Martin hat für die Diskussion um geschlechtsneutrale Sprache eine Liste der beliebtesten Gegenargumente gebracht, eine Art Bullshit-Bingo der geschlechtsneutralen Sprache. Und da bei ihm Karl Mistelberger grade das letzte Kästchen vollgemacht hat, rufe ich: BINGO!
Glückwunsch an mich und Schande über die schlechten Argumente.

(1) the ‘cross-cultural’ arguments;

https://www.scienceblogs.de/geograffitico/2010/10/nochmal-sprachsexismus-maskulina-distanz.php

Jürgen Schönstein

Nach der Theorie, dass Worte die Konzepte formen (und nicht umgekehrt, wie ich behaupten würde), dürften Iraner (ich meine “männliche Iraner”), gerade wegen des jahrtausendealten Sprachgebrauchs, heute nicht in der Lage sein zu unterscheiden, ob sie ihrer Braut nun einen Ring oder einen Armreif überstreifen sollen, und sie versuchen dann auch verzweifelt, eine Eiskremtüte in der Ellenbeuge zu halten .

(2) the ‘language is a trivial concern’ arguments;

Georgs Gesamtwerk, z.B.

Auf einem Planeten, wo das “Innen” ein schweres Problem ist (ich sag nur Unisextoilette), ist noch Hoffnung und kann es gar nicht so schlimm stehen.

aus dem gleichen Beitrag (auf Kommentare von Sb-Autoren kann ich nicht direkt verlinken)

(3) the ‘freedom of speech,/unjustified coercion’ arguments;

Sebastian

Es wird wohl immer gewisse Vorurteile gegen Geschlechter geben. Warum auch nicht? Diese müssen nicht negativ sein. Wer wird einem Dichter die Freude nehmen wollen, der Sonne das Attribut weiblich, wärmend, mütterlich usw. zuzuschreiben? Liebe Feministinnen und Feminister: Das steht euch nicht zu. Unterhaltet euch, schreibt euch wie ihr wollt, aber eure Meinung kann nicht die Prämisse für das Verhalten Dritter sein. Egal welchen Geschlechts diese sind.

(4) the ‘sexist language is not sexist’ arguments;

Jürgen Schönstein bei mir

Aber zu sagen, “die Sprache ist sexistisch” (genau das war die Ausgangsthese – “Der ganz normale Sexismus der deutschen Sprache”), haut voll daneben: “Die Sprache” ans ist nicht gut oder schlecht, nicht sexistisch oder feministisch – Sprache ist immer nur die Codierung dessen, was der Sprechende ausdrücken will.

(5) the ‘word-etymology’ arguments;

mi fhèin

Was im Artikel nicht steht:
Das “man” in “mankind” ist etymologisch verwandt mit dem deutschen “man”.
Und das kommt m.W. ursprünglich vom indogermanischen Wort für “Mensch”.

(6) the ‘appeal to authority’ arguments;

Gleicher Kommentar, Fortsetzung

Vielleicht sollte zum Thema Sprache doch besser kein Physiker schreiben, sondern ein Germanist. (Oder natürlich eine Germanistin – ich verwendete hier das generische Maskulinum.)
Hier ist übrigens eine Stellungahme einer Germanistin zu diesem Thema: https://www.ulrichdevries.de/frauensprache.html

(7) the `change is too difficult, inconvenient, impractical or whatever’ arguments; and

Maulwurf

Und jetzt noch etwas Ketzerisches: Würde man für das Geld, das -z.B. die DFG fürs „equal opportunity-Programm” oder manche (nicht alle!) Halbtagesstellen für Gleichstellungsbeauftragte- ausgegeben wird, für die Betreuung von Kindern durch Erzieher einsetzen, dann wäre allen Frauen und Mädchen mehr geholfen. Frauen wüssten ihre Kinder gut versorgt und könnten sich verstärkter der eigenen Karriere (so fern gewünscht) zuwenden und Jungs würden sehen, dass in vermeintliche (in der Vergangenheit) Frauenberufe auch richtig coolen Typen arbeiten. Und die Sprache würde sich auch mehr anpassen. Denn dann hätte man auf einmal auch mehr Kindergärtner und hoffentlich auch mehr Automechanikerinnen.

