Auf den Einwand, dass der Äther mit der Raumenergie das Schicksal der Nichtexistenz teile, verweist die ÖVR nun auf Albert Einstein als Kronzeugen: Den Äther gibt es doch, also gibt es die Raumenergie und also funktionieren die Aquapol-Geräte. Wer dies bezweifelt, widerspricht Einstein! So in Kurzform die offenbar hinter der Presseaussendung steckende Aquapol-Logik. Deutlich geht dies aus einem Interview hervor, das Ing. Mohorn anscheinend mit sich selbst geführt hat und das auf seiner Webseite nachzulesen ist.
Sie sind auch ein Gegner der sogenannten “Volksverdummung”, vor allem im Zusammenhang mit der Raumenergie, die die Energie der Zukunft darstellt…
… fantasiert die Stimme aus dem Off, und Herr Mohorn antwortet:
Albert Einstein hat 1913 diese natürliche Energieform (damals Äther
genannt) mit der Einführung seiner Relativitätstheorie einfach
abgeschaffen [sic]. 1920 revidierte er seinen verherenden [sic] Irrtum, jedoch die
wissenschaftliche Gemeinde unterschlug bis heute diese so wichtige
Richtigstellung. […]
Hier präsentiert Herr Mohorn innerhalb von vier Zeilen gleich drei Fehlinformationen und eine Verschwörungstheorie. Eine derartige Volksverdummungsdichte ist nicht nur für einen angeblichen Gegner der Volksverdummung rekordverdächtig.
Fehlinformation Nr. 1: Der Ausdruck “Raumenergie” ist ein moderner Begriff aus der Esoterikszene. Mit dem Äther hatte und hat er nichts zu tun.
Fehlinformation Nr. 2: Die spezielle Relativitätstheorie, die dem Äther den Garaus machte, erschien nicht 1913, sondern acht Jahre früher.
Fehlinformation Nr. 3: Einstein hat seinen angeblichen Irrtum nie revidiert.
Verschwörungstheorie: Die wissenschaftliche Gemeinde hat die angebliche Richtigstellung des angeblichen Irrtums nie unterschlagen.
Was richtig ist, ist, dass Einstein 1920 in einem Vortrag über den Äther gesprochen hat. Die ÖVR hat einige Ausschnitte aus diesem Vortrag zusammengeklebt. (Foto: ÖVR)
Liest man diese Zitate, so könnte tatsächlich der gewünschte Eindruck entstehen, Einstein hätte die Abschaffung des Äthers reumütig revidiert. Da aus dem Kontext gerissene Zitate aber leicht manipulativ gebraucht werden können, lohnt es sich, den gesamten Text zu studieren. Er ist nicht schwer zu finden. Entgegen der plumpen Verschwörungsthese Mohorn’scher Prägung ist Einsteins Vortrag nur einen Klick weit entfernt, und die zitierte Passage findet sich sogar in der Wikipedia wieder. Und zwar inklusive des letzten Satzes, den Mohorn uns in seiner Presseaussendung unterschlägt:
Dieser Äther darf aber nicht mit der für ponderable Medien
charakteristischen Eigenschaft ausgestattet gedacht werden, aus durch
die Zeit verfolgbaren Teilen zu bestehen; der Bewegungsbegriff darf auf
ihn nicht angewendet werden.
Was Einstein hier zum Äther sagt, konterkariert sehr hübsch die Behauptung der ÖVR, die “Raumenergie” vulgo der Äther sei “schneller als das Licht”.
Liest man sich Einsteins Text genau durch, so wird klar, dass dessen Ätherbegriff hier im Wesentlichen nichts anderes darstellt als das in seiner allgemeinen Relativitätstheorie beschriebene “strukturierte Vakuum”. In einem Brief an Hendrik Lorentz schrieb Einstein 1919:
It would have been more correct if I had limited myself, in my earlier publications, to emphasizing only the non-existence of the ether velocity, instead of arguing the toal non-existence of the ether, for I can see that with the word ether we say nothing else than that space has to be viewed as a carrier of physical qualities.
Zusammenfassend lässt sich wohl in etwa sagen, dass es hier um den Versuch einer Neudefinition des Begriffs “Äther” ging, der sich am Ende nicht durchgesetzt hat und daher in der Wissenschaft heute auch nicht mehr diskutiert wird.
Der moderne alpenländischen Diskurs zum Äther allerdings hat mit Physik oder Physik-Geschichte rein gar nichts mehr zu tun. Den verdanken wir offenbar hauptsächlich den kommerziellen Anstrengungen mancher Firmen, funktionslose Mauertrocknungsgeräte und esoterische Strahlenschutzamulette an den Mann und die Frau zu bringen.
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