Im Rahmen des 48. Deutschen Historikertages sprachen am 28. September der Vorsitzende des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD), Prof. Dr. Werner Plumpe, die Schriftführerin des Verbandes, Prof. Dr. Simone Lässig, sowie der Vorsitzende des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, Dr. Peter Lautzas, über den diesjährigen Kongress und die Arbeit ihrer beiden Verbände.

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v.l.: Prof. Dr. Simone Lässig, Prof. Dr. Werner Plumpe, Dr. Peter Lautzas. (Foto: CJ)

Von Christine Buch und Christian Jung

Erstmals seit dem Jahr 1984, als die Freie Universität Berlin Gastgeber des Kongresses war, findet ein deutscher Historikertag wieder in Berlin statt.

Schon Wilhelm von Humboldt (1767-1835) forderte seinerzeit die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Grenzen von seinen Studierenden.


Die Humboldt-Universität zu Berlin, die in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen feiert, zeichne sich nicht zuletzt dadurch als geradezu prädestinierter Ort für die Austragung des Kongresses mit dem Thema „Über Grenzen” aus, so die Veranstalter. Dass sich die Bundeshauptstadt im Jubiläumsjahr „20 Jahre Deutsche Einheit” als Veranstaltungsort geradezu aufdränge, verstehe sich ebenfalls von selbst. Nicht zuletzt aufgrund der Jubiläen herrscht in diesem Jahr ein besonders reger Andrang auf dem Kongress – erstmals könne die Teilnehmerzahl bei über 4000 Besuchern liegen – gab der VHD-Chef Werner Plumpe bekannt.

„Mit dem Motto des diesjährigen Historikertages wollen wir uns ‘über Grenzen’ gehende Vorgänge der Geschichte bewusst machen. Geschichtswissenschaft als Praxis ist etwas zutiefst Internationales, Grenzüberschreitendes geworden”, sagte Plumpe. Längst sei es zur Regel geworden, dass Studierende ein Auslandssemester absolvierten und Doktoranden ihre Forschungsergebnisse an ausländischen Universitäten vorstellten. Hier sei in den letzten Jahren eine deutliche Erweiterung nach Osteuropa sowie eine außereuropäische Erweiterung nach Südamerika oder China und Japan zu beobachten.

Daneben machte Professor Plumpe ebenfalls darauf aufmerksam, dass Grenzüberschreitungen nicht immer im positiven Sinne zu bewerten seien. Die Geschichtswissenschaft müsse darauf achten, die Grenzen ihres Faches zu respektieren und nicht nach Marktlage zu handeln. „Beim Grenzüberschreiten müssen die eigenen Grenzen beachtet werden”, so der Vorsitzende des Verbandes.

Zur aktuellen Debatte um die Einführung eines Ratings für Historiker äußerte sich der Verband ablehnend. Als Gründe hierfür nannten Plumpe und Prof. Simone Lässig die Schwierigkeit, ein heterogenes Gut wie Wissenschaft künstlichen Kriterien zu unterziehen und in quantitative Parameter zu drängen. Zudem präsentiere sich das Verhältnis von Aufwand und Ertrag aus Sicht des Verbandes als widersprüchlich. Eine Bewertung der Forschungsleistung in einem großen Fach wie der Geschichtswissenschaft setze voraus, dass eine enorme Zahl an Publikationen zu erfassen sei. Dies führe in der Konsequenz dazu, dass nach Bewältigung dieser Leistung das Rating bereits veraltet sei.

Dr. Peter Lautzas, Vorsitzender des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, ebenfalls Veranstalter des Historikertages, lobte die positive Entwicklung in der Zusammenarbeit der beiden Verbände, die sich in der gemeinsamen Ausrichtung des Kongresses manifestiere.

Im Hinblick auf den Geschichtsunterricht an Schulen stelle die heterogene Struktur aus Sicht des Verbandes ein zunehmendes Problem dar. „Die Erhaltung des Fachprofils entwickelt sich tatsächlich problematisch. Vor allem die Zusammenlegung mit anderen Fächern spielt hier eine Rolle”, sagte Lautzas. Der VGD setze sich vermehrt dafür ein, dass das Fach Geschichte lebendig gestaltet werden könne. Hier betonte Lautzas als Beispiel die Zusammenarbeit mit dem ZDF und dem MDR. So seien beispielsweise neue Lehrfilme produziert worden.

Als einen weiteren Kernpunkt sprach der Vorsitzende der Geschichtslehrer die Fachlehrerausbildung an. Die Bologna-Reform habe hier zu einer deutlichen Verschlechterung geführt. „Die ‚Grundausbildung’ eines Historikers ist enorm wichtig. Er sollte unbedingt mit wissenschaftlichen Fragestellungen umgehen können. Durch die Bologna-Reform nimmt jedoch eine Fragmentierung des historischen Wissens Überhand. Das kann nicht unser Ziel sein”, so Lautzas abschließend.

Weitere Informationen:
Historikerverband
Geschichtslehrerverband