Das hat dazu geführt, dass dieses wissenschaftliche Publikationswesen in den letzten Dekaden, Jahr für Jahr, die Gewinne um zweistellige Prozentzahlen steigern konnte. Damit sind die Wissenschaftsverlage so gut wie die einzige Branche, die von der Wirtschaftskrise keinerlei Gewinneinbußen davon getragen hat. Ich habe eine kleine Tabelle gefunden, welche die Steigerungen der Gewinne zeigt, im Vergleich zu anderen Konzernen die starke Gewinnzuwächse verzeichnen.

Die Gewinnzuwächse einiger Konzerne. Blogpost zum Bild. CC-BY Alex Holcombe

Diese Tabelle wurde von Alex Holcombe zusammen gestellt Er erklärt in einem Blogpost wie er zu diesen Zahlen gekommen ist.

Ruft man sich die Geschichte mit dem doppelten Bezahlen in Erinnerung, könnte man schon sagen, dass hier im System des wissenschaftlichen Publizierens das ein oder andere falsch läuft. Nehmen wir uns mal als Beispiel den Verlag Elsevier vor: knapp 2.000 Journale, ca. 350.000 Artikel werden pro Jahr veröffentlicht. Dieser Verlag verlangt teilweise für einzelne Journale bis zu 40.000 Euro für ein Jahres-Abo und mehrere tausend Euro für das publizieren eines Artikels. Allerdings kann man kaum einzelne Journale von Elsevier abonnieren, man muss sich immer für ganze Pakete von Journalen entscheiden, was die Sache nicht günstiger macht. Elsevier hat für seine Preispolitik massive Kritik geerntet, und sogar die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat 2012 eine Petition unterstützt, die den freien Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen gefordert hat. Im selben Jahr gründete der renommierte Mathematiker William Timothy Gowers die Initative The Cost of Knowledge, die sogar dazu aufruft Elsevier komplett zu boykottieren. Dieser Verlag ist aber nur ein Beispiel unter vielen. Zusammengefasst kann man unter dem Begriff Zeitschriftenkriese bei Wikipedia die ganzen Hintergründe nachlesen. Das Grundproblem ist eigentlich, dass die Verlage immer noch so tun als ob das Herausbringen von wissenschaftlichen Artikeln immer noch so kostspielig ist wie vor hundert Jahren, was definitiv nicht der Fall ist. Björn Brembs, Professor an der Uni Regensburg, hat sich vor ein paar Tagen zu diesem Thema in seinem Blog geäußert.

Geld verdienen und das Urheberrecht

Ich habe nichts dagegen, dass jemand Geld verdient. Aber man kennt das ja aus guten Krimi-Serien: Folge der Spur des Geldes. Die Geschichte ist hier noch lange nicht ausgestanden, denn wir haben noch nicht über das Copyright gesprochen, etwas, dass man nicht mit dem deutschen Urheberrecht verwechseln sollte. Beim Urheberrecht ist der Besitzer der Rechte immer der Urheber, beim Copyright kann der Rechteinhaber ein anderer sein als der Urheber. Man kann also, im Falle des Urheberrechts, sein geistiges Eigentum nicht an dritte weiterreichen aber umfangreiche Nutzungsrechte abtreten. Es ist leider gängige Praxis, dass WissenschaftlerInnen quasi komplette Nutzungsrechte ihrer Forschungsarbeit an den Verlag zu überschreiben, so dass sie nicht mehr das Recht besitzen mit ihren Artikeln zu tun was sie wollen, zum Beispiel sie über Plattformen wie ArXiv oder bioRxiv zügig und frei zugänglich zu machen**. Bei Stichworten wie MERS, SARS und der Vogel– oder Schweinegrippe würde es doch sinnvoll erscheinen neue Forschungserkenntnisse über diese Krankheiten der Welt zugänglich zu machen – ohne Beschränkungen. Anders ausgedrückt: Es wird dafür gesorgt, dass niemand den Artikel einfach so lesen kann, ohne ein Abo dafür zu haben oder den Artikel direkt zu kaufen. Das hat weitreichende Konsequenzen, denn das sorgt auch dafür, dass die meisten Forschungsarbeiten nicht systematisch zu durchsuchen sind. Es wäre ja ein Gewinn für die Wissenschaft, wenn man einfach mal zwei bestimmte Proteine eingeben könnte und eine Suchmaschine spukt einem aus in welchen Artikeln diese beiden Proteine gemeinsam genannt werden, oder sogar noch besser, was daran untersucht wurde und stellt die verschiedenen Ergebnisse gegeneinander auf. Man nennt das Data-Mining und ich habe das gerade nur an einem sehr groben Beispiel umrissen. Vor allem werden statistische Methoden benutzt um aus Texten und Daten neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dieses Data-Mining wird von den Verlagen durch ihre Bezahlschranken verhindert, zwar gibt es Lizenzmodelle einiger Verlage, aber das führt eher zu einer Verkomplizierung der Sache und wird im Allgemeinen als blöde Idee bewertet.

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Kommentare (2)

  1. #1 André Lampe
    20. September 2015

    Dieser Artikel wurde am 20. September veröffentlicht.

  2. #2 Sepp
    21. September 2015

    Jaja, das Wissen der Menschheit, verkauft zu fairen Preisen…
    Es läuft einiges falsch.

    Elsevier zu boykottieren war gut, um die Diskussion anzustoßen. Immer mehr Journals bieten Open Access an, was schon mal der Schritt in die richtige Richtung ist. Aber es geht ums Geld. Die etablierten Verlage lachen sich doch schlapp: Steuerzahler zahlen die Forschung sowie die Gebühr zum Veröffentlichen und Lesen der Artikel. Es wird viel, viel Geld aus dem System gezogen. Keine Firma würde kampflos ein so profitables Modell einstellen.

    Es gibt leider aber auch jede Menge zwielichtige “Online only” Open Access Journals, die wie Pilze aus dem Boden sprießen und einfach nur die Hand aufhalten. Ich bekomme oft Anfragen, als „Guest-Editor“ zu einem Thema meiner Wahl (sic) Leute zum Submitten einzuladen, die dann 1000 – 2000 € berappen dürfen. Manche Journals machen sich noch nicht einmal mehr die Arbeit, den Artikel zu formatieren und für eine übersichtliche Darstellung der Ergebnisse zu sorgen.

    Welche wirtschaftliche Bedeutung das Urheberrecht haben kann, hat Eckhard Höffner dargestellt: Im 19. Jahrhundert entstand in Deutschland, welches noch zu den Agrarstaaten gehörte, eine Gründernation durch die Verfügbarmachung des Wissens [1].

    Zu guter Letzt noch eine Idee: warum gründen die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Bibliotheken Deutschlands bzw. Europas nicht eigene Verlage / Journals? Online only mit Peer Review (den die etablierten Verlage noch nicht einmal bezahlen!). Das Wissenschaftssystem liefert schon potentielle Editoren, i.e. Wissenschaftler — wäre eine Perspektive für all jene, die der Wissenschaft treu bleiben wollen. Diese haben gelernt Texte zu schreiben, zu formatieren, Abbildungen zu editieren etc… Die Bibliotheken würden sich die teuren Abos sparen. Dafür muss aber ein großer Ruck durch die Wissenschaftslandschaft gehen.

    [1] https://www.spiegel.de/spiegel/a-709761.html