Es passiert nicht so besonders häufig, dass in einem Nature-Journal Artikel erscheinen die nahe an meiner Arbeit sind. Aber ein Paper in Nature Geoscience von Ende August befasst sich gleich mit zwei Themen, die ich auch (etwas entfernt) schon behandelt habe: Bodenfeuchte und Hydrologie.
Dabei geht es besonders darum, wie gut man saisonal die Abflussmenge eines Flusses vorhersagen kann, wenn man nur die Schneedecke und/oder die Bodenfeuchte im Fluss-Einzugsgebiet kennt.
Um die Abflussmenge eines Flusses vorherzusagen, muss man das gesamte Einzugsgebiet modellieren. Eine Möglichkeit stellen Landoberflächen-Modelle dar, die das Geschehen im Boden mit der Atmosphäre koppeln. Das Einzugsgebiet wird dafür in Kästchen aufgeteilt (hier in ein Gitter von 0.5 Grad Kantenlänge), innerhalb derer die Größen jeweils als konstant angenommen werden; und in denen die physikalischen Gleichungen gelöst werden. Der Boden kann Wasser und Energie speichern, die Atmosphäre stellt den Antrieb für Veränderungen bereit als (u.a.) Niederschlag und Temperatur. Wasser aus dem Boden kann verdunsten. Zwei Einflüsse, die sich diese Studie von Randal Koster vom Global Modeling and Assimilation Office bei der NASA und seine Ko-Autoren genauer ansieht sind die Bodenfeuchte und die Schneedecke. Sie überprüfen dabei, wie genau man die fünf Monate von März bis Juli vorhersagen kann, wenn man (nur) die Bodenfeuchte oder die Schneedecke Anfang Januar kennt.
Wie die Kenntnis der Schneehöhe dazu beiträgt, besser sagen zu können wieviel Wasser abfließen wird, ist einfach zu sehen: Der Schnee schmilzt weg und fließt ab. Die Bodenfeuchte aber, also wieviel Wasser der Boden gespeichert hat, beeinflusst wieviel Niederschlag oberflächlich abfließt oder aber versickert. Die beiden Größen beeinflussen sich auch gegenseitig: ist z.B. der Boden unter der Schneedecke trocken, kann schmelzender Schnee zunächst im Boden versickern und später verdunsten.
Alles eine Frage des Skills
Es war also eine Aufgabe des Studienkonzepts, ein Maß zu finden das als Zahl ausdrückt wieviel Wert für die Vorhersage die Kenntnis der Größe Bodenfeuchte oder Schneehöhe für die Abflussmenge mitbringt. Und zwar am besten so, dass die Zahl frei von anderen Einflüssen ist. Bei Kennzahlen zur Bewertung des Ergebnisses von Simulationen spricht man allgemein von “Skill”. Also – wie fähig ist meine Simulation?
Die Studie war groß angelegt – 84 Jahre Daten von 17 Flusseinzugsgebieten berechnet mit vier verschiedenen Modellen. Der Skill hier war so angelegt, dass er angab wie gut die Vorhersage der Modelle die Variationen der Abflussmenge innerhalb der einzelnen Jahre wiedergeben konnte – und wie die Kenntnis der verschiedenen Größen dazu unabhängig beiträgt. Der Skill läuft hier einfach zwischen 0 und 1 – 1 bedeutet eine perfekte Reproduktion der Messungen (man hat auch zu allen Flüssen gemessene Abflussdaten, die es zu reproduzieren gilt) und 0 einen völligen Fehlschlag.
Drei Szenarien plus ein Kontrolllauf wurden durchgerechnet. Der Kontrollauf war dabei der beste Versuch, die Messungen zu reproduzieren. Dabei wurden nicht nur Schneehöhe und Bodenfeuchte als bekannt in das Modell gesteckt, sondern auch die meteorologischen Randbedingungen. Schauen wir uns doch gleich das Ergebnis an:
Das Kontrollszenario ist oben links. Man sieht, es hat ziemlich gute, aber nicht perfekte Vorhersagen. Für jeden Fluss gibt die Farbe den Skill an, und er liegt hier so zwischen 0.7 und 0.9. Perfekt soll er auch nicht sein, den trotz der Kenntnis der Randbedingungen sind diese nicht perfekt gemessen, das Modell ist nicht perfekt, es gibt Fehler durch die Einteilung in Gitterzellen usw.
In Realität könnte man aber nicht im Januar bereits die meteorologischen Randbedingungen kennen – man weiß eben nicht, wie viel es drei oder sieben Monate später regnen wird. Daher werden die eigentlichen Szenarien nicht durch meteorologische Randbedingungen, sondern nur durch langfristige klimatologische Randgrößen angetrieben, die aus Beobachtungsdaten abgeleitet sind. So kann man sich auch sicher sein, dass der beobachtete Skill dann tatsächlich nur aus der Kenntnis um Schneehöhe und/oder Bodenfeuchte stammt.
Oben rechts sieht man dann das Szenario, bei dem diese beiden Größen bekannt sind – und sieht dass doch ein gutes Stück Information über die Abflussmengen zwischen März und Juli gewonnen werden kann, alleine wenn man Bodenfeuchte und Schneedecke am 1. Januar kennt.
Etwas schlechter wird die Vorhersage, wenn man nur die Schneehöhe kennt (unten links); deutlich schlechter wenn man nur die Bodenfeuchte kennt. In manchen Regionen bringt die Kenntnis der Bodenfeuchte gar nichts – aber vor allem im Norden und Nordwesten, also in bergigeren Regionen in denen man sich leicht vorstellen kann, dass der Schnee eine größere Rolle spielt. Aber für manche Flusseinzugsgebiete erkennt man doch einen deutlichen Einfluss der Bodenfeuchte auf die Langzeitvorhersage; für manche Einzugsgebiete kann die Beobachtung der Bodenfeuchte also durchaus wichtig für die hydrologische Modellierung sein.
Koster, R., Mahanama, S., Livneh, B., Lettenmaier, D., & Reichle, R. (2010). Skill in streamflow forecasts derived from large-scale estimates of soil moisture and snow Nature Geoscience, 3 (9), 613-616 DOI: 10.1038/ngeo944
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