Ich hatte schon viel gehört vom phaeno in Wolfsburg. Schon vor der Gründung, von der Eröffnung und seitdem wollte ich dort hin (sind ja nur 6 Jahre…). Neulich war es endlich soweit, ich habe es ins entfernte Wolfburg geschafft. Vor allem auch zu akzeptablen Zeiten, man will sich ja nicht hetzen und in Ruhe durch so ein Museum schweifen.

Von außen zeigt das phaeno schon, dass es anders ist. Ganz anders. Im Erdgeschoss zahlt man an einer recht gewöhnlichen Theke den Eintritt und fährt mit einer Rolltreppe in die eigentliche Ebene, wo alles erst richtig anfängt. Über der Rolltreppe ist bereits eine überdimensionierte “Kugelbahn”, auf der eine ~40cm dicke Kugel stetig seine Bahnen zieht. Ein Scout empfängt die Rolltreppenfahrer und fragt, ob man schon mal hier war. Wäre ich gerne, aber es ist das erste Mal.

Ein kleines Panorama auf eine der Ebenen.

Ein kleines Panorama auf eine der Ebenen. Foto: Der Autor selbst

OK, hier sind Schließfächer für Jacke und Taschen, da sind Toiletten und ansonsten gibt es nichts weiter zu sagen. Alles sind Experimentier-Stationen, geh hin, wo Du Lust hast, es gibt keinerlei Route oder Reihenfolge, lass Dich einfach treiben. Wenn Du Fragen hast, sprich uns einfach an.

Bingo, so stell ich mir das vor. Keine amerikanischen Fließbandgänge, auf denen man im Stau ein Exponat nach dem anderen durcheiern muss.
Zuerst schon der (kartesische) Flaschentaucher. Haben Sie wörtlich genommen, statt einem Taucher in der Flasche ist hier die Flasche der Taucher. Schick, kleine Infotafeln informieren bei Bedarf über den Hintergrund, wenn man will.
Das wollen aber scheinbar wenige.
Überall sieht man Besucher beim Ausprobieren. Klappt etwas (scheinbar) nicht, gehen sie einfach weiter und suchen etwas Neues.

Ich lasse mich treiben und gehe von einer Station zur nächsten, was gerade frei und interessant aussieht. Vieles kenne ich schon, aber dennoch macht es einfach Spaß. Die “Luftringe”-Kanone, allerdings ohne Rauch ist auf zwei Banner aus Seide gerichtet, die von der Decke hängen. Langweilig, viel lustiger ist es, andere Besucher “abzuschießen”.
Schießen und weitergehen. Die Opfer drehen sich verwundert um und sind ratlos, was das war. Ein Junge hat mich beobachtet und ertappt. Er grinst von einem Ohr zum anderen und begibt sich selbst an das Exponat.
Wieder erfolgreich eine Lernerfahrung hinterlassen. Spaß mit Physik, für viele scheinbar etwas Neues.
Es kommt eine Durchsage, in wenigen Minuten startet der Feuertornado. Kenn ich von den Physikanten, will ich trotzdem sehen. Ich frage einen Scout, wo das denn sei.

Also hier die schiefe Ebene runter auf die andere – ach was, ich geh einfach mit, das ist schneller…

Danke, so soll das laufen.

Der größte Flammentornado Europas.

Der größte Flammentornado Europas. Foto: Der Autor selbst

Und siehe da, es gibt doch noch andere Ebenen, mit noch mehr Exponaten. In einer Ecke stehen unscheinbar 4 Säulen mit Löchern, dazwischen ist unten eine “Pfanne”. Alles abgesperrt, hier darf man nur gucken. Eine andere Scoutin(?) erläutert, dass man sich oben (auf der anderen Ebene) nicht zu weit hinaus lehnen solle, Kinder festhalten. Sie startet gleich den Tornado, den größten in Europa (6 Meter hoch), danach erkläre sie, was passiert.
Jedes Mal bin ich wieder fasziniert.
In der Pfanne ist eine kleine Pfütze brennbarer Flüssigkeit, sie brennt und sofort kommt aus den Löchern der 4 Säulen Luft, der Flammentornado wächst langsam höher bis auf die schon angekündigten 6 Meter Höhe. Wow. Das ganze geht so eine kurze Weile, dann sinkt der Tornado langsam wieder in sich ein.