(8) the ‘it would destroy historical authenticity and literary works’

Karl Mistelberger

War es im Altertum ganz selbstverständlich, dass der Planet ein Geschlecht hatte (“Die Venus”, “Der Mars”, allerdings waren die meisten männlich) ist heute alles viel schwieriger geworden: Der Versuch vorzuschlagen, diese Tradition fortzusetzen wurde von einer Inne mit wüsten Beschimpfungen und Drohungen beantwortet.

und als Bonus
(9) Die Sprache diskriminiert doch vielmehr die Männer.

Patrick G

Was mir dazu noch merkwürdiges einfällt ist, dass negative Begriffe gerne nicht “gegendert” werden.
Bei Mörder, Dieb, Steuerhinterzieher, Verkehrssünder und Ähnlichem bleibt der Begriff meist männlich in Reinform, auch wenn Frauen mit gemeint sind oder das geschlecht unbekannt ist.

Kommentare (43)

  1. #1 MartinB
    10/22/2010

    Super!

    Das mit der Tradition/Literatur hatten wir auch schon vorher hier
    https://www.scienceblogs.de/geograffitico/2010/10/nochmal-sprachsexismus-maskulina-distanz.php – ist ein Kommentar von georg, deswegen kann ich den irgendwie nicht verlinken – der Link zeigt immer auf Primaklima, nicht auf den Kommentar?

    Der Sexismus bleibt und ausserdem kann man keine Prosa mehr lesen, ohne dass einem schlecht wird.

  2. #2 JV
    10/22/2010

    Schade. Ich hatte gehofft, dass ich auch zu der Ehre komme, dass man über Argumente hinweggeht oder diese zumindest als andere Sichtweise akzeptiert und sie stattdessen abbügelt. Naja, wenigstens Ludmila hat mir diese Ehre erwiesen.

  3. #3 Paul
    10/22/2010

    Was mir dabei schon immer ein Rätsel war: Glaubt eigentlich irgendjemand, dass es überzeugend ist, Argumente ohne nennenswerte Diskussion zu Totschlag-Argumenten und gar zu Bullshit zu erklären?
    Mir ist natürlich klar, dass das ein Standardvorgehen ist, wenn man selbst nicht in der Lage ist, gegen besagte Argumente zu argumentieren. Aber insgeheim muss doch jedem auffallen, wie durchschaubar so ein Vorgehen ist. Obwohl … andererseits feiern sämtliche anti-wissenschaftlichen Strömungen genau damit ungeheuere Erfolge. Aber ob man es deswegen auf den ScienceBlogs nachmachen muss?

  4. #4 rolak
    10/22/2010

    /Kommentare von Sb-Autoren kann ich nicht direkt verlinken/
    ach nein? Ich gebe zu, es ist etwas aufwendiger als bei den Kommentaren von außerhalb, aber offensichtlich nicht unmöglich.

  5. #5 Jörg
    10/22/2010

    JV, Paul: Seltsam, ich hab mir die Zeit genommen und einige Stunden nach einer Studie gesucht, die einen Teilaspekt klärt. Ich hab sie übrigens ausgewählt, weil ich das Abstract zuerst falsch verstanden habe ich gedacht habe, sie widerlege meine/unsere Ansicht teilweise. Hat sie dann doch nicht. In den Kommentaren dazu gab es vor allem bruhaha-Argumente obiger Qualität die nicht im entferntesten mit der Studie zu tun hatten. Es gab einige sehr gute Hinweise auf weitere, ähnliche Studien.
    Ich würde gerne noch Studien anschauen die untersuchen ob geschlechtsneutrale Sprache denn auch einen Einfluss hat und wie groß dieser ist. Das kann man vermuten, aber glauben sollte man es nicht ohne Belege (Diax’s Rake…). Das wäre ein hervorragendes Feld gewesen wo jemand der ernsthafte Gegenargumente bringen wollte sich hätte bemühen können. Nichts dazu, nicht annähernd. Die “besten” Gegenbelegen waren anekdotische SPON-Artikel und irrelevantes etymologisch motiviertes Geschimpfe einer Germanistin.
    Und jetzt kommt ihr und heult auch noch dass ihr nicht ernst genommen werdet?

