Eins von Helbings Studienobjekten ist die Ampelsteuerung in Städten. Wenn der Verkehr von einem Zentralcomputer aus gesteuert wird, so Helbing, muss die Realität im Computermodell immer vereinfacht werden, um berechenbar zu sein. Legt man hingegen einige gute Regeln fest, nach denen jede Ampel auf den Verkehr an ihrer Kreuzung reagiert, lässt sich der Verkehrsfluss erhöhen. Denn dieses dezentrale System hat einen größeren Spielraum, um auf ungewöhnliche Situationen zu reagieren. Obendrein ist ein dezentrales System schwieriger zu manipulieren oder lahmzulegen als ein zentraler Computer. Digitale Plattformen der Sharing Economy, die Menschen mit passenden Bedürfnissen und Angeboten zusammenbringen und den direkten Austausch vereinfachen, sind für Helbing daher der richtige Ansatz, weil Ressourcen eingespart werden.
Auch die politische Diskussion könnte seiner Ansicht nach pluralistischer laufen: mit geeigneten Diskussionsforen. Beim Optimieren, schreibt Helbing, gebe es oft viele zweitrangige Lösungen, die zwar nicht optimal sind, aber trotzdem ziemlich gut. Sie sind oft auch nicht-optimale, aber gute Lösungen für andere Probleme, so dass man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Warum also nicht bei parlamentarischen Entscheidungen Spielräume einplanen oder mehrere Lösungen erlauben, damit Kommunen und Unternehmen die für sie beste Variante umsetzen?
Die kollektive Intelligenz ist zwar in Verruf geraten, aber das liegt auch an den Systemen. Die Likes auf Facebook sind zum Beispiel nicht der einzig denkbare Mechanismus, um Nachrichten nach Wichtigkeit zu ordnen. Likes gibt es vorrangig für die netten Dinge des Lebens, weshalb viele Katzenbilder in der Timeline auftauchen. Besser funktionieren die Empfehlungen bei spezialisierten Diensten wie Hotel-Buchungssystemen: Dort berichten Nutzer, die ein Hotel besucht haben, und man kann sich ihre Bewertungen für Geschäfts- oder Familienreisen getrennt anzeigen lassen. Viele denken auch mit Schaudern an die Kommentare unter Online-Artikeln, doch auch das ließe sich verbessern: durch das automatisierte Herausfiltern illegaler Äußerungen (dazu gibt es Projekte der Künstlichen Intelligenz) und das Zusammenführen von Meinungsäußerungen über kurze Umfragen statt ausführlichen Kommentaren von einer Minderheit.
Das lokale Aushandeln von Lösungen und das repräsentataive Diskutieren passen gut zum Weltklimavertrag von Paris, denn der sieht keine zentral verordneten Programme mehr vor. Vielmehr darf jedes Land selbst über seine Bemühungen entscheiden, es muss sie nur ehrlich präsentieren und sich mit den anderen Ländern vergleichen lassen.
Übrigens: hier geht’s zu einer kurzen Umfrage zum Thema Klimaschutz in Deutschland. Über die Ergebnisse werde ich an dieser Stelle berichten. Vielen Dank fürs Mitmachen!
Kommentare (5)