Twitter-Leser haben es gestern als erste erfahren: Der Tevatron-Teilchenbeschleuniger wird nur noch 2011 laufen.
Seit der LHC läuft, ist Tevatron beim Fermilab in der Nähe von Chicago nur noch der zweitschnellste Teilchenbeschleuniger der Welt. Bis dahin war er aber seit 1987 mit fast 2 TeV Schwerpunktsenergie die Top-Maschine der Teilchenphysik – und hat auch das Top-Quark gefunden. In Anbetracht der Verzögerung am LHC war seine Laufzeit bereits (mehrfach, glaube ich) verlängert worden. Denn es bestand weiterhin Hoffnung, dass die Maschine als erste das Higgs-Boson finden würde (oder als erste ausschließen könnte). Diese Hoffnung bestand auch weiterhin, sodass man jetzt eine weitere Verlängerung bis 2014 durchsetzen wollte, die aber 130 Millionen Dollar gekostet hätte.
Leider kam dann gestern ein Brief (PDF) vom Department of Energy. Darin wird zwar anerkannt, dass die vorgeschlagene Verlängerung eine wertvolle Ergänzung zum LHC sei, dass aber die zusätzlich notwendigen Mittel von anderen Projekten im Hochenergie-Programm abgezogen werden müssten; dies werde nicht geschehen.
Es wird auch erwähnt, dass man erwartet dass der LHC das Higgs bis 2012 bestätigen oder ausschließen kann, und dass US-Physiker dort rege beteiligt seien. (Was wohl bedeutet, dass die Entscheidung dass der LHC 2012 auch durchläuft gefallen sein muss – ich glaube ja kaum dass die beim US-Ministerium nicht mitbekommen haben, dass er 2012 ursprünglich abgeschaltet bleiben sollte.)
Ich weiß jetzt nicht so ganz was ich davon halten soll. Auf der einen Seite stimmt es: Der LHC wird vermutlich die erste Kiste sein die das Higgs findet, und die Argumente dass Tevatron es doch noch finden kann sind vielleicht jetzt abgenutzt gewesen. Und wenn die Entscheidung wirklich stattfinden muss zwischen Tevatron und neuen Experimenten, ist diese Entscheidung wohl die richtige.
Aber so ein wenig wünscht man sich dann doch das Konkurrenzdenken zurück. Man stelle sich vor, die Amerikaner hätten in den 60ern gesagt: Ach, die Russen haben Satelliten um die Erde geschickt, vielleicht können wir helfen, dann müssen wir kein eigenes Programm auflegen. Und wenn jetzt schon die Mittel fehlen um eine Maschine an der vorderen Front der Wissenschaft nicht weiterlaufen lassen zu können, wie wird das dann erst mit Investitionen in künftige Projekt, wie den International Linear Collider aussehen? Mit dem Abschuss des Superconducting Super Collider, der schon längst laufen könnte und Kreise um den LHC gerannt wäre, hat damals der USA-Kongress gegen den Willen von Präsident Clinton ja schon den größten Rückschlag für die Teilchenphysik geführt. Selbst wenn Tevatron nur noch Warten auf den Statistik-Weihnachtsmann wäre, eine wirklich unabhängige Bestätigung der Higgs-Befunde wäre wichtig. Von möglicher neuer Physik gar nicht erst zu sprechen…
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