  6. #6 Jörg
    10/22/2010

    @rolak: Hu, hast du jetzt die Zahl geraten aus den vorigen und nachherigen Kommentar-IDs? Ansonsten musst du mir verraten wie das geht.

  7. #7 roel
    10/22/2010

    @Jörg Rings Gratulation! Glückwunsch! Es gibt also einen Gewinner beim Bingo. Super, toll, und nun? Wie geht es weiter? Wie bekommen wir den Sexismus aus der Sprache raus?

    Gerade lese ich einen Ihrer Treffer: “Aber zu sagen, “die Sprache ist sexistisch” … haut voll daneben: “Die Sprache” ans ist nicht gut oder schlecht, nicht sexistisch oder feministisch – Sprache ist immer nur die Codierung dessen, was der Sprechende ausdrücken will.”

    Und wissen Sie was, diesen Treffer erkenne ich Ihnen ab! Die Sprache ist nur ein Werkzeug, das man vielseitig gebrauchen kann. Und die Sprache gibt es eindeutig her (siehe diverse Blogeinträge hier bei scienceblogs), dass man sie auch geschlechtsneutral gebrauchen kann! Führen Sie mich jetzt nicht als weiteren ihrer Bingotreffer auf. Wenn doch dann nur mit Nachweis, dass die Sprache sexistisch ist und nicht der Gebrauch.

  8. #8 roel
    10/22/2010

    @Jörg ich will jetzt rolaks Trick nicht verraten, aber das wird einfach angezeigt.

  9. #9 rolak
    10/22/2010

    Müssen ist nicht, Jörg, schön ‘bitte, bitte’ sagen 😉

    Raten? Also bitte, bei dem Kommentarandrang zu manchen Zeiten wäre das ein recht längliches Unterfangen. Nein, eine verlinkbare Kommentar-url bildet sich ja nach dem Muster post-url#comment<number> – der letzte Teil ab dem # ist aber bei den Mitgliedern des SB-Pantheons leider nur indirekt, z.B. dem Quelltext entnehmbar. Dort beginnt jedes neue Kommentarkapitel mit <div id=”comment<number>”>. Die id klau ich mir und kleb sie an die Seitenadresse an, fertig. ‘Unter’ dem Autorennamen kann man sich aus “https://www.scienceblogs.de/mt/mt-kommentare.cgi?__mode=red;id=<number>” auch bedienen, ist Geschmackssache. Von hinten durch die Brust ins Auge…
    Vielleicht sollte ich mal versuchen, für diesen Spezialfall das vorhandene script zu pimpen, wollte eigentlich schon länger einen etwas intensiveren Blick auf JavaScript werfen…

  10. #10 Maulwurf
    10/22/2010

    hab garnicht gedacht das man meinen Beitrag so interpretiert. Bin nur der Meinung dass es kein großer Gewinn für Gleichberechtigung darstellt, wenn nur die Sprache geändert wird und nicht auch noch das Umfeld.
    Gegen eine veränderte Sprache habe ich nichts, auch wenn es zunächst beim lesen etwas Gewöhungsbedürftig ist.

  11. @Jörg: “Ansonsten musst du mir verraten wie das geht.”

    Du musst dir nur den Link anschauen, auf den der Name des SB-Kommentators verlinkt. Bei deinem Kommentar steht da beispielsweise: https://www.scienceblogs.de/mt/mt-kommentare.cgi?__mode=red;id=153794
    Das “153794” ist die Kommentarnummer – und da bastelst du einfach nen normalen Kommentarlink draus. Also z.B. so: https://www.scienceblogs.de/diaxs-rake/2010/10/bingo-sieg-im-genderbullshitbingo.php#comment153794. Und das verlinkt dann auf deinen Kommentar.

  12. #12 MartinB
    10/22/2010

    @rolak, Florian
    Aha, danke

    nur @rolak:
    “ach nein? ”
    Nein – ich hatte ja klar geschrieben, dass *ich* das nicht kann.

  13. #13 radicchio
    10/22/2010

    und was soll das ganze? man klassifiert gegenargumente als bullshit. kann ich auch, wäre aber crank-strategie. also mach ich es nicht.

    übrigens, was an dieser stelle auch gern verlinkt wird ist:
    https://www.derailingfordummies.com/

    auch eine hübsche sammlung von totschlägern.

    und mein persönlicher fav:
    https://www.stupidedia.org/stupi/Schopenhauer_to_go

    für eine diskussion unter erwachsenen rate ich allerdings nach wie vor zu argumenten.

  14. #14 rolak
    10/22/2010

    Jetzt doch schon, oder, MartinB?

  15. #15 MartinB
    10/22/2010

    @rolak
    Wenn ich es schaffe, mir den Trick zu merken (oder zumindest, wo er steht)…

  16. #16 jimmy
    10/22/2010

    ein wenig offtopic aber ein schöner essay über sprache von Stephen Fry

  17. #17 ali
    10/22/2010

    @jimmy

    Danke für den Link. Wunderbar.

  18. #18 Karl Mistelberger
    10/22/2010

    Der eine liest und versteht, der andere liest, versteht nichts und schreibt einen Post.

  19. @Jörg
    Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Du Dich mal mit dem Unterschied zwischen Grammatik und Semantik vertraut gemacht hättest.

  20. #20 Andrea N.D.
    10/22/2010

    @Jörg:
    Ganz klar kann irgendetwas mit Dir nicht stimmen. Und mit Martin bestimmt auch nicht. Aber vielleicht bestätigen Ausnahmen auch die Regel. Vielen Dank auf jeden Fall für die witzige (und traurige) Aufarbeitung dieses Themas.
    Ich sehe es (auch hier) mittlerweile als das letzte Aufbäumen des Patriarchats. Wer gibt schon gerne Privilegien her und wenn es nur dasjenige ist, dass man Frauen aus der Sprache ausschließen kann?
    Dafür hat heute der (natürlich männliche) Direktor der Grundschule seine Lehrerschaft (alles Frauen, was sonst) mit “liebe Kolleginnen” tituliert. Geht doch. Schade, dass der Religionslehrer nicht da war. DAS wäre spannend geworden.

  21. #21 JV
    10/22/2010

    @ Jörg:
    “Und jetzt kommt ihr und heult auch noch dass ihr nicht ernst genommen werdet?”

    Ich heule höchstens, dass ich nicht im Bingo gewonnen habe.
    Ansonsten ist es mir sogar sehr lieb, wenn ich von jemanden, der missliebige Meinungen kurzerhand zu Bullshit erklärt, nicht ernst genommen werde.
    So hat jeder was davon, findest du nicht auch?

  22. @Jörg
    Alternativvorschlag zu Punkt 1, “cross-cultural argument”

    Jetzt ist es in dem Fall nicht mehr egal, dass die Studie auf englisch ist. Die “Männerwörter” beziehen sich vor allem auf Berufsbezeichnungen, die auf “man” enden, auf Worte wie “mankind” und auf Personalpronomen wie “he/she”. Da deutsch aber eine noch deutlich stärker diskriminierende Sprache hat, würde ich jetzt erstmal nicht erwarten, dass der Effekt kleiner ist.

    Hervorhebungen von mir.

