Dies ist ein Gastbeitrag von Jasmin Mutlular (Anm. EE)
Normalerweise findet man Werke mit einem derart reizenden Aufmacher im mehr oder minder sortierten “Finde deine innere Mitte” – Laden, in dem einem eine selig grinsende Verkäuferin (chronisch übersäuert) in allen Lebenslagen ungefragt weiterzuhelfen versucht.
In meinem Fall erstand ich dieses Buch jedoch in der Facultasfiliale (!), die sich im Biologiezentrum (und gleich noch mal “!”) der Universität Wien befindet. Die Kollegin sei sehr spirituell, lautete die Antwort auf meine Frage, warum um alles in der Welt man solch ein Ding im Sortiment führe.
Die Autorin des Büchleins, eine gewisse Eva Katharina Hoffmann, beschreibt sich selbst als “Heilpraktikerin“, die schon “viele Patienten (sic!) erfolgreich mit Bachblüten, Phytotherapie und Homöopathie” behan- äh, versorgte. Zudem ist sie als “Geistheilerin, Heilpraktikerin, Diplom-Sozialpädagogin und Feng-Shui-Beraterin” tätig.
Einleitend weiht sie den Leser erst einmal in die Anfänge ihrer innigen Beziehung zu Pflanzen ein, es folgen generelle Tipps, und schlussendlich portraitiert sie “Die 86 wichtigsten Energiepflanzen“.
“Sie [Tante Agathe] hatte mir von Elfen, Gnomen und Pflanzenengeln erzählt und mein Bewusstsein für die feinstofflichen Ebenen gefördert. Ich nahm also ein homöopathisches Mittel in die Hand, setzte mich auf die Wiese und bat die Pflanzenengel (Dewas) mir zu helfen, die Energie der jeweiligen Heilpflanze zu spüren. Tatsächlich spürte ich schon bald ein Kribbeln sowie Wärme, Kälte und Brennen.” – In einen Ameisenhaufen gesetzt? Kann passieren.
Pflanzen kommunizieren aber auch anders mit Menschen: “Wutausbrüche und Beschimpfungen in dem Raum, in dem die Pflanze steht, führen zum Schrumpfen der Pflanzenaura. Dieser Effekt nimmt noch drastisch zu, wenn man die Pflanze beschimpft, und kann bis zu deren Eingehen führen.” – Nie wieder Unkraut jäten! Einfach Zeter und Mordio fluchen, und die Arbeit erledigt sich von alleine. Praktisch. Kann man so auch Bäume fällen?
Es folgt ein Bericht über einen gewissen Herrn, der seinen Drachenbaum an einen Lügendetektor anschloss. Natürlich fand er heraus, dass Pflanzen schon auf bloße Gedanken reagieren. (Er wollte die Pflanze mit einem brennenden Streichholz bedrohen. Prompt reagierte das arme Gewächs.)
Weiters findet man Anweisungen zur Sichtbarmachung von Auren, eine Einführung in Bachblüten, Biophotonen, Chakren und Feng-Shui. Halbedelsteine kann man ebenso zur Aktivierung des Gießwassers benutzen wie Wasserfilteranlagen. Dabei wird ein alter Bekannter, das Granderwasser, namentlich unter dem letzten Punkt erwähnt.
Den letzten und umfassendsten Teil ihres Buches widmet sie der Einteilung der bereits erwähnten “86 wichtigsten Energiepflanzen” in die “12 wichtigsten Energieschwingungen“. Da gibt es so nette Sachen wie “Wolkenartige Schwingung“, “Spiralartige Schwingung nach oben” oder “Rotierende Schwingung nach außen“.
Das Spirituelle einmal gänzlich außer Acht lassend, muss ich sagen, dass es ziemlich alarmierend ist, bei einigen Pflanzen zwar Bemerkungen zu möglichen Allergien (auf Milchsäfte) zu finden, jedoch Giftigkeit (einige der Pflanzen sind hochgiftig!) geflissentlich unerwähnt bleibt. Weder Efeu noch Spatyphyllum – letzteres hat als Bemerkung “für jeden Platz und jeden Menschen geeignet” – haben etwas im Kinderzimmer zu suchen.
Weiters werden wissenschaftliche Erkenntnisse (Allelopathie (=Keimhemmung), Ethylen (als typisches Signalmittel)) derart gut mit allerlei Unsinn vermischt, dass es schön wissenschaftlich klingt.
Eine Frage ist für mich aber immer noch offen: Wovon ernährt sich diese Frau Hoffmann, wenn sie so eng mit Pflanzen verbunden ist? Rosenquarz? Belebten Grandereiswürfeln? Räucherstäbchenphotonen? Oder hat sie gar heimlich an psychoaktiven Pflanzen gelutscht?
Jasmin Mutlular
Biologiestudentin
(“Wirkungsweise: Jasmin wirkt erotisierend, anregend, pushend und aktiviert die Freude an der Begegnung mit anderen Menschen. […] Verspielte, liebliche, kreisende Energiewirbelchen, wie Libellen beim Paarungstanz.”)
Bild: Jasminum officinale
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