… von Krista Federspiel.
An die Wissenschaftsredaktion von Ö1 / Radiokolleg
ORF, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien
Sehr geehrte Sendungsmacher!
Ö1 verbreitet unter dem Deckmantel von Wissen Aberglauben! Eine
Werbesendung für fragwürdige Medizin und Quacksalberei – entspricht das dem
Bildungsauftrag
Diese Woche lief im Radiokolleg unter dem Titel „Befinden versus Befund” ein Beitrag von
Eveline Schütz – offenbar als Werbung für Außenseitermedizin. Gegenstatements kamen
nicht zur Sprache.
Beispiel Kinesiologie:
Ihre Muskeltest-Diagnose hat keinerlei Aussagekraft – das ist seit Jahren
nachgewiesen, Fehldiagnosen sind vorprogrammiert. Das wurde aber nicht erwähnt.
Reklame war ebenso für orthomolekulare
Medizin zu hören – eine Außenseitermethode, für die zu werben in Deutschland
bereits verboten ist. Oder die Homöopathie:
Das Institut für Komplementärmedizin in Exeter stuft diese magische Medizin als
reines Placebo ein und stützt sein Urteil auf eine große Zahl korrekter Studien.
Kein Wunder: In den hoch verdünnten Homöopathika ab D 23 ist kein Molekül
des „Wirkstoffes” mehr enthalten. In der Sendung aber kam kein kritischer
Experte zu Wort. Oder die traditionelle chinesische Medizin: Ihre
Diagnostik – Zungenschau und Pulsfühlung – kann keine korrekten Aussagen machen;
das haben seriöse Untersuchungen ergeben – doch ihre Anbieter nehmen das nicht
zur Kenntnis. Oder das indische Ayurveda,
das für Entschlackungen beworben wurde: Diese angeblichen Schlacken existieren
gar nicht. Auch die Anthroposophische
Medizin: eine irrationale Geheimwissenschaft; Wirksamkeit nicht belegt,
erhebliche Risiken möglich. Oder die Osteopathie,
die entgegen allen medizinischen Erkenntnissen einen Puls der Gehirnflüssigkeit
annimmt – ein Beweis fehlt… Das alles ist höchstens „Wellness”: Kranke werden „beschäftigt”
und erfahren „Zuwendung” gegen Bares.
Es gibt einige recht wirksame Komplementärmedizin-Methoden:
Pflanzenmittel, Entspannungstechniken, Verhaltenstherapie – warum wurden sie
ausgeblendet?
Es ist löblich, dem Befinden von Kranken Aufmerksamkeit zu
widmen. Aber bessern wird es sich langfristig nur, wenn der Befund stimmt,
und der Arzt wirksame Mittel und Methoden einsetzt – dann werden
zahlende PatientInnen und RadiohörerInnen nicht hinters Licht geführt.
für die Gesellschaft für kritisches Denken
Edzard Ernst
et al: The Desktop Guide to Complementary and Alternative Medicine, 2. Aufl.,
Elsevier-Verlag 2006
S. Sing, E.
Ernst: Trick or Treatment? Alternative Medicine on Trial. Bantam Press, 2008
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