  23. #23 JV
    10/22/2010

    Da gilt das nicht – vermute ich mal.

  24. @Andrea N.D.
    A propos “letztes Aufbäumen des Patriarchats” in der Form, “dass man Frauen aus der Sprache ausschließen kann” – wie wird, Deiner Ansicht nach, das Patriarchat bekämpft, indem man ihm eine Generalentschuldigung a la “nicht ich bin sexistisch, die Sprache ist’s – sie lässt mir keine andere Möglichkeit” erlaubt? Hier zur Erinnerung noch mal das fälschlich als “sexist language is not sexist” (4) klassifizierte Zitat von mir:

    “Die Sprache” an sich ist nicht gut oder schlecht, nicht sexistisch oder feministisch – Sprache ist immer nur die Codierung dessen, was der Sprechende ausdrücken will.”

    Was heißt das? Dass niemand saich mit seinen sexistischen Überzeugungen hinter der Sprache verschanzen darf, denn die gäbe ihm alle Möglichkeiten, sich korrekt auszudrücken. Aber diese – meine – Position ist ja, wie hier verkündet wird, Bullshit. Was wiederum nur heißen kann: Nicht der Sexist ist schuld, sondern die ihm vorgegebene Sprache – er selbst kann nichts dafür. Mehr noch: Nicht seine Einstellung, seine Weltsicht ist es, sondern die pöhse Sprache, die ihm, dem armen, Wehrlosen, diese Gedanken in den Kopf zwängt. Na, wenn das nicht eine Super-Generalentschuldigung für Sexisten ist. Bingo!

  25. #25 Andrea N.D.
    10/23/2010

    @Jürgen:
    Ich fand Deine Ausführungen über Semantik/Grammatik wichtig und gut.

    “Was heißt das? Dass niemand saich mit seinen sexistischen Überzeugungen hinter der Sprache verschanzen darf, denn die gäbe ihm alle Möglichkeiten, sich korrekt auszudrücken”

    Das ist meines Erachentens nicht richtig. Ich würde es eher so sehen: “Solange die Sprache die Möglichkeit bietet, sich “korrekt sexistisch” auszudrücken, wird diese Möglichkeit auch genutzt.”

    Der normative Impetus ist zwar nett – aber agiert wird in der Regel anders (muss ja nicht immer absichtlich sein, das hat Martin ja schön gezeigt).

  26. #26 radicchio
    10/23/2010

    Mehr noch: Nicht seine Einstellung, seine Weltsicht ist es, sondern die pöhse Sprache, die ihm, dem armen, Wehrlosen, diese Gedanken in den Kopf zwängt. Na, wenn das nicht eine Super-Generalentschuldigung für Sexisten ist. Bingo!

    und dann spricht er einfach gut, und schwupps, ist er kein sexist mehr. bingo!

    man, ist das leben einfach.

  27. #27 Jörg
    10/23/2010

    radicchio, ich denke du hast ausreichend zeit gehabt, dich zu blamier…äh… deinen Standpunkt darzulegen. Wenn du meinst noch weiter hier rumspammen zu müssen, lösch ich das.

  28. #28 MartinB
    10/23/2010

    @Jürgen, radicchio
    Ahhh, verstehe.
    Weil die Sprache mich zu (verglichen mit dem allgemein üblichen Sprachgebrauch) Verrenkungen zwingt, wenn ich mich geschlechtsneutral ausdrücken will, ist es besser, sie nicht zu verändern, weil man nur so die wahren Nicht-Sexisten als diejenigen erkennen kann, die sich eben jenen Verrenkungen unterziehen, die aber andererseits auch wieder überflüssig sind, weil man ja aus dem Kontext ohnehin weiß, dass Worte wie “ein Radfahrer” nicht geschlechtsspezifisch aufzufassen sind.
    Ist ja total einleuchtend, irgendwie…

  29. #29 radicchio
    10/23/2010

    nee, martin. auch diesmal nicht.

