Bedenklicher
ist allerdings die Empfehlung des Buches von Michel Schiff. Schiff war
ein enger Mitarbeiter von Benveniste. Sein Buch wurde selbst in
Homöopathenkreisen heftig kritisiert. So schreibt etwa Anthony Campbell
in einer Rezension im British Homeopathic Journal:
His argument, in brief, is the fairly well-worn
one that science is a closed shop and rejects
any new ideas that do not fit into its current
world picture. […] This is essentially a
conspiracy theory.
Campbell schließt seine Rezension mit dem Satz:
As for homoeopaths, they will find interest in his book but
they should be careful in quoting it to outsiders, for it is definitely a piece of special
pleading.
Die Autorin des Skriptum hätte diesen Ratschlag besser befolgen sollen.
Als weiteren Beleg zitiert die Autorin die Experimente zur Kaulquappenmetamorphose
von Peter Christian Endler. Endler arbeitet seit 18 Jahren an seinem
Amphibienmodell. Unabhängige Replikationsversuche sind äußerst rar und
die Ergