„Ich werde Maschinenbau studieren, damit ich meinen Körper besser kennen lerne.“
– Ali, 17, Bodybuilder.
Wie viel von meinem Körper brauche ich eigentlich, um mich als Person wahrzunehmen? Würde man sich immer noch als das gleiche „Ich“ empfinden, wenn alle Teile des Körpers, mit Ausnahme von Gehirn und Nervensystem, durch Maschinen ersetzt würden? Wäre das überhaupt möglich?
Ich möchte aufgrund meiner ausgelassenen Faulheit und dem Hang zur schamlosen Selbstbeweihräucherung, eine kurze Anekdote aus meinem vor drei Tagen erschienenen Buch „Treffen sich zwei Moleküle im Labor“ teilen.
Cyborg-Rollmops
So radikal Jungbluttherapien auch klingen mögen, manchen geht das immer noch nicht weit genug. Vor allem denjenigen, die mit den unrealistischen Medizinutopien von Futurama aufgewachsen sind. Die Serie spielt im 31. Jahrhundert in der Stadt New New York. Viele zeitgenössische Personen wie Stephen Hawking haben trotz der großen Zeitdifferenz einen Gastauftritt – als sprechende Köpfe in mit Flüssigkeit gefüllten Einmachgläsern. Damit nicht alle konservierten Promis gelangweilt in den Regalen des lokalen Kopfmuseums stehen müssen, wurde das Haupt von Richard Nixon auf einen Roboterkörper gesetzt. Auf diesem marschiert er durch die Gegend und behauptet mitunter, dass die Mondlandung gefälscht war und tatsächlich in einem Filmstudio auf der Venus gedreht wurde.
Persönlich würde es mir gefallen, wenn man in 50 Jahren das Nervensystem aus meinem verfallenen Körper kratzt und es in eine Maschine einbaut. Beispielsweise in einen Apache-Kampfhubschrauber. Das Lebewesen, das dieser Cyborg-Utopie bisher am nächsten kam, war ein aalartiges Tier, das auf die Bezeichnung Meerneunauge hört. Das circa 80 Zentimeter lange, dunkel gefleckte Tier treibt sich in den Küstengebieten der Nordsee bis zum Mittelmeer herum und hat an der Stelle, an der man gewöhnlich einen Kiefer erwarten würde, einen markanten Saugmund. Damit saugt sich das Meerneunauge an Fischen fest, um deren Blut zu trinken. Ich sehe der Zukunft grundsätzlich optimistisch entgegen, aber war es wirklich notwendig, dass man den ersten Hardcore-Cyborg aus einem Lebewesen macht, das sich von Blut ernährt? Forscher in Chicago haben im Jahre 2000 den Hirnstamm eines Meerneunauges in einen Behälter mit kaltem, sauerstoffreichen Salzwasser eingelegt (Helmuth, 2000). Die Nerven wurden dabei nicht beschädigt und durch Elektronen mit einem kleinen, rundlichen Roboter verbunden. Im Dunkeln bewegt sich die Maschine nicht vom Fleck. Platziert man sie aber in einem Ring und dreht an einer Stelle ein Licht auf, detektieren die Robotersensoren das Signal. Es wird zu dem Gehirn des Meerneunauges weitergeleitet, das daraufhin Impulse an die Räder schickt und gekonnt in Richtung der Lichtquelle manövriert. Hat damit die Ära der blutsaugenden Cyborgs begonnen? Derzeit schaffen es die Forscher noch nicht, das Gehirn länger als ein paar Tage lebendig zu halten, sobald es das Tier einmal verlassen hat.
Ziel des Versuches war es vor allem, mehr über das Zusammenspiel von Maschinen und Nervenzellen zu erfahren, um bessere Elektronikprothesen herstellen zu können. Kevin Warwick, ein britischer Professor für Kybernetik, arbeitet an der Schnittstelle zwischen Nervensystemen und Computern. Er schließt es nicht aus, dass man eines Tages sein Gehirn in einen Roboter implantieren lassen kann, wenn der biologische Körper stirbt, bezeichnet es aber als extrem schwierig. Außerdem hat auch das Nervensystem selbst ein Ablaufdatum. Aber könnte man das nicht ebenfalls umgehen?
Darauf folgt ein Kapitel über die neuesten Fortschritte bei der Langzeitkonservierung funktionaler Nervensysteme. Wer wissen möchte, worum es in dem Buch sonst noch so geht, kann sich die Rezension von Wissenschaft aktuell ansehen.
Und wenn jemand selbst ein Buch schreiben möchte und meint, keine Zeit dafür zu finden, kann nachlesen, wie es für mich funktioniert hat.
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