    ich denke, ich habe hinreichend erklärt, wie ich die sache sehe – und das im unterschied zu einigen anderen: sachlich argumentativ und ohne persönliche anwürfe. desweiteren ist von mir mehrfach dargelegt worden, dass ich den feminismus nicht nur befürworte, sondern prakriziere und gegen sexismus einschreite.

    leider ist offensichtlich eine ideologisierte diskussion auch mit wissenschaftlern nicht sachlich führbar. das ist bedenklich. ihr solltet von berufswegen daran gewöhnt sein, eure thesen nicht nur hinterfragen zu lassen, sondern selbst zu hinterfragen. und zwar sachlich, undogmatisch, unpolemisch und ergebnisoffen.

    wenn es wie in diesem fall für beide standpunkte keine hinreichenden belege gibt, ist niemand im recht und kann daraus für sich reklamieren, vertreter des anderen stadpunktes zu diffamieren. ich lehne überdies jede diffamierung von menschen ab, egal welches geschlecht, welche religion oder welche meinung sie vertreten. auch das sehen einige anders. sie glauben, wer ihre meinung nicht teilt, ist ein “feind”, den es zu “vernichten” gilt, denn mit den “feind” ist dann auch der widerspruch vernichtet und der eigene ansicht zur wahreit verholfen.

  30. @MartinB

    Weil die Sprache mich zu (verglichen mit dem allgemein üblichen Sprachgebrauch) Verrenkungen zwingt, wenn ich mich geschlechtsneutral ausdrücken will …

    Du hast schon verstanden, dass es in DEINEM Beispiel um Grammatik geht, also um die formalen Regeln, und nicht um die Wortwahl? Wie stellst Du Dir denn diese neue geschlechtslose Grammatik-Form vor? Auf mein “das Radfahrel” hast Du ja nicht reagiert, mach also einen besseren und praktikablen Vorschlag … Aber dass es keiner “Verrenkung” bedurft hätte, um Dein Radfahrer-Beispiel klarer (um Ludmila hier zu zitieren: 100 % gibt es natürlich nie) zu machen, habe ich Dir auch schon mehrfach beweisen. Aber mal im Ernst, willst Du wirklich bei Deiner Behauptung bleiben, dass so wenige Frauen Physik studieren, weil es einen generischen Singular gibt (dies war das Fazit Deines Beitrags, erinnerst Du Dich)? Und warum ist das dann bei anderen Studienfächern nicht ebenso, wo doch zum Beispiel die generische Form des Geographen “Geograph” (= männlich) ist? Und doch waren mindestens die Hälfte der Studienplätze in meinem Jahrgang von Frauen besetzt …

  31. #31 BreitSide
    10/23/2010

    und dann spricht er einfach gut, und schwupps, ist er kein sexist mehr. bingo!

    man, ist das leben einfach.

    Wie üblich hat der-nicht-Grammatik-kann die Realität verdreht.

    Versuchen wir mal einen Ischikawa:

    a) Sexist bezeichnet Frau als Schlampe
    b) Gutmensch bezeichnet Frau als Schlampe
    c) Gutmensch bezeichnet Frau als Dame
    d) Sexist bezeichnet Frau als Dame

    Der-keine-Grammatik-kann sagt uns nun: da im Falle d) die Benutzung korrekter Sprache den Sexisten nicht bessert, sollte b) in Ordnung sein.

    Tolle Logik.

    Wahrscheinlich wird der-keine-Grammatik-kann jetzt mich der Diffamierung zeihen.

  32. #32 MartinB
    10/23/2010

    @Jürgen

    Aber dass es keiner “Verrenkung” bedurft hätte, um Dein Radfahrer-Beispiel klarer (um Ludmila hier zu zitieren: 100 % gibt es natürlich nie) zu machen, habe ich Dir auch schon mehrfach beweisen.

