Zur Arbeit eines Umweltwissenschaftler gehört es dazu, nun ja, in die Umwelt zu gehen und Sachen zu messen. Da ich nicht so der Naturbursche bin, sitze ich eher am Computer und modelliere und simuliere und optimiere – aber manchmal wird man eben gezwungen doch einmal mit ins Feld zu kommen. Das gehört dazu, denn was man modelliert sollte man wenigstens einmal gesehen haben. Und auch zu sehen, wie mühsam es ist, Daten zu erheben, schadet dem einen oder anderen Theoretiker oder Modellierer nicht. Letzteres war mir aber schon klar, und so hätten es nicht unbedingt 4 Tage draußen im Wald und Gebirge sein müssen…mit Leuten denen so etwas tatsächlich Spaß macht und eine bessere Kondition haben als ein Schwindsüchtiger im Endstadium.
Aber immerhin – eine schöne Landschaft ists in unserem Arbeitsgebiet in der Sierra Nevada zwischen Yosemite und Sequoia National. Und immerhin – für euch springt ein Bericht darüber raus, was ein Institut, das sich mit Bodenphysik, Hydrologie, Wurzeln und Bäumen befasst denn so anstellt.
Unser Arbeitsgebiet ist das King’s River Experimental Watershed (KREW) des US Forest Service, also das Wassereinzugsgebiet des King’s River. Hier könnt ihr mehr dazu lesen. An unseren (UC Davis) Messungen direkt sind auch die UC (University of California) Merced und Irvine beteiligt, aber da läuft noch eine ganze Menge mehr.
Die Hauptmissionen dieser Arbeitswoche waren neben weiteren Installationen an dem Baum, mit dessen Abbild im Computer ich hauptsächlich arbeite, ein Raster von 200+ Punkten abzulaufen dass ein Gitter über das Einzugsgebiet legt, und dort Bodenfeuchte und Bodentiefe zu vermessen.
(Als Nebenbemerkung, im amerikanischen Englisch bezeichnet ‘Watershed’ tatsächlich das Einzusgebiet und nicht die ‘Wasserscheide’ wie im britischen Englisch und auf deutsch)
Die Reise begann am Montag zu unangenehm einstelliger Uhrzeit, mit Verladen, Aufsatteln und der 4stündigen Anfahrt zur Glen Meadows Forest Station, in deren Baracken wir unterkamen. So gab es immerhin Duschen, Toiletten, eine Küche und Reste von Zivilisation. Allerdings kein ordentliches Telefon, kein Internet und kein Handynetz. HORROR!!
Die ersten anderthalb Tage war ich im Soil Moisture Survey beschäftigt, das heißt Gitterpunkt mit GPS anlaufen, dann Bodenfeuchte und -tiefe messen. Feuchte ist nicht so schwierig, man muss zunächst auf einem kleinen Gebiet (30×30 cm) die organische Decke (Blätter etc.) entfernen, und dann mit einer TDR-Einstechsonde mit vier Wiederholungen automatisch den Wassergehalt im Boden bestimmen. Dann noch eine andere Art Sonde nehmen, an etwa einem Drittel der Standorte eine Bodenprobe stechen und gut ist.
Etwas schwieriger ist es, die Tiefe des Bodens zu vermessen, also wo das Festgestein anfängt. Dazu braucht man solch einen Drehbohrer:
Den dreht man selbstverständlich mit Muskelkraft, und die Spitze frisst sich dabei in den Boden. Alle etwa 15-20 cm muss man dann den Bohrer wieder herausziehen und die Erde rausklopfen. Das Problem hier war, dass der Boden meistens tiefer as 1.88 m (Länge des Bohrers) war, wir also bis dort gebohrt haben und immer noch nicht die wahre Tiefe kannten. Daher werden diese Messungen irgendwann mit Verlängerungsstangen wiederholt (hoffentlich ohne mich).
Danach wurde dann wieder der Rucksack draufgeschmissen und zum nächsten Punkt gerannt – bergauf und bergab. Das Problem war nämlich, dass sowas zwar ganz schön aussieht:
Aber so etwas zum hochlaufen für mich doch eher mörderisch ist:
Nachdem ich also am Dienstag, einem 10 Stunden-Tag ohne nennenswerte längere Pause, schon um 9:30 das erste Mal am Berg abgehangen worden bin, und im Verlauf des Tages eigentlich nur deswegen nicht das Zeugs geschmissen und mich in Protest auf den Boden gesessen hab, weil alleine mitten im Wald sitzen ja auch nix bringt, verhieß der Mittwoch doch besser zu werden, weil die Arbeit am Baumstandort OHNE 10 Meilen marschieren anstand.
