Endlich können wir die mühsame Debatte um die Sicherheit von Unkrautvernichtungsmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat (z.B. Roundup von Monsanto), beenden. Immerhin hat eine Studie eindeutig gezeigt, dass Glyphosat Krebszellen gezielt abtötet!
In menschlichen Zellen wird Glyphosat zu Aminomethylphosphonsäure (AMPA) umgewandelt. AMPA kann die Herstellung der Aminosäure Glycin reduzieren. Normale Körperzellen kommen damit gut zurecht, Krebszellen allerdings nicht. Da sich Krebszellen oft außergewöhnlich schnell teilen, sind sie besonders auf Glycin angewiesen, weshalb AMPA ihre Teilung stoppt oder sogar den Zelltod einleitet. Die Forscher konnten dadurch zeigen, dass Gylphosat das Wachstum von 8 verschiedenen Krebs-Zelllinien verhindern konnte, während die beiden gesunden Kontroll-Zelllinien kein Problem mit dem Unkrautvernichtungsmittel hatten.
Damit ist der Fall erledig – Roundup heilt Krebs. Stimmt‘s?
Na gut, werden wir wieder ein bisschen seriöser hier. Die Studie ist nicht besonders gut gemacht und die vielen Probleme, die eine Glycin-Reduktion mit sich bringt, habe ich nicht angesprochen. Die Chancen, dass Glyphosat jemals zur Krebstherapie eingesetzt werden wird, schätzen sogar die Autoren als sehr gering ein. Warum lasse ich mich trotzdem zu so einem Titel hinreißen? Weil vergleichbare Probleme gekonnt ignoriert werden, wenn es sich um ein Roundup-kritisches Resultat handelt. Denken wir zurück an die Studie von 2012, die behauptet hat, Roundup im Trinkwasser würde Krebs in Ratten verursachen. Nicht nur das, auch gentechnisch veränderter Mais soll laut der Studie zu Krebs und anderen Problemen bei den Tieren führen. Da waren sich selbst Qualitätszeitungen nicht zu schade für reißerische Schlagzeilen.
Dass die Studie grottenschlecht gemacht war und ein Jahr später wieder zurückgezogen werden musste, fand man bestenfalls in einer paar wenigen, bemühten Medienportalen, irgendwo rechts unten in der finsteren Ecke. Wer wissen möchte, warum diese Studie, mit der man bis heute immer wieder konfrontiert wird, so absurd ist, kann zu Minute 12 meines Vortrages von der diesjährigen Skeptiker Konferenz spulen.
Auf Facebook bin ich heute auf einen Artikel über eine Studie gestoßen, die ein paar der negativen gesundheitlichen Folgen von langzeit-Marihuana Konsum behandelt. Und ja, alles was eine starke Wirkung hat, wird auch irgendwelche Nebenwirkungen haben. Trotzdem stimmten alle top-bewerteten Kommentare darin überein, dass die Studie nicht stimmen kann, bzw. dass die Autoren irgendwelche geheimen Big-Pharma Interessen haben müssen.
Findet hingegen auch nur eine einzelne, methodisch unhaltbare Studie, irgendeine angebliche Verbindung zwischen Gentechnik und etwas gesundheitlich Negativem, bekommt man sie noch Jahre, nachdem sie als Quatsch entlarvt und zurückgezogen wurde, unter die Nase gerieben.
Es ist menschlich, dass wir viel höhere Evidenz-Kriterien für Dinge haben, die unserem Bauchgefühl wiedersprechen. Aber wir sollten zumindest versuchen uns daran zu erinnern, dass einzelne Studien immer nur begrenzt aussagefähig sind und unser Bauchgefühl manchmal ein Trottel ist.
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