wiederholen, die bereits 1990 in Los Alamos am LSND auftrat. In Untersuchungen der Umwandlung von (Anti)Myon-Neutrinos in (Anti)Elektron-Neutrinos fand man dort einen Unterschied in der Umwandlungsrate von 0,25%.
MiniBooNE befindet sich gleich am Fermilab, nur 500 m von einer Neutrinoquelle.
In den neuen Ergebnissen nun bestätigt MiniBooNE anscheinend die Beobachtungen aus Los Alamos. Die Chance, dass ein Hintergrundsignal das Signal vorgetäuscht hat, liegt aber auch noch bei guten 3%.


Quellen und weitere Informationen Neutrino surprise emerges from MINOS | MiniBooNE results suggest antineutrinos act differently | MINOS-Experiment | MiniBooNE | Fermilab Today, 18.06.



Kommentare (4)

  1. #1 H.M.Voynich
    06/25/2010

    Sind andere Teilchen bekannt, deren Antiteilchen eine abweichende Masse haben?

  2. #2 Jörg
    06/28/2010

    Nein, es gibt eigentlich keine Abweichungen zwischen Masse und Antimasse. Daher wäre das ja so spannend, weil es vielleicht ‘nur’ daher kommt, wie Masse entsteht, und vielleicht gibt es da eine kleine Asymmetrie.

  3. #3 H.M.Voynich
    06/29/2010

    Wirklich spannend.
    Kann die Schwache Wechselwirkung etwas damit zu tun haben?
    Gibt es eine experimentelle Untergrenze dafür, wie hoch ein Masseunterschied zwischen z.Bsp. Elektron und Positron maximal sein kann?

  4. #4 Jörg
    06/30/2010

    Tja eigentlich kann nur die Schwache WW etwas damit zu tun haben, da ja das Neutrino sich zu fein ist an den anderen Wechselwirkungen teilzunehmen…
    Das einzige was mir jetzt einfallen würde, wäre dass die Beiträge durch virtuelle Teilchen zur Masse anders ist weil die Wechselwirkung nicht ganz symmetrisch ist.

    Zur Massendifferenz bei schwereren Teilchen habe ich jetzt nur das gefunden
    https://prl.aps.org/abstract/PRL/v83/i23/p4694_1
    Der Massenunterschied zwischen Elektron/Positron ist damit kleiner als 10-22. Das wäre also in der Tat sehr rätselhaft wenn und warum er gerade beim Neutrino groß ist. Ich würde wohl eher tippen, dass der Effekt noch weggeht bei genauerer Messung oder es eine andere Erklärung gibt.