    Na klar. Und auch sonst nie. Ist immer ganz einfach, sich geschlechtsneutral auszudrücken. Überhaupt kein problem.

    mach also einen besseren und praktikablen Vorschlag …

    O.k.: Ich schlage vor, dass wir es hier auf den Scienceblogs so machen wie Ludmilla neulich: Wir verwenden grundsätzlich ein generisches Femininum. Wir schreiben nur noch “Die Wissenschaftlerin”, “die Bloggerinnen” usw. “man” ersetzen wir wahlweise durch “mensch” oder “frau”, Worte wie “Mannmonate” durch “Fraumonate”, aus “Kaufmann” wird “Kauffrau” usw.

    Das müsste auch radicchio gefallen – dann können wir an das Sprachproblem einen Haken machen und uns wichtigeren Dingen zuwenden. Und wenn wir uns alle einig sind, dass die Gleichberechtigung der Frauen erreicht ist, dann überdenken wir die Regeln nochmal, aber nicht vorher.
    Wie wär’s?

    willst Du wirklich bei Deiner Behauptung bleiben, dass so wenige Frauen Physik studieren, weil es einen generischen Singular gibt (dies war das Fazit Deines Beitrags, erinnerst Du Dich)?

    Ehrlich gesagt erinnere ich mich daran nicht. Wenn ich den Beitrag lese, steht da als Fazit
    “Wenn ich also in einem Text “der Wissenschaftler” schreibe, dann kann ich damit rechnen, dass ein Großteil meiner Leserinnen und Leser dabei implizit einen männlichen Wissenschaftler annimmt. ”

    Wo genau habe ich das gesagt, was du behauptest?

  33. @MartinB

    O.k.: Ich schlage vor, dass wir es hier auf den Scienceblogs so machen wie Ludmilla neulich: Wir verwenden grundsätzlich ein generisches Femininum. Wir schreiben nur noch “Die Wissenschaftlerin”, “die Bloggerinnen” usw. “man” ersetzen wir wahlweise durch “mensch” oder “frau”, Worte wie “Mannmonate” durch “Fraumonate”, aus “Kaufmann” wird “Kauffrau” usw.

    Nur zu. Das wird sicher alles verständlicher machen.

  34. #34 MartinB
    10/23/2010

    @Jürgen
    Hab ich ja nicht behauptet, aber du wolltest einen Vorschlag. (Wobei, so gut wie wir deienr Meinung nach im Erkennen von Kontexten sind, sollte das ja niemandem Probleme bereiten, oder?)

    Aber ich muss es mal wieder sagen:
    Lies doch noch mal meinen Post. Dort steht nicht, dass Frauen wegen der Sprache nicht Physik studieren (keine Ahnung woher du den Strohmann hast), dafür steht dort:
    “Und nun? Was soll jetzt daraus folgen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.”
    und
    “Dass man für eine Problem keine Lösung hat, sollte aber kein Grund sein, es zu leugnen oder zu ignorieren.”
    Merkst du was?

  35. #35 radicchio
    10/23/2010

    Ich schlage vor, dass wir es hier auf den Scienceblogs so machen wie Ludmilla neulich: Wir verwenden grundsätzlich ein generisches Femininum.

    für ihre eigene glaubwürdigkeit würde es genügen, wenn ludmilla für ihre selbstbezeichnung grundsätzlich die feminine form “wissenschaftlerin” und “expertin” verwenden würde.

  36. #36 S.S.T.
    10/23/2010

    Boah eh! Großartige Debatte, die wirklich in jeder Hinsicht weiterbringt.

    Diese Gender-Sprache-Sexismus-Unterdrückung-etc.-pp.-Diskussion ist für mich ein Tiefpunkt der Scienceblogs.

    Hängt auch damit zusammen, dass in schöner Regelmäßigkeit weit unter der Gürtellinie argumentiert wird, im Gegensatz zu den sonstigen (und berechtigten) Ansprüchen hier.

    Wenn du nichts als Pöbeleien beizutragen hast verzieh dich und halt dich von meinem Blog fern.