Und außerdem regnete es Mittwoch Morgen. Ungewöhnlich im Juni, sehr außergewöhnlich in dieser Intensität im Juni. Da hieß es also zuerst am Laptop oder mit Kartenspiel auszuharren, um sich gegen Mittag ins Schicksal völliger Durchnässung zu ergeben und mit Ersatzklamotten oder umdesignten Regenschutzmüllbeuteln die Truckfahrt über den Stock- und Steinweg (mit netten Büschen am Rand die den Leih-Truck mit seinen 400 Meilen auf dem Tacho fein zugerichtet haben) zur Baum-Site anzutreten. Aber! Es regnete zwar noch ein bisschen nach, aber eher zaghaft und ohne die vorher etwa halbstündig einsetzenden Platzschauern. Perfektes Timing also, und im Endeffekt ein ganz guter Tag.
Da ist sie also, die Weißtanne die meine Gruppe instrumentiert hat und mit dessen Wassersaug-Gewohnheiten ich mich herumschlage:
An drei Stellen um den Baum wurden neue Sensoren installiert.
Das waren Tensiometer in jeweils 1.5 m, 2 m und 2.5 m Tiefe. Tensiometer messen den Druck im Boden. Ein hohr (negativer) Druck entspricht einem niedrigen Wassergehalt – man kann sich vorstellen, dass man an einem trockenen Boden sehr viel stärker saugen muss, um noch Wasser aus den feineren Poren hervorzulocken.
Außerdem wurden in diesen Tiefen noch Wassergehalts- und Temperatursensoren installiert, in Ergänzung zu vorher installierten Serien, die allerdings in geringeren Tiefen saßen.
Die Löcher für die letzteren Sensoren wurden mit einem Drehbohrer eingebracht, und die Tensiometerlöcher, mit geringerem Durchmesser, wurden so erzeugt:
Man hämmert ein dünnes hohles Rohr mit einem Fallgewicht etwa 10 cm in den Boden, murkst es dann heraus und befreit es mühsam von der Erde. Ich hab mich neben einer Tour der Site, etwa zum meterologischen Turm:
Dieser misst die verschiedenen Komponenten, um zu berechnen wieviel Wasser generell verdunstet.
Neben dem instrumentierten Baum wurde im letzten Jahr unter einem Baumstumpf das Wurzelwerk herausgegraben. Die Grube war mit Wasser gefüllt, geht aber unter dem Baum bis in etwa 2 m Tiefe:
Die generelle Fragestellung ist, wie so ein Baum Wasser aufnimmt, wieviel er verdunstet (im Vergleich zum gesamten Wald, zum Boden oder zu anderen Bäumen), und wie er auf Stress reagiert, also auf trockenen Boden. Dazu wird neben der räumlich verteilten Messung des Wassergehaltes im Boden auch bestimmt, wieviel Saft der Baum gerade heraufzieht, mit diesen Sensoren im Baumstamm:
Außerdme sollte noch eine Reihe von weiteren Instrumenten in 2.5 m Tiefe horizontal installiert werden. Da helfen keine Bohrlöcher, da muss man einen Graben graben:
Inklusive Wurzeln schneiden und Felsen brechen. Ich habe zugegeben nur einen kleinen Teil des Grabens ausgehoben, den Großteil haben andere gemacht. Am Donnerstag hat unser Doktorand das Teil bis in fast 3 m Tiefe runtergebracht:
Bemerkenswert ist auch, das bei all dieser Graberei die ausgehobene oder herausgebohrte Erde nicht einfach aufgeschüttet werden kann, sondern in der richtigen Reihenfolge auf Planen aufgehoben werden will. Schließlich muss das Loch nachher wieder mit der richtigen Materialschichtung aufgeschüttet werden.
Mittwoch Abend brachte also noch die Fahrt in den benachbarten Ort, wo im lokalen Pizzaladen der Bär steppte:
Donnerstag Vormittag hab ich dann die Bohrlöcher fertiggestellt und bei der Eimerkolonne am Graben gearbeitet, während die Instrumente installiert und verdrahtet wurden:
Und nebenbei liefen auch noch (bereits vor Sonnenaufgang) stündliche Messungen des Drucks im Baum. Dazu tütet man in mir unzugänglicher Höhe ein Ästchen ein, und schneidet es eine halbe Stunde später herunter:
Das Ästchen wird angeschnitten, in eine Druckkammer gebracht und diese langsam unter Druck gebracht, um festzustellen ab welchem Druck Saft austritt.
Donnerstag Mittag gings dann endlich heim…
Letztlich war es eine gute Sache, einmal die Stelle zu sehen. Aber es war doch sehr zehrend für eine faule Socke wie mich…sodass ich jetzt nicht unbedingt nochmal hin muss. Auch nicht zur Schneehöhenmessung…
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