Was passiert mit dem Essen beim Kauen und danach? Das, was oben reinkommt, und das, was nachher unten wieder rauskommt unterscheidet sich ja doch wesentlich.

Wie erklärt man Kindern die Stoffwechselphysiologie? Ich versuche es mal mit einem kleinen Teil, der recht einfach nachzumachen ist. Die Verdauung von Stärke.

Das naheliegendste Experiment mit Stärke ist natürlich das nicht-Newtonsche Fluid. (Auch ein sehr schönes Experiment, Maisstärke in Wasser einrühren, bis man den Effekt bemerkt)

Ich habe jedoch lange gesucht und Lieferanten befragt, bis ich dieses sehr gute Anschauungsmaterial als das am besten geeigneste erkoren habe:

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Leider war es nur in einer sehr großen Verpackungseinheit lieferbar, so dass ich gezwungen war, 1000 Gramm zu erwerben, obwohl der Versuch nur etwa 300 Gramm benötigt.

Weiterhin benötigt man für ein Experiment natürlich entsprechendes Zubehör.

Jetzt die Versuchsanordnung:

Was passiert, wenn der Puddingdie Stärke-Versuchslösung in den Mund kommt? Ich drehe den Spieß um und bringe den Mund, also meinen Speichel zur Stärke.

Zu einem ordentlichen Versuch gehören auch Kontrollen. Was passiert mit der Stärke, wenn kein Speichel da ist? Was passiert, wenn nur der saubere Löffel in die Stärke kommt?

Folgende Reaktionsgefäße werden daher vorbereitet:

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Ein Glas, in dem nur die Stärke sein wird (N), ein Glas mit Stärke und Löffel(K), und ein Glas mit Stärke und Speichel und Löffel(X).

Und so sieht es dann nach dem Abfüllen der speziellen Stärkelösung aus:

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Auf dem Foto kann man jetzt aber nicht erkennen, welche Konsistenz die Stärke hat. Die ist nämlich sehr cremig, sahnig und zähflüssig. Pudding halt.

Daher die Ausgangslage am Tag 0, der Beginn des Experimentes. Nicht zu sehen, ich lecke den zweiten Löffel ab und rühre damit die Stärke in dem Glas X um.

Der Tag 0

Die Gläser werden alle im Kühlschrank aufbewahrt.

Nach einem Tag Versuchsdauer sieht es dann so aus:

Die Stärkelösung mit Speichel ist deutlich flüssiger geworden. Und nein, es ist keine Verdünnung, weil ich soviel reingespuckt habe. Es ist lediglich ein mit Speichel benetzter Löffel gewesen.

Noch ein Tag mehr im Kühlschrank, und das ganze wird noch flüssiger.

An diesem Zeitpunkt habe ich den Versuch abgebrochen und die Reste der Kontrollgläser aufwendig entsorgt. Versuchsglas X wurde dem Wasserkreislauf übergeben.

Was ist da jetzt passiert?

Im Speichel sind Substanzen, die schon im Mund anfangen, unsere Nahrung zu zersetzen. Diese Enzyme spalten die Nahrung auf und zerkleinern sie in ihre Bestandteile, im Magen und Darm geht das dann weiter. Während beim Kauen rein mechanisch das Brötchen in kleinere Häppchen zermahlen wird, zerlegen die Enzyme die Stoffe noch sehr viel kleiner. Bei diesem Beispiel kann man sehen, dass der Pudding sich alleine nicht verändert (er wird ja auch selten gekaut), nur ein ganz wenig Spucke sorgt dafür, dass er flüssig wird.

Die Stärke im Pudding sorgt dafür, dass er cremig ist. Die kann man sich etwa so vorstellen:

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Das Enzym in der Spucke ist wie eine Schere, etwa so

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Und wenn das Enzym auf die Stärke trifft, dann schneidet es die Stärke in ihre einzelnen Bestandteile auf, etwa so:

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Und am Ende haben wir dann das:

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Die Stärke besteht aus Zucker. Das Enzym, die blaue “Schere” ist nachher immer noch komplett, weswegen sie auch noch am zweiten Tag weiter die Stärke abbauen kann. Sehr schlecht zu filmen und sehr unansehnlich ist übrigens auch ein anderer Versuch, der genau das zeigt: Einfach ganz lange eine trockene, einfache Scheibe Brot kauen. Brot ist auch voller Stärke. Und wenn man lange genug kaut, dann wird die Brotpampe im Mund süß, weil die ganze Stärke in Zucker aufgespalten worden ist.