  37. #37 Andrea N.D.
    10/24/2010

    Es ist, wie Martin es bei sich treffend geschrieben hat: Es gibt ein Problem, wenn die Frauen tatsächlich oder ausschließlich sichtbar gemacht werden. Es gibt ein großes Wehgeschrei, wenn plötzlich ausschließlich die femininen Formen genannt werden.
    Wenn Sprache (grammatisch, generisch oder semantisch, das ist mir mittlerweile herzlich egal) überhaupt keinen Einfluss auf irgendetwas hat, warum schreien dann manche Männer auf, wenn sie ausdrücklich NICHT angesprochen werden? Spätestens jetzt würde ich als ein solcher Mann mein Gehirn einschalten und überlegen, dass das vielleicht andersherum bei Frauen auch so sein könnte …?

  38. Es ist irgendwie erstaunlich, wenn ich sehe, wie sehr viele Kommentatoren die ich aus meinem Blog als vernünftige und intelligente Menschen kenne hier (und auch drüben bei Ludmila) auf einmal völlig abdrehen, nur weil sich jemand mit einer geschlechtsneutralen Sprache beschäftigt… Ich kann dem was Jörg (und Ludmila und Martin) hier in ihren Artikeln geschrieben haben nur völlig zustimmen. Und bin immer wieder erstaunt, was für ein Reizthema sowas ist…

  39. #39 radicchio
    10/24/2010

    florian, es soll ja vorkommen, dass auch vernünftige und intelligente menschen nicht gleicher meinung sind. die tatsache, dass du sie als vernünftig und intelligent einstufst, spricht doch dafür, ihre einwände nicht als bullshit abzutun.
    ich für mein teil habe mich sogar sehr eigehend mit sprache und geschlecht befasst. ich drehe nicht ab (und verbitte mir solche abwertenden formulierungen), sondern habe meine haltung dazu aus der faktenlage entwickelt.

    auch das, was in guter absicht geschieht, muss hinterfragt werden. dürfen!

  40. #40 JV
    10/24/2010

    Und bin immer wieder erstaunt, was für ein Reizthema sowas ist…

    Ich auch. Warum muss man sich fast schon beschimpfen lassen?

  41. #41 BreitSide
    10/24/2010

    @der-sich-nicht-integrieren-will:

    auch das, was in guter absicht geschieht, muss hinterfragt werden. dürfen!

    Und Bullshit wird man doch noch als Bullshit bezeichnen dürfen?

  42. #42 michael
    10/24/2010

    > Es ist irgendwie erstaunlich, wenn ich sehe, wie sehr viele Kommentatoren die ich aus meinem Blog als vernünftige und intelligente Menschen kenne ….

    In diesem Fall ist eben das eigene Selbstverständnis involviert und dann hat die Vernunft/Einischt halt Sendepause.

  43. #43 Marcel
    11/02/2010

    Es gibt also tatsächlich Leute, die sich um Grammatik streiten, blödsinnige Ideologie dahinter, während um diese herum die Welt langsam zerbröselt.
    Und da erscheint das Klischee vom Elfenbeintrum Wahr wie selten.
    Die “Eliten”, Mächtigen, “Das Kapital”, seelenlose Raffer, Politker samt Helfersgelumpe in den Medien, die Gierigen, die Nimmersatten, Hetzer und Merkels und vdL, was-auch-immer sind dabei ganze Völker zu versklaven samt deren Umwelt zu vergiften und auszubeuten, und das hier soll ein Teil der Antwort sein?
    Wow, ich geh mich mal eben erschiessen….wäre nur logisch oder im Geiste des Dekonstruktivismus real..
    Angesichts der heutigen Probleme ist dies hier alles mehr als lächerlich, sorry, eure heile Gender-Welt beschmutzen zu müssen…kopfschüttel…werdet erwachsen und kümmert euch um echte Probleme, anstatt eure Energie, Ressourcen(Ressourcen anderer) so billig zu vergeuden, verdammt!