“So, was ist hier gerade passiert…”

Die Dame am Mikrofon hat gerade erste begonnen, das Phänomen zu erläutern, da sind 80 Prozent der Zuschauer schon weg.

Immer wieder bemerke ich das: Nur wenige sind scheinbar daran interessiert, sich etwas tiefer mit der Materie zu beschäftigen. Womöglich könnten Sie ja etwas lernen, und das an einem Wochenende, wo man doch Spaß haben will. Nein, das geht nun wirklich nicht, wo kämen wir da hin </ironie>

Gleich neben dem Tornado, etwas versteckt kommen die kleineren Exponate, zu Magnetismus und Strom. Ferrofluid etwa und ein paar weiter Klassiker. Schön anzusehen ist der fliegende Teppich, der auf einem dünnen Luftstrom schwebt. Bei den Spannungs- und Widerstandsversuchen muss ich mir selbst eingestehen, dass ich diese Reihe lieber beim nächsten Mal erfahren möchte. Zu viel wartet noch in den oberen Ebenen darauf, erkundet zu werden.

Ein Strudel aus Wasser.

Ein Strudel aus Wasser.Foto: Der Autor selbst

Ich kann und möchte gar nicht allzu viel über die restlichen Exponate, die Mitmach-Labore etc. erzählen, geht selbst hin und probiert es aus!

Zwei wesentliche Pluspunkte noch zum Schluss. Entgegen dem scheinbaren Normalzustand in anderen Science Centern, habe ich keine Station gefunden, an denen ein “Außer Betrieb” Schild die Neugier bremste. Alles, was ich gesehen habe, war funktionstüchtig.

Und noch ein wesentlicher Unterschied zu sehr vielen anderen Museen: Der obligatorische Shop, den muss man suchen. Oft, zu oft ist der Shop die letzte Station vor dem Ausgang, damit auch garantiert jeder Besucher hier vorbeikommen muss, Quengelware inklusive. Im phaeno liegt der Shop versteckt in einer Nische, abseits und etwas versenkt. Ich musste fragen, um ihn zu finden.  (“Heilende Steine” gab es hier leider dennoch. Aber das ist wirklich auch das Einzige, was es zu bemängeln gäbe.)

Mal sehen, wann ich das nächste Mal wieder hinkommen.

 

Kommentare (3)

  1. #1 rolak
    Dezember 11, 2013

    Wow – das Teil sieht ja aus wie eine gestrandete Dreadn(o|a)ught (egal ob WW1 oder später) und zusammen mit Deiner Beschreibung bekommt es einen sicheren Vormerkplatz auf der ToVisit-Liste.

    Scoutin(?)

    afaik Boy-Scout und Girl-Scout, also sollte der jeweils zweite Teil neutral sein.

    </ironie>

    xtdHTML-Check reports tag-mismatch :p
    Doch das davor erzählte Phänomen ist mir in keiner Weise unbekannt. Übrigens unabhängig ob WE oder nicht.

  2. #2 Andreas
    Dezember 13, 2013

    Das habe ich mir auch schon lange vorgenommen mit den Kinder dort hinzufahren. Bis jetzt hat es leider noch nicht geklappt. (Vielleicht Weihnachten, aber nicht weitersagen, sonst wird es zu voll).

    Es gibt zu der Architektur des Gebäudes eine schöne Dokumentation von Arte aus der Reihe Baukunst:

    https://www.arte.tv/de/Kultur-entdecken/Baukunst/Alle-Sendungen/Nr–1–Phaeno/2798198.html

    oder als DVD:

    https://www.arte.tv/de/baukunst-die-reihe-auf-dvd/2801170.html

    • #3 Chris
      Dezember 13, 2013

      Danke für den Tipp!