Anlass dieses Beitrags ist, dass sich Herr Dr. Alexander Tarasov in unserem Vorgänger-Blog zu Wort gemeldet hat. Zur Erklärung: Herr Tarasov ist der Erfinder des ATOX-Biocomputers, eines Voodoo-Gerätes, das von der kleinen Kärntner Firma ATOX Systemtechnik GmbH vertrieben wird. Über ATOX hatte ich im Standard bereits in Zusammenhang mit dem Homöopathen Prof. Michael Frass berichtet und zuletzt anlässlich der neuen Werbeoffensive via Skispringer Thomas Morgenstern.
ATOX ist hier aber nur am Rande Thema, denn eigentlich geht es um den Äther, jene unsichtbare Füllmasse des Universums, die im 19. Jahrhundert als Ausbreitungsmedium für elektromagnetische Wellen galt. Dieser Äther taucht in esoterischen und Voodoo-Technik-Kreisen in letzter Zeit immer öfter auf – zumindest in Österreich.
Das ist auf den ersten Blick seltsam, denn heutzutage lernt man bereits in der Schule, dass der Äther ein überholtes Konzept aus der Physik sei, das nach dem Experiment von Michelson und Morley 1887 nicht mehr lange haltbar war und mit Einsteins spezieller Relativitätstheorie 1905 endgültig zum alten Eisen gelegt worden war.
Herr Tarasov meint dagegen, an mich gerichtet:
Der Bereich, in dem wir real etwas erreicht haben, hängt unmittelbar
mit dem Äther zusammen. Sogar Einstein hat letzendlich ausgeführt, dass
„Raum ohne Äther undenkbar sei”. Also, existiert der Äther, und zwar unabhängig davon, ob Sie ihn
anerkennen wollen oder nicht.
Also wie jetzt? Hat Einstein tatsächlich gesagt, der Raum sei ohne Äther undenkbar? Und von welchem Äther spricht Herr Tarasov hier eigentlich?
Ein erster Hinweis ist auf seiner Webseite zu finden, wo er behauptet
“Äther-Schnitte” fotografiert zu haben. Zumindest haben ihm das “die MEISTER” erklärt, wer immer das auch sein mag. Was “Äther-Schnitte” sein
sollen, bleibt zwar recht unklar, aber es dürfte sich um eine Art
kleine Stückchen vom Äther handeln, denn Tarasov schreibt,
Die Fotokamera fixiert Äther!
Gemeint ist damit wohl, dass der Äther abgebildet (“festgehalten”) wurde –
die Texte sind aus dem Russischen übersetzt. Die Fotos der
geheimnisvollen Äther-Schnitte sind hier zu sehen. Die Enttäuschung
folgt aber auf den Fuß, denn was dort abgebildet ist, kennt jeder
Fotograf und ist in Skeptikerkreisen seit Jahrzehnten als “Orbs”
bekannt. Die kreisförmigen Gebilde sind typischerweise Reflexionen des
Blitzlichts durch Staubteilchen. Neu ist dabei lediglich Tarasovs Interpretation als Ätherstückchen – in Esoterikkreisen wurden die Orbs bisher vorwiegend als Geister gedeutet.
Einen weiterer Hinweis darauf, was Tarasov mit dem Äther meinen könnte, liefert sein Verweis auf einen 1974 entstandenen Artikel mit dem Titel “Dynamik des Äthers”, welchen der Physiker Wladimir Azjukowski verfasst hat. In diesem Artikel behauptet Azjukowski nichts weniger, als auf der Basis des wiederbelebten Äthers ein einheitliches Modell aller physikalischen Vorgänge im Weltall entwickelt zu haben. Der Trick dabei ist die Beschreibung aller Elementarteilchen als Toroidalwirbel. Diese kann man sich in etwa wie jene Rauchringe vorstellen, mit denen geübte Zigarrenraucher ihre Umgebung beeindrucken (oder – je nach Geschmack – belästigen).
Leider bringt uns das nicht viel weiter. Azjukowskis Artikel ist eher populär- bis pseudowissenschaftlich gehalten, es finden sich keinerlei Literaturangaben und die vermeintliche Theorie wird bloß verbal, aber nicht mathematisch erfasst. Dass sie außerhalb der “Physoterik” keinen Widerhall gefunden hat, deckt sich mit der Beobachtung, dass Azjukowski bei den allermeisten Physikern gänzlich unbekannt ist und beim Rest als typischer Äther-crank gehandelt wird. Auf der Basis von Azjukowskis “Äthertheorie” sollte übrigens auch jener “Benzinbeleber” funktionieren, den ein ATOX-Vertreter vor ein paar Jahren auf Einladung von Prof. Frass staunenden Wissenschaftlern der TU Wien vorstellte.
Als letzter Anhaltspunkt bleibt uns also der berühmte Albert Einstein. Laut Tarasov hat dieser angeblich erklärt, dass der “Raum ohne Äther undenkbar” sei. Ist das wirklich so? Auf der Suche nach Einstein und dem Äther stößt man unweigerlich auf jene Presseaussendung, die die ÖVR letztes Jahr den Medien spendierte. Die ÖVR ist die Österreichische Vereinigung für Raumenergie und der Titel ihrer Aussendung triumphierte:
Einstein bestätigte 1920 die Existenz des Äthers
Was die ÖVR mit dem Äther am Hut hat, wird erst klar, wenn man weiß, dass der Präsident dieses Vereins jener Erfinder und großzügige Scientology-Förderer namens Wilhelm Mohorn ist, dessen Firma Aquapol sich auf Voodoo-Geräte zur stromlosen Mauertrocknung spezialisiert hat, wie sie erst vor kurzem an dieser Stelle besprochen wurden. Da die Aquapol-Geräte angeblich mit geheimnisvoller “Raumenergie” arbeiten, diese aber nicht existiert, hat man sich seitens der ÖVR kurzerhand dazu entschlossen zu behaupten, Raumenergie und Äther wären ein und dasselbe.
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