Und wer gewinnt?

Das ist schwer zu sagen, welche Technik die Beste ist. Überall gibt es Vor- und Nachteile. Als kleine Einschätzungshilfe vielleicht: Mehr Auflösung bedeutet immer auch mehr Probleme. Wenn ich bei SIM bei der Probenpräparation kaum etwas anders machen muss im Vergleich zur normalen Fluoreszenzmikroskopie, bin ich bei STED auf lediglich ein paar Farbstoffe beschränkt, die die hohen Leistungsdichten aushalten können. Bei dSTORM habe ich auch nur ein paar Farbstoffe zur Auswahl, die das gewünschte Blinkverhalten zeigen und ich brauche einen besonderen Puffer. SIM kann man noch relativ schnell machen, bei STED und den SMLM Techniken dauert es schon ein bisschen, bis man ein Bild hat. Noch gar nicht gesprochen haben wir über die Größe der Farbstoffe selbst, oder die Biegsamkeit der Antikörper mit denen man Strukturen markiert. Es gibt noch sehr viele kleine Details die hier eine Rolle spielen, man kann diese Liste sehr lange fortsetzen.

Für mich haben SIM und SMLM Techniken die Nase vorn, weil sie Rohdaten generieren, die man später mit Software auswertet. Das ist auf den ersten Blick eigentlich ein Nachteil – aber ich würde sogar so weit gehen, dass hier die Zukunft der Hochauflösungsmikroskopie liegt. Gerade bei der Software machen immer mehr Forschergruppen ihren code offen, so das andere von neuen Erkenntnissen profitieren können. Also kann man nicht nur sehr einfach bessere Bilder durch die Arbeit anderer Forscher aufnehmen, durch neue Software kann man auch seine alten Rohdaten vermutlich besser Rekonstruieren und neue Dinge lernen. Aber nicht nur das: Wenn man diese Techniken als das Sammeln von Rohdaten begreift, dann kann man noch viel mehr daraus ziehen, und nicht nur Bilder rekonstruieren. Zum Beispiel ist unser Ansatz spectral demixing dSTORM so gebaut, dass im Prinzip die Farbinformation auch aus den Rohdaten gezogen wird. Wenn man das verinnerlicht, sind gerade diese Techniken, die sich auf spätere Auswertung mit (offener) Software verlassen, die Ansätze mit dem größten Potential neue Erkenntnisse in den Lebenswissenschaften zu liefern.

Es geht um Daten, nicht nur um Bilder - Rohdaten sind geil! CC-BY 4.0 André Lampe

Es geht um Daten, nicht nur um Bilder – Rohdaten sind geil! CC-BY 4.0 André Lampe, aus meinem Vortrag beim 33c3.

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Kommentare (11)

  1. #1 Johann
    9. Januar 2017

    Klasse Zusammenfassung. Bislang hatte ich noch nicht die Zeit die Primärartikel zu lesen, da kommt das hier genau richtig :).
    Nebenbei erinnerst Du mich daran die 33c3 auf youtube anzusehen, hätte ich fast vergessen

    PS “nicht nur weil die englische Bezeichnung irgendwie schmissiger klingt” Ist rein psychologisch, nach dem Motto das Gras der Nachbarweide ist auch grüner als das der eigenen, sprich, eigentlich Mumpitz und imho hauptsächlich eine deutsche Einstellung.

    • #2 André Lampe
      9. Januar 2017

      Primär Lit kann einem Kopfschmerzen bereiten, ich wünsche dir Kraft 😉

      zum Englischen: Naja, der Blick des Wissenschaftlers der im Fachbereich eh nur englisch kommuniziert hat da eine gewisse Präferenz. Ich würde hier weniger “grünes Gras” sagen, sondern eher Bequemlichkeit und klarere Definition – für jeden Fachbegriff immer eine deutsche Übersetzung zu haben bringt nicht unbedingt Klarheit.

  2. #3 MartinB
    9. Januar 2017

    Toll, danke.

  3. #4 JW
    11. Januar 2017
    • #5 André Lampe
      11. Januar 2017

      Ja, darüber gab es erst am 23.12. eine Pressemitteilung. Was ich daraus, und aus deinem verlinkten Beitrag, gelesen habe lässt mich erstmal etwas skeptisch zurück. Einige Behauptungen, zB “Nanometer genaue Auflösungen und Dynamiken Beobachten (wie bei STED)” sind sehr große Behauptungen. Zum einen, weil STED zwar Dynamiken abbilden konnte, aber längst nicht alle sondern nur ein kleines Subset und zum anderen weil die Nanometergenaue Auflösung bedeuten würde das Dinge wie Beweglichkeit der Markierung, Korrektur von Probenschwingung, Photonenausbeute und noch viele Dinge mehr geklärt sein müssen.

