- Lässt sich das Bewusstsein mit einem Messer spalten?
- Warum sollten sich Anti-Aging Fanatiker mit jemandem zusammennähen?
- Und kann man Stechmücken mit Glühwürmchen kreuzen, damit man nachts sieht, wo man hinschlagen muss?
Mit diesen und anderen weltbewegenden Themen, beschäftigt sich mein erstes populärwissenschaftliches Buch „Treffen sich zwei Moleküle im Labor“. Es ist ab heute erhältlich, stellt die spannendsten Fragen die man als Molekularbiologe an den Kopf geworfen bekommt und beantwortet sie sogar.
Sprechen mich Bekannte auf das Buch an, höre ich häufig die Aussage „Ich habe auch diese Idee für ein Buch, aber mir fehlt die Zeit es zu schreiben.“ Als Projektstart wird dann der Pensionsantritt genannt, wobei es fraglich ist, ob bis dahin überhaupt noch irgendjemand Bücher liest. Würden wir alle auf den idealen Zeitpunkt warten um Kinder zu zeugen, wäre die Menschheit bald ausgestorben. Gleichermaßen wird die persönliche Situation niemals perfekt erscheinen um ein Buch zu schreiben, aber sein wir froh, dass es viele Menschen trotzdem tun. Realistisch betrachtet wird der Sprung vom Kopf auf das Papier niemals stattfinden, wenn man nicht einfach anfängt zu schreiben. Die Angst, ein Buchprojekt könnte das letzte bisschen Freizeit auffressen, hatte ich auch. Aber systematisch angegangen ist es auch für vielbeschäftigte Menschen zu bewältigen und kann sogar Spaß machen und lehrreich sein. Ich möchte in diesem Artikel deshalb schildern, wie es mir als chronisch verplantem Buchneuling gelungen ist, das Epos zu vollenden, in der Hoffnung, dass unentschlossene Menschen mit einer Buch-Idee darin nützliche Anhaltspunkte und Motivation finden.
Science Blog Kollege Florian Freistetter hat sich bereits damit beschäftigt, wie man am besten einen Lektor und einen willigen Verlag auftreibt. Ich konzentriere mich deshalb auf den Schreibprozess selbst und erwähne die Dinge, die ich gerne gesagt bekommen hätte, bevor ich begonnen habe zu schreiben.
1) Vorab strukturieren
Es hilft ungemein, zuallererst die grobe Struktur des Buches niederzuschreiben, um sich nicht in seinem eigenen Geschwafel zu verlieren. Der erste Schritt Richtung Buch war für mich deshalb das Erstellen eines separaten Word-Files, in dem ich die Themen, über die ich schreiben wollte, in sechs Kapitel und ein paar Unterkapitel eingeteilt habe. Die Struktur blieb jedoch bis zum Ende dynamisch und im Laufe der Monate kamen ständig neue Unterkapitel hinzu, wann immer ich über etwas Spannendes gestolpert bin. Für mich war das Word-File ausreichend, viele Autoren bevorzugen allerdings old-school Karteikarten, um mit ihren Ideen realer interagieren und sie leichter herumschieben zu können.
2) Finde heraus, wann du am besten schreibst und sei konsequent
Glaubt man dem Buch Daily Rituals, arbeiten viele der kreativsten Köpfe am besten sehr früh morgens, oder spät in der Nacht. Nachdem ich abends meist zu k.o. war um noch kreativen Saft aus meinem Denkorgan zu quetschen, musste ich auf die frühen Morgenstunden ausweichen. Bei mir hat es sich bewährt meinen Tagesrhythmus umzustellen und konsequent 1,5 Stunden früher aufzustehen. Konkret hat das für mich bedeutet, den Wecker um 6:00 läuten zu lassen, einen Kaffee zu trinken, 30 Minuten Sport zu machen um das Gehirn anzustarten und dann eine Stunde an dem Buch zu arbeiten. Bringt man in einer Stunde viel weiter? Nein. Muss man aber auch nicht. Mein Dogma war es, auf diese Weise jeden Tag mindestens 1.000 Anschläge (Buchstaben + Leerzeichen) zu schreiben. Das ist nicht mehr als ein kurzer Absatz, beispielsweise dieser kurze Ausschnitt aus meinem Buch:
Dieser Textabschnitt besteht aus 9 Sätzen und umfasst etwas mehr als 1.000 Anschläge. Schreibt man täglich einen solchen Absatz, hat man nach nur 10 Monaten ein 240 Seiten langes Buch gefüllt. Ich wage es zu behaupten, dass jeder die Zeit finden kann, 9 Sätze pro Tag zu produzieren. Und sollte es sich gelegentlich tatsächlich nicht ausgehen, kann man sich am Wochenende noch immer ein paar Stunden in den Starbucks verkriechen um ein paar Sätze nachzuholen.
3) Übersicht behalten
Kommt täglich nur ein kurzer Absatz hinzu, verliert man im Entstehungsprozess leicht das Gefühl des Vorankommens. Für mich war es deshalb motivationstechnisch sehr hilfreich, eine lange Prozentleiste an meine Wand zu heften und mit einem aufklebbaren Pfeil zu markieren, wie viel Prozent des Buches geschrieben sind. Dazu habe ich die finale Anschlagszahl vorab als 300.000 definiert. Hat man nach einem eigentlich produktiven Tag rein vom Anblick des Textes her nicht das Gefühl, viel weitergebracht zu haben, ist es besonders befriedigend, den kleinen Pfeil um 1-2 Prozentpunkte nach rechts verschieben zu können.
4) Motiviert bleiben
Das Schreiben zu einem fixen Morgen- oder Abendritual zu machen, hat den großen Vorteil, dass man weder an Momentum verliert, noch darüber nachdenken muss, wann man sich Zeit für sein Buch nehmen sollte. Trotzdem ist es bei einem so langfristigen Projekt oft hilfreich, bewusst ein bisschen Motivation zu tanken. Mir hat es geholfen, während der 30 Minuten Sport vor dem Schreiben anderen Autoren im Internet zuzuhören, die über ihren Schreibprozess sprechen. Praktischerweise finden sich mittlerweile haufenweise Kanäle auf YouTube, auf denen Autoren nichts anderes machen als das. Es heißt, man sei der Mittelwert der fünf Menschen, mit denen man sich am häufigsten umgibt. Ich denke, es hat einen sehr ähnlichen Einfluss auf uns, welchen Podcasts, Hörbüchern oder eben YouTube Kanälen wir unsere Aufmerksamkeit schenken.
Zuletzt möchte noch zwei großartige Bücher erwähnen, die jungen Autoren besonders oft empfohlen werden: On Writing Well: The Classic Guide to Writing Nonfiction von William Zinsser und Bird by Bird: Some Instructions on Writing and Life von Anne Lamott.
Also nimm es in Angriff, wenn eine Buchidee in dir schlummert. Meiner Erfahrung nach ist es mit einem verplanten Alltag durchaus vereinbar und läuft ganz gut dahin, sobald der Anfang erst einmal gemacht ist. Im schlimmsten Fall dauert es eben ein bisschen länger, bis man das fertige Teil in den Händen hält. Ich würde mich freuen, wenn Leute ihre eigenen Erfahrungen in den Kommentaren hinterlassen würden. Vielleicht kann ich sie ja beim nächsten Projekt gebrauchen.
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