Bereits am ersten Tag des Deutschen Historikertags war die Sektion „Die Donau – Umweltgeschichte und Grenzüberschreitung” gut besucht.

Von Julia Naßutt

Der interdisziplinäre Forschungsbereich Umweltgeschichte beschäftigte sich dabei mit dem zweitlängsten Fluss Europas, der mit einer Länge von mehr als 2.800 Kilometern einen wichtigen Schauplatz menschlichen Handelns während der Frühneuzeit in Europa darstellte. Der Fluss ist zum einen eine natürliche Grenze, andererseits wird die Donau aber nicht ausschließlich als Grenze wahrgenommen, sondern dient auch als Verkehrs- und Transportweg und somit als Lebensader der Anrainerstaaten.

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Eine Donaukarte aus dem Jahr 1636.


Die Donau, der Grenzfluss Europas

Die Sektion am Vormittag nahm die Donau als einen sozionaturalen Schauplatz unter die Lupe. Moderiert wurden die interessanten Vorträge von Frau Prof. Dr. Verena Winiwarter vom Institut für Soziale Ökologie, Professorin für Umweltgeschichte und Dekanin der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt – Graz – Wien).

In der frühen Neuzeit hatte die Donau einen wichtigen Einfluss auf die Kriegsgeschichte.

Der erste Vortrag von Frau Prof. Dr. Verena Winiwarter selbst beleuchtete mit Hilfe von Quellenmaterial aus der englischen Presse die Donau als Kriegsschauplatz des 17. und 18. Jahrhunderts. Ob Niedrig- oder Hochwasser – beide Dynamiken der Donau konnten während des Russisch-Osmanischen Kriegs die Truppen behindern oder ihnen einen Vorteil verschaffen. Bei Niedrigwasser war die Donau beispielsweise nicht schiffbar, um Munition an den Kriegsschauplatz zu transportieren. Munition und Bomben landeten im Fluss, so dass die Donau einem “Schiffs- und Kanonenfriedhof” glich. Bei Hochwasser dagegen konnten Reiter und Pferd ertrinken. Aber auch Nebel und Vereisung bei kalten, langen Wintern hatten großen Einfluss auf die Kriegsgeschichte an der Donau in der Frühneuzeit.

Anschließend präsentierte Frau Dr. Jelena Mrgić (Belgrad) die Geschichte der Donau mit Hilfe einer biographischen Darstellung: Luigi Ferdinando Marsiglis Leben. Als historische Geographin betrachtete sie dabei die Interaktion zwischen Umwelt/Natur und dem Menschen. Mrgićs Faszination gilt dabei Marsiglis Persönlichkeit, der zum einen als Soldat und später als erster Forscher die zweitgrößte Wasserscheide Europas beschrieb. Marsigli (1658-1730) reiste gerne und erforschte dabei die „Supermacht der Naturgewalt”.

Stadt, Land, Fluss

Aber nicht nur Flüsse, sondern auch die an ihren Ufern gelegenen Städte strukturieren die Landschaft. In Dr. Martin Knolls (Darmstadt/München) anschaulichem Vortrag „Der Fluss in der Stadt und die Stadt in der Flusslandschaft. Abgrenzungsprobleme urbaner Existenz in der geographischen Publizistik zum Donauraum, 16.-18. Jh.” wurden trennende und verbindende Elemente zwischen Stadt und Fluss dargestellt. Mit Hilfe von Stichen des Kupferstechers Matthäus Merian analysierte Knoll die Repräsentationen von Städten, beispielsweise Ulm, Augsburg und Regensburg. Häufig besaß die Donau nur einen geringen Anteil an der urbanen Existenz. Anders dagegen in der Darstellung der Stadt Straubing, bei der sich die Donauschleife und die Alte Donau mit der Flussverbauung durchs Bild schlängeln. Insgesamt werden die sozionaturalen Schauplätze zwar als Orte extremer anthropogener Aktivitäten durch die geographische Kartographie des 16. bis 18. Jahrhunderts repräsentiert, dabei werden jedoch die Extremereignisse eher selten dargestellt oder beschrieben.

Einen weiteren Beitrag leistete Prof. Dr. Martin Schmid (Wien) in seinem Vortrag „Die obere Donau als sozionaturaler Schauplatz: (Grenz)streitigkeiten in fluvialen Umwelten der Frühen Neuzeit”. Maßgebende Fragestellung seines Vortrags war die Darstellung der Umweltgeschichte anhand von vier ausgewählten österreichischen Donauabschnitten, unter anderem Wien und Carnuntum. Sehr anschaulich stellte Schmid dabei dar, wie naturale Prozesse und menschliches Handeln in Wechselbeziehung stehen.

Kommentiert wurde die Sektion zum einen von Herrn Prof. Dr. Achim Landwehr (Düsseldorf), der als Kulturhistoriker den innovativen Ansatz der Umwelthistoriker hervorhob, und zum anderen von Herrn Prof. Dr. Richard C. Hoffmann (Toronto), der im Gegensatz zu seinem Vorredner als Umwelthistoriker die Wahrnehmung der Donau zusammenfasste.

In den Vorträgen wurde deutlich, dass die Donau häufig nicht als Grenze wahrgenommen wird, sondern als dynamischer Schauplatz, der auch als verbindendes Glied zwischen einzelnen Kriegsschauplätzen gelten kann.

In ihrem Sektionsvorschlag liefern die Mitglieder der „Danube Environmental History Initiative” (DEHI) auch einen Einblick in die Arbeit des von der European Science Foundation geförderten Forschungsnetzwerkes, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geistes-, sozial- und naturwissenschaftlicher Disziplinen aus beinahe allen Donauanrainerstaaten und weiteren Ländern miteinander in Kontakt bringt.

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Neuburg an der Donau – Kupferstich in der Topographia Germaniae des Matthaeus Merian um 1644

(Redaktion: KP/MS)

Kommentare (2)

  1. #1 Lichtecho
    Oktober 1, 2010

    Ich wusste gar nicht, dass man international steigern kann.

    Am allerinternationalsten ist der Neckar, der fließt durch Baden, Württemberg und die Kurpfalz!

  2. #2 Christian Jung
    Oktober 1, 2010

    Ich dachte als Kurpfälzer eher, dass der Neckar ein “Neigschmeckter” sei. 😉