Deswegen ist es nicht ratsam, seinen Pudding direkt aus dem großen Topf zu essen, wenn man den Rest später weiter essen möchte -> Dann hat er sich nämlich verflüssigt. Manche Spinnen machen das aber absichtlich so: Sie spucken ganz gehörig in die gefangene Fliege und schlürfen dann ganz einfach die Fliegenpampe aus. Sind halt etwas zu faul zum Kauen…

Kommentare (10)

  1. #1 andreas
    September 9, 2011

    ja, das sollten auch Kinder verstehen ^^
    Sehr anschaulich, danke

  2. #2 Josef Prost
    September 9, 2011

    Beim Lego fehlt jetzt ein weißer Stein 😛

  3. #3 rolak
    September 9, 2011

    ..Schwund gibt es immer.

    Schönes Experiment, aber in der Durchführung ungemein schwierig. Denn wie soll in der Praxis bloß verhindert werden, daß zwischen den Begutachtungen durch gewisse Subjekte vorsorglicherweise (bevor das schlecht wird, wird lieber mir schlecht) auifgeräumt wird? 😉

  4. #4 Chris
    September 9, 2011

    @rolak
    Die Negativkontrollen laufen doch oft unter “Data not shown” (weil ein Kaffee über den Ausdruck gekippt ist, sie vergessen wurden…) Also nicht so schlimm

  5. #5 rolak
    September 9, 2011

    Hmm, jetzt dümpeln gleich zwei assoziativ schwach ans hier Gelesene gebundene Fragestellungen in meinem Denken – bevor es eng wird, schaffe ich mal Platz:

    • Es gab/gibt den Spruch, daß alles in allem der (monetär) größte Schadensverursacher im Bereich IT <Kaffee> ist, und nicht wie vermutet Cracker oder andere Schädlinge. Ist/war das {irgendwann} tatsächlich so?
    • Und die erste: Seit meiner Zivildienstzeit, speziell seit dem Nebenjob in einer Küche (insbesondere letzteres kann ich jedem empfehlen, da lernt man was fürs Leben, duliöh 😉 ward noch keine einleuchtende Klärung der Fage gehört, warum denn manchmal beim Nochmal-Umrühren die schon erzeugte Bindung sich wieder in (Nicht)Wohlgefallen auflöst. Speichel am Löffel wie hier? Spülireste, spezielle Verunreinigungen…? Dieses Experiment hätte übrigens den Vorteil, daß unabhängig vom Ergebnis die Reste sofort verzehrt werden könnten.
      Oh, am Rande: Daß eine (Mehl)Bindung totgekocht werden kann ist bekannt, doch diese Garmethode hat in einer Küche generell nichts zu suchen.
  6. #6 Engywuck
    September 9, 2011

    Daß eine (Mehl)Bindung totgekocht werden kann ist bekannt, doch diese Garmethode hat in einer Küche generell nichts zu suchen.

    Das Kochen? 😉

    Bezüglich der von Dir angesprochenen Verbindung vermute ich Wasserstoffbrücken oder VdW durch orientiert gelagerte Makromoleküle (Stärke). Wenn man dann nochmal umrührt zerstört man diese Ordnung erstmal wieder. Je nach Aufbau kann sich diese Bindung/Orientierung auch nur beim Abkühlen einstellen und dann wenn man erkaltet umgerührt hat nicht (einfach) wieder bilden.
    Ganz abgesehen davon reagieren manche in der Küche vorkommenden Speisen extrem auf winzige Wassermengen. Schonmal einem Mürbteig aus einem Kilo Mehl noch einen TL Wasser extra zugegeben? Die Konsistenzänderung ist enorm…

  7. #7 rolak
    September 10, 2011

    Das Kochen?

    Nö, das totkochen. Dummerweise weiß ich auch nicht mehr ob sich der Effekt auf eine bestimmte Art der Bindung bezog (Butter, Knochenfond, Zwiebeln, Stärke … gibt ja etliche).
    Ich koche wesentlich lieber als zu backen, da bei letzterem alles (fast) immer so genau sein muß. Gerade Mürbeteig ist allerdings simpel, flexibel und schnell gebacken (gut bei empfindlichen Würzungen) und mit seiner kompletten Keksformel 1-2-3 für Zucker-Butter-Mehl gehört da genauso viel Wasser rein wie in einen ordentlichen Grog: Gar keines.
    Abgesehen davon davon ging es um abgeleckte (privat) bzw abgetrocknete (Küche) Löffel aus Holz, Metall, Kunststoff mit mehr oder weniger unsichtbaren Resten und nicht den Klassiker ‘Noch ein Liter Wasser in die Suppe, Familie Schmitz ist doch noch gekommen’ 😉

    Jetzt habe ich schon wieder Appetit auf Pudding. Gerade dieses Haselnußzeugs hat was…

  8. #8 Engywuck
    September 10, 2011

    bei mir ist das umgekehrt: ich backe lieber.

    Mit ein bisschen Erfahrung (und ich meine wirklich ein bisschen) schüttet man bei den Standardteigen (Hefe-, Mürb-, …) einfach nach Gefühl zusammen, rührt um, und passt dann die Mengen noch etwas an (zu weich/”bäppig” -> mehr Mehl, zu “hart” –> zwei Tropfen Wasser oder Milch).
    Bei Füllungen ists ähnlich.