      Wie gesagt: ich bin skeptisch ob der Leistungsumfang dieser Technik wirklich stimmt und ob – so lesen sich die Artikel darüber nämlich – diese Technik bei vielen Proben überhaupt angewendet werden kann. Hinzu kommt noch: Gerade bei der Hochauflösung wird man wissenschaftliche Artikel finden (für jede Technik), die deutlich bessere Auflösungen konstatieren als ich sie hier in der Zusammenfassung stehen habe. Wenn man dann genauer hinschaut sind diese Auflösungen nur für einen sehr engen Spezialfall gültig.

      Ich habe dieses Paper auf der Liste und werde mich dem bald mal annehmen – so lange bin ich skeptisch.

  4. #6 Michael
    12. Januar 2017

    Hallo Andrè,
    Ich beschäftige mich seit Jahren mit Mikroskopie und war gespannt etwas über die „jungen“ Methoden zu erfahren und fand den Vortrag enttäuschend.

    Die Vergrößerungsangaben des Lichtmikroskops erscheinen mir unpassend zu den Bildern der Zellen und 40x als max. Vergrößerung für Phaco ist Unfug!

    Die Vorstellung der neuen Techniken ist für den Laien teilweise zu abgehoben und wohl unverständlich – jedoch für den „Insider“ ohne Tiefgang:
    „SIM ist was mit Moiré und Fourier transformierten Blumen, STED ist richtig was mit Lasern und dSTORM ist massives An-fitten.“
    Eine Erklärung des jeweiligen Effekts (bzw. „Hacks“ im Slang des dortigen Publikums) fehlt mir.

    Hier im Text klemmt die Einteilung in „mathematisch, physikalisch und chemisch“ auch etwas – ohne den physikalischen Effekt der Strukturierten Beleuchtung nützt die Rechnerei nichts. Und die Chemie allein bringt es auch nicht.

    Michael

    • #7 André Lampe
      1. Februar 2017

      Herzlichen Dank für das konstruktive Feedback.

  5. #8 Oliver Keller
    Genf
    8. März 2017

    Ich möchte Michael’s Kommentar #6 etwas widersprechen. Für jemand wie mich, irgendwo zwischen noob und Experte in der Thematik, war der Vortrag genau richtig und bietet viele Anstösse zum Nachlesen. Meiner Erfahrung nach ist das Publikum im CCC Umfeld häufig durchaus mit etwas Vorwissen am Start. Danke für den tollen Talk und diesen ausführlichen Aufschrieb!
    Im Zusammenhang zu open science tools, heute gefunden:
    https://channels.plos.org/open-source-toolkit
    https://collections.plos.org/open-source-toolkit-hardware

    Gruß,
    Oliver
    p.s. Gibt es schon Basteln = Wissenschaft T-Shirts?

    • #9 André Lampe
      8. März 2017

      Hallo Oliver und danke für den Kommentar und das Lob. Mir ist es bisher noch nie in den Sinn gekommen überhaupt über soetwas wie T-Shirts nachzudenken… ich lasse mir das mal durch den Kopf gehen – gute Idee!

      LG, André

  6. #10 Josef
    29. Juni 2018

    Was man auch für den etwas interessierteren Laien ergänzen könnte:
    Bei der Überlagerung zweier Frequenzen (hier: Moir´e Effekt) tritt im Ergebenis sowohl die Summen- als die Differenzfrequenz der beiden überlagerten Frequenzen auf. (das ist immer so, vgl. z.B. auch Schwebung in der Akustik). So ist das auch bei der Überlagerung der bekannten Frequenz der Anregung (Linienmuster) mit der unbekannten Struktur der Probe (Mischung aus vielen Fequenzen). Am einfachsten zum Vorstellen ist es, wenn man annimmt, dass die Probe selbst ein sehr feines Linienmuster ist. Also zu fein um es ohne SIM aufzulösen.
    Die jeweiligen Summenfrequenzen (aus der Frequenz des Anregungsmusters und der jeweiligen Frequenz der Probe) schaffen es nicht durch den Tiefpass des Mikroskop-Objektivs (viel zu fein), die Differenzfrequenzen schon. => Diese müssen bei der Auswertung wieder im Frequenzraum an ihre Frequenz (die sie in der Probe noch hatten) zurückverschoben werden.
    Ich hoffe, einige Klarheiten hiermit beseitigt zu haben.. 😉 😀
    LG, Josef
    P.S.: man kann mit dem Moir´e Effekt auch noch ganz andere tolle Sachen machen 😀

    • #11 André Lampe
      29. Juni 2018

      Danke für die Ergänzung, Josef. Ich finde das einen guten Erklärungsansatz, und zwar ganz ohne “Herumgeschwurbel” mit Fourier-Transformationen ;-). Und danke für den Link zu dem tollen Video.

      Liebe Grüße, André