Es ist mal wieder so weit, die nächste Gruppe schnipselt mit CRISPR an embryonaler DNA herum. Eine kurze Zusammenfassung der Situation, danach gibt es meine mit Spannung erwartete Meinung dazu.
Eine Gruppe am Francis Crick Institute in London wird demnächst menschliche Embryonen genetisch verändern. Die junge Stammzellforscherin Kathy Niakan ist die erste Wissenschaftlerin, die dazu eine Lizenz einer nationalen Regulationsbehörde erhalten hat. Sie wird eine Technologie namens CRISPR verwenden, die ich hier bereits beschrieben habe. Die Forscherin möchte allerdings keine gentechnisch veränderten Menschen großziehen. Das ist gesetzlich verboten und wäre derzeit viel zu riskant. Stattdessen wird sie Grundlagenforschung in einem Zellstadium betreiben, in dem der Embryo aus 1-250 Zellen besteht, was maximal einer Woche nach der Befruchtung entspricht. In diesem Stadium ist der Embryo noch weit davon entfernt, ein Gehirn zu entwickeln. Die Gruppe arbeitet an der Frage, wie sich embryonale Stammzellen entwickeln, und zu Körperzellen spezialisieren. Läuft bei diesem Prozess etwas schief, kann das zu Fehlgeburten und Entwicklungsstörungen führen. Niakans Forschung könnte dazu beitragen zu verstehen, warum manche Frauen ihr Kind verlieren.
In der Maus wissen wir bereits viel über das Schicksal dieser Stammzellen, ob es sich beim Menschen ähnlich verhält, kann man oft nur abschätzen. Die Gruppe hofft mit ihrer Forschung mehr über diesen Prozess zu lernen, damit künstliche Befruchtungen in Zukunft besser gelingen.
Niakan ist nicht die erste, die sich mit CRISPR an menschliche Embryos wagt. Bereits im April 2014 hat eine Chinesische Gruppe an der DNA menschlicher Embryonalzellen herumgeschnipselt. CRISPR ist in China kaum reguliert, es musste deshalb keine so strenge behördliche Genehmigung eingeholt werden wie in London. Aus ethischen Überlegungen verwendeten die Chinesischen Forscher Eizellen, die mit zwei Samenzellen zugleich befruchtet wurden. Sie können sie sich ein kleine wenig entwickeln, aber keinen vollständigen Menschen formen. Die Forscher wollten ein defektes Gen, das eine Blutkrankheit hervorruft, durch ein intaktes ersetzen. Mit mäßigem Erfolg, nur ein Bruchteil der Embryos konnte die beschädigte Kopie durch die reparierte Sequenz ersetzen. Außerdem wurden auch andere Gene unbeabsichtigt angegriffen und die gewünschte Veränderung trat nicht in allen Zellen des Embryos auf. Fairerweise sollte man erwähnen, dass man CRISPR inzwischen verbessern konnte und die Technologie mittlerweile 1000x präziser einsetzen kann, als es das Chinesische Team tat.
In London ist es seit Jahrzehnten erlaubt, zu Forschungszwecken an Embryonalzellen zu arbeiten. Man verwendet dabei „überschüssige“ Embryonen, die bei künstlichen Befruchtungen übrig geblieben sind. Es werden immer mehr Eizellen befruchtet, als man der Frau einsetzt. Die restlichen Embryonalzellen können entweder eingefroren, weggeschmissen, oder für die Forschung verwendet werden. Aber nur solange sich die Embryos nicht weiter entwickeln als 14 Tage. In London forscht man also schon lange an den überschüssigen Embryos, sofern die Eltern das genehmigen.
Was ist jetzt neu?
Eigentlich nicht viel, außer dass man aktivere Tests machen kann, wenn man mittels CRISPR Gene ausschaltet oder aktiviert. Die Gruppe wird die Embryonen niemandem einpflanzen um “Designer-Babies” herstellen. Das ist verboten, daran wird auch dieser Versuch nichts ändern. Stattdessen möchten die Forscher entwicklungsbiologisches Grundlagenwissen gewinnen.
Man kann diskutieren ob es prinzipiell ethisch vertretbar ist, an embryonalen Zellen zu forschen. Dann muss man konsequenterweise aber auch die Frage stellen, ob es wirklich besser ist, die überschüssigen Embryonalzellen stattdessen in den Müll zu schmeißen. Wenn man embryonale Stammzellforschung grundsätzlich befürwortet, sollte es in meinen Augen auch in Ordnung gehen, die modernsten Methoden des Erkenntnisgewinns anzuwenden, um das meiste Wissen, für Menschen mit Kinderwunsch zu generieren.
Oder wie seht ihr das?
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