    Gut, Blätterteig kaufe ich. Das ist mir den Aufwand nicht wert. Alles andere ist aber recht schnell zusammengemixt. Zwanziig Minuten Aufwand in der Küche, dann 60 Minuten was anderes machen, bis er fertig ist.

    Dagegen kochen: zum richtigen Zeitpunkt zehntausend Teile bereithalten (Zwiebeln andünsten, aber nicht zu lang, gleichzeitig … schnippeln, …), nicht zu lange kochen, weil sonst diverse Gewürze bitter werden oder zu stark schmecken, bloß nicht zu viel Salz aber auf keinen Fall zu wenig, und und und. Oh, und dann muss alles auf den Punkt fertigwerden, wenn der Rest der Familie Hunger hat. Bei nem Kuchen schaust irgendwann rein, entscheidest, dass er noch zehn Minuten braucht und gehst dann halt etwas später ins Bett 😉

    Wo wir aber grad bei Pudding sind: angeblich (alte Hausfrauenlegende) wird Pudding nicht fest, wenn man vor dem Kochen mit abgelecktem Löffel (oder Finger….) rangeht. Ich hab schon mehrfach Pudding (aus dem Päckchen :-)) gekocht und der wurde mir immer fest. Ist an der Geschichte was dran oder nur ein Mythos, damit die Kinder die Finger weglassen bis er fertig ist? Die Enzyme sollten beim Kochen doch zerstört werden, oder?

    (Apropos Puddingkochen, Teil 2: während meines Aufenthalts im Studiwohnheim sollten 5 Frauen fürs Wohnheimfest Pudding kochen. Der wurde ihnen ums Verrecken nicht fest. Ich hab ja keine Ahnung, wie man “Päcklespudding” nicht fest bekommt, aber diese jungen Frauen haben’s echt geschafft. Und ich als hinzulaufender Mann “durfte” dann retten. *seufz* [einfach etwas Stärke in wenig(!) Wasser gelöst, reingegeben, nochmal aufgekocht, als Held angesehen worden :-)]

  9. #9 Stefan W.
    September 11, 2011

    rolak· 09.09.11 · 19:57 Uhr Hmm, jetzt dümpeln gleich zwei assoziativ schwach ans hier Gelesene gebundene Fragestellungen in meinem Denken – bevor es eng wird, schaffe ich mal Platz: * Es gab/gibt den Spruch, daß alles in allem der (monetär) größte Schadensverursacher im Bereich IT ist, und nicht wie vermutet Cracker oder andere Schädlinge.

    Hokuspokus.

    Was kann mit Kaffee passieren? In die Tastatur laufen, die je nach Bauart dann hin ist, oder Objekt einer Reinigung werden müsste, die sich für viele Leute als aufwendiger darstellt, als der Kauf einer neuen. Durch unglückliche Umstände kann gar der Rechner ungewollt runterfahren, und Daten können verloren gehen.

    Ein Selbstversuch mit einem Laptop, der bauartbedingt dann weitergehende Schäden davontragen kann, beschränkte sich aber auf die Notwendigkeit des Tauschs der Tastatur – Kosten: 70€.

    Den Weg ins Innere der Festplatte findet der Kaffee aber nicht – daher ist der mögliche Schaden sehr beschränkt. Wer auf dem Rechner Windows installiert verursacht einen größeren Schaden, es dauert länger, und verbreitet trotz multipler Fortschrittsbalken (die passenderweie eigentlich Stagnationsbalken heißen sollten) nicht so viel Spannung.

    Themenwechsel: Welches schöne Experiment kann man mit einer Tüte Pfirsischringe veranstalten? 🙂

    Und noch eine Beobachtung: Eine Eissorte, deren Name ich nicht mehr weiß, ließ ich versehentlich draußen stehen. Meine Erwartung, als ich mein Mißgeschick bemerkte, es müsse nun flüssig geworden sein, wurde frustriert. Es war etwas eingedellt, wie eine verhungerte Katze, aber nicht flüssig. Meinen Appetit auf das Eis hat dies nachteilig beeinflußt, womit mal wieder gezeigt wurde, dass Wissen unglücklich macht. Desillusionierend.

  10. #10 AbisZeh (erforderlich. oder sie.)
    Oktober 18, 2011

    Lob der reinen Vernunft

    Selbst eine weniger gaumenfreudige Pudding-,
    Pardon, Stärkeköchelei als der der Schoko-Haselnuss’schen, hmm,
    könnte dieser enzymatischen Kurzweiligkeit
    weder etwas von ihrer lehrreichen Tiefe noch von ihrer
    erklärungsschweren Leichte nehmen.

    🙂

    Merci.

    a. Gruß