Weiterhin zeigte Grindel auf, wie mit dem Thema Migration in aktuellen französischen Schulbüchern umgegangen wird. Dabei stellte sie drei Aspekte heraus: Erstens würde die Migration, die im Kontext der französischen Nachkriegsgeschichte, nicht aber in einem europäischen Rahmen thematisiert würde, aus der Perspektive der Mehrheitsgesellschaft dargestellt. Dabei würde etwa die Frage gestellt, was Migranten leisten müssten, damit ihre Integration in die französische Gesellschaft gelingen kann. Zweitens würde keine Verbindungslinie hergestellt zwischen der französischen Kolonialgeschichte und der Migration nach Frankreich. Drittens reproduzierten die Schulbücher das Bild von Migranten als defizitäre Franzosen, die ein Entwicklungsbedürfnis aufwiesen. Dieser Aspekt führe, so Grindel, zu einer weiteren Unzufriedenheit und Enttäuschung unter den Jugendlichen.

Transnationale Migrantennetzwerke

Abschließend lieferte Martin Zillinger einen ungewöhnlichen Einblick in die Struktur und die Bedingungen ethnischer Ökonomien und transnationaler Netzwerke in Brüssel. Er stellte dazu sowohl marokkanische als auch christliche arabische Migranten vor, die über verschiedene Wege und mit unterschiedlichen Motivationen nach Brüssel gekommen waren.
Anhand seiner Ausführungen stellte er heraus, dass die Offenheit sozialer Netzwerkbildung in der neueren Forschung stärker berücksichtigt werden sollte. So wies die soziale Vergemeinschaftung beispielsweise häufig spezifische lokale Bedingungen und Strategien auf; die Eigendynamik von Migrationsprozessen sei zudem durch die billigen und guten Kommunikationswege der Migrantennetzwerke zu ihren Herkunftsräumen verstärkt worden.

Zillinger stellte die Frage, inwiefern die knappen Ressourcen der Migranten in Handlungsinitiativen übersetzt würden. Dazu zeigte er drei Strategien auf: Die der Patronage, der Klasse sowie der politischen Repräsentation. Durch die gemeinsame Kooperation mit Gleichgesinnten fände so eine Fraktionsbildung statt, wodurch zum Beispiel die Kosten für Unterkünfte gedeckt würden, da diese nur kollektiv getragen werden könnten. Dabei spielten die nationale Verortung, die Vernetzung transnationaler Migrantengruppen sowie die Beziehungen zum Herkunftsort eine bedeutende Rolle. Die nationalstaatliche Ebene allein sei nicht gut geeignet, um Migrantennetzwerke zu erklären: So verließen die christlichen Araber beispielsweise ihre nationalen Netzwerke, um sich über die kirchliche Ebene mit Migranten anderer nationaler Herkunft zusammenzuschließen.


(Redaktion: KP/MS)

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