Photochemische Überlistung
Darunter fällt eine recht prominente Gruppe von Techniken, die einzemolekül lokalisationsbasierte Hochauflösungsmikroskopie, englisch singe molecule localizations.based super-resolution microscopy (SMLM). Für die Variante photo-activated localization microscopy (PALM) gab es für Eric Betzig und W. E. Moerner den Nobelpreis in Chemie 2014. Aber unter SMLM fallen noch andere Techniken, zum Beispiel direct stochastic optical reconstruction microscopy (dSTORM), die direkte stochastische optische Rekonstruktionsmikroskopie. Daran hab ich in meiner Doktorarbeit gearbeitet, und habe sie bei Ich hab was gegen Rauschen auch schon kurz erklärt – aber ich mache das hier noch mal etwas Ausführlicher und im Vergleich zu den anderen Techniken von oben.
Bei jeder SMLM Technik tauscht man den Raum gegen die Zeit. Das ist gar nicht esoterisch gemeint. Eine markierte biologische Struktur trägt, im Besten Fall, einen Haufen von Fluoreszenzfarbstoffen (siehe Das bringt Farbe ins Leben). Wenn ich jetzt dafür Sorge, dass die meisten dieser Farbstoffe kein Licht aussenden, am besten so viele, das man nur jeweils einzelne Moleküle sieht, dann kann man deren Ort recht genau bestimmen. In dem Fall hängt die Genauigkeit der Position nur von der Zahl der Photonen ab, die das Molekül aussendet und nicht mehr von der Beugungsgrenze. Die Signale sind immer noch beugungsbegrenzt, aber wenn man sicher sein kann, dass die Signale immer nur von einzelnen Molekülen ausgesendet werden, kann man auf die Position sehr genau zurück rechnen. Allerdings muss man jetzt verdammt viele Bilder machen, schließlich sollte jedes Molekül mindestens einmal dran sein mit Leuchten, mehrfach im Idealfall – sonst sieht man ja unter Umständen nicht alles von der biologischen Struktur, die von den Farbstoffen markiert wird. Im Falle von dSTORM sind das meistens so 10000 bis 20000 Bilder Rohdaten, aus denen man dann ein paar Millionen Koordinaten von Molekülen berechnet werden.
Die verschiedenen SMLM Techniken unterscheiden sich eigentlich nur über die Art und Weise wie diese langlebigen AUS-Zustände der Farbstoffe erreicht werden. Im Fall von dSTORM nutzen wir da einen besonderen Puffer, in den die Probe mit den Farbstoffen eingebettet ist. Der Puffer sorgt dafür, dass die Farbstoffe – bei recht starker Beleuchtung – ein große Chance haben in einen Radikalzustand reduziert zu werden. Dieser Zustand ist dunkel, was gut ist. Was nicht so gut ist: er ist auch chemisch recht aktiv und kann auch zur Zerstörung des Farbstoffes führen, aber irgendwas ist ja immer. Dieser dunkle Zustand ist aber auch langlebig wegen unserem Puffer. Wenn man sich an die Chemie in der Schule erinnert: Das Gegenteil von Reduktion ist die Oxidation – durch Sauerstoff würde der Farbstoff recht schnell aus dem dunklen Zustand zurück kommen. Unser Puffer bei dSTORM verhindert das, weil ein paar Enzyme enthalten sind, die den ganzen Sauerstoff schon in andere Verbindungen umgesetzt haben. Deswegen sorgt der Puffer dafür, dass der dunkle Zustand sehr langlebig ist und ein Großteil der Farbstoffe „aus“ ist.
Man nimmt sich also mehr Zeit, macht viele Bilder und bekommt am Ende viele Punkte aus denen man das Bild Punkt für Punkt wieder zusammen setzen kann. Ricardo Henriques, der eine Software Namens QuickPALM geschreiben hat, hat dazu ein ein schönes Video vom Eifelturm gebastelt, was diesen Ablauf verdeutlicht:
Ich sprach darüber auch in meinem Vortrag auf dem 33. Chaos Communication Congress (33c3). Noch mehr Links zu dSTORM, Beispiele und den Vortrag selbst gibt es hier.
Stärken / Schwächen
Die Rekonstruktion der vielen aufgezeichneten Bilder (10000-20000 bei dSTORM) geschieht nach der Datenaufnahme und benötigt einiges an Rechenleistung. Ein moderner Rechner ist damit schon einige Minuten beschäftigt. Die Auflösung von dSTORM kann bis zu 20nm in xy und 40nm in z erreichen. Einige Ansätze schaffen es sogar in den einstelligen Nanometerbereich, dabei handelt man sich aber deutlich längere Aufnahmezeiten und einige andere Nachteile ein – weswegen dafür auch nicht alle Proben geeignet sind. Der Ansatz, an dem ich in meiner Doktorarbeit gearbeitet habe, spectral demixing dSTORM (SD-dSTORM) erreicht 25nm in xy und 66nm in z, siehe dazu Ich hab was gegen Rauschen.
Wenn man Versuche an lebenden Zellen machen will oder Dynamiken beobachten möchte, ist das mit diesen Techniken, die die höchste Auflösung bieten, nur mit einem erheblichen Mehraufwand zu machen, und manchmal gar nicht.
Ich habe ja oben erwähnt der SMLM viele verschiedene Techniken enthält. Weitere Beispiele, neben dSTORM wären PALM oder uPaint.
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