So weit so gut, die Argumente des Faktenchecks des WWFs finde ich nachvollziehbar und – soweit sie der Wahrheit entsprechen – richtig. Eine weltweit aktive Organisation wie der WWF, die von Spenden aber auch von Firmen und staatlichen Institutionen finanziert wird, muss zwangsläufig Zugeständnisse machen. Das haben sie sich so ausgesucht. Wenn man damit ein Problem hat, dann ist man vielleicht besser bei einer eher idealistischen Gruppe wie Greenpeace aufgehoben, die ihre Gelder fast ausschließlich durch Spenden bezieht.
Alles Lüge
Es gibt bei der ganzen Debatte nur ein Problem. Was, wenn der WWF tatsächlich lügt? Was, wenn die Anklagen der Dokumentation (unabhängig von der Qualität der Sendung) völlig richtig sind? Eine millionenschwere Organisation kann es sich leisten, die Antworten auf mögliche Kritiken schon vorher zu formulieren. Wenn sich Umweltschutzorganisationen und Firmen an einen Tisch setzen, und alle wissen, dass hier ja nur die Anbaumethoden und Produkte grün gewaschen werden sollen, dann wird jeder aktiv daran arbeiten, dass die Fassade einer Umweltorientierten Gesprächsrunde stehen bleibt. Woher sollen wir wissen, was hinter den geschlossenen Türen tatsächlich passiert?
Der RSPO (der Runde Tisch für Nachhaltiges Palmöl) ist eine Idee, die dem WWF neben wenigen anderen Naturschutzorganisationen die Möglichkeit bieten sollte, direkt mit der Industrie in Kontakt zu treten, um gemeinsam eine bessere, nachhaltige Lösung für die Produktion des Öls zu finden, welches u.a. für Margarine, Süßwaren und Shampoo genutzt wird. Das hört sich toll an, sieht in der Praxis aber kaum umsetzbar aus. Palmöl kann gar nicht nachhaltig angebaut werden, da es sich um Monokulturen handelt. Da von den fast 500 Mitgliedern nur 13 aus dem Naturschutz kommen (und vier davon sind verschiedene lokale WWFs), ist fraglich in wie weit dort irgendetwas bewegt werden kann.
Mitglieder beim runden Tisch für nachhaltiges Palmöl; das kleine orangene Kuchenstück sind die Naturschutzorganisationen. (rspo.org)
Genauso sieht es beim RTRS aus. Das ist das Gleiche in Sojabohnen-grün (mit 16 aus 150 Mitgliedern im Naturschutz aktiv). Und was nachhaltige Forstwirtschaft angeht, da ist der WWF Mitglied des FSC (Forest Stewardship Council). Die Aufgabe dieser Gruppen ist es, Zertifizierungen an die besseren Betriebe und Plantagen zu verteilen, damit wir als Verbraucher wissen, wo unser Holz, Öl und Tofu her kommt. Diese Zertifikate sind z.T. recht bekannt und können ein ähnlich positives Licht auf ein Produkt werfen wir der WWF-Panda. Doch sollte gewährleistet sein, dass die Kriterien, nach denen die Zertifikate verteilt werden, streng genug festgelegt sind. Mir scheint, das ist in keinem dieser runden Tische der Fall. Auf vielen als “nachhaltig” zertifizierten Orten stand einst dichter Regenwald.
Das Argument “soy beans are here to stay, so let’s deal with it” ist hier wohl nicht mehr anwendbar. Der WWF steckt zu tief in der industriellen Welt, als dass deren Handlungen glaubwürdig für den Naturschutz verstanden werden könnten. Jetzt frage ich nur, stimmen dann die Vorwürfe, dass der WWF Schmiergelder nimmt, die Industrie grün wäscht und aktiv mithilft, den Regenwald abzuholzen? Oder ist er lediglich so tief gesunken, dass er zu viele Kompromisse eingeht und sich mit kleinen Flächen an gerettetem Regenwald begnügt? Beides wäre traurig.
Hier ein Video vom Rettet den Regenwald e.V., das (meiner Meinung nach besser als der “Pakt”) zeigt, wie es auf einer solchen zertifizierten Plantage aus sieht:
Interessanterweise werden hier die gleichen Gefangenen interviewt wie im “Pakt mit dem Panda” …
Ist aus dem WWF tatsächlich ein Mittäter bei der Zerstörung von Wäldern geworden? Er ist immer noch involviert in zahllosen kleinen Projekten zum Natur- und Artenschutz. Zusammen mit dem IUCN unterstützen sie TRAFFIC beim Vorgehen gegen illegalen Tier- und Pflanzenhandel. 10% der Ausgaben des WWFs fließen in die Bildung und Information über Regenwaldabholzung, Walfang, Wilderei und die Rolle des Menschen bei der Veränderung des Weltklimas. Dazu zählen sicher auch die Kooperation mit Magazinen, Supermarktketten und Poster, die uns an U-Bahn-Stationen ins Gewissen reden sollen. Ich denke diese Art der Information wird vielfach unterschätzt und kann weitaus mehr bewirken als ein paar Ranger in Südostasien einzustellen, die gegen riesige Soja-Konzerne kämpfen. Denn so erreicht man eine neue Generation; und so kann theoretisch innerhalb von Jahrzehnten ein konkreter Umschwung im globalen Denken statt finden. Ein gutes Beispiel für so eine Veränderung ist das zunehmende Interesse in den USA, in Supermärkten Müll zu vermeiden und “organische” Produkte zu kaufen.
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