… von Krista Federspiel.
Offener Brief an den Bürgermeister von Kaumberg, Herrn Michael Singraber,
und an den Obmann des Kommunikationsklubs 1989, Herrn Johann Renz
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Singraber, sehr geehrte Herr Renz,
vor etwa einem Jahr wurde in Kaumberg, ausgehend vom Marktplatz bis zur Araburg, ein 10 km langer Rundweg eingeweiht. Der “erste europäische Heil- und Energieweg”. Die 100 Hinweistafeln entlang des Weges sollen “es ermöglichen neue Erkenntnisse der Selbstheilung und Selbstfindung zu fördern” (zit. Homepage der Gemeinde).
Herr Bürgermeister, sind Sie diesen Weg selbst schon einmal gegangen? Haben Sie nur ein paar dieser Tafeln gelesen? Und ist Ihnen nicht aufgefallen, welcher Unsinn hier steht? Hier werden esoterische Weltensicht und Aberglaube übelster Art verbreitet: Nichts von dem, was da behauptet wird, kann heilen, nichts die Selbsterkenntnis fördern. Nichts davon ist wahr. Als ein Beispiel für viele sei der Text der Tafel 24 zitiert:
KeltenplatzHartmannkreuzung
Energie abladend
Hier treffen wir das erste Mal auf die Spur der Kelten.
Links vom Weg ist es Energie abladend, es schwächt unsere Nerven und Organkraft.
In der Mitte des Wegs ist eine Hartmannkreuzung.
Hier bleiben wir nicht lange, damit wir unsere Energie und Kraft behalten.
Solche Schwachstellen gibt es auch In unserem Lebensablauf.
Wir müssen dies nur erkennen und sie zielstrebig beenden, sie ausmerzen
und durch Besseres ersetzen. Tun wir das nicht, werden wir schwach, unzufrieden, krank und erfolglos.
– Die “Hartmannkreuzung” stammt aus dem Aberglauben der Muter:
Wünschelrutengänger vermuten im Boden verlaufende Störzonen; wo sie
sich kreuzen, seien sie besonders schädlich, heißt es. Das ist blanker
Unsinn – längst ist alles, was Wünschelrutengeher meinen,
wissenschaftlich widerlegt. Nichts kann an diesem Weg Energie oder
Kraft “abladen”, nichts krank machen oder Erfolg verhindern. Die
virtuellen Störzonen helfen den Mutern nur, potenziellen Kunden Angst
einzujagen und damit Geschäfte zu machen.
– Schwachstellen im Lebenslauf AUSZUMERZEN, das ist eine Diktion, wie
sie im tausendjährigen Reich üblich war. Wer will denn eine
Wiederholung solcher Denkweisen?
– Wenn diese Stelle tatsächlich ein Fundort der Keltenkultur sein sollte – warum erfährt man nichts Näheres darüber?
Solche
Tafeln sollen Selbstheilung und Selbst-Erkenntnis ermöglichen? Eher
wird einem davon übel. Statt Information Manipulation.
Es ist verständlich, dass eine Gemeinde bemüht ist mit Attraktionen
Touristen anzulocken. Aber im 3. Jahrtausend Gemeindegelder beim
Fenster hinauswerfen und verstaubte Irrtümer finanzieren?
Zukunftsweisende Politik wäre, die 100 Tafeln mit den
Falschinformationen zu entsorgen und die Tafelstangen für korrekte
Infos – etwa über Landschaft, Leute und Geschichte, Tiere und Pflanzen
der Region – zu nützen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Krista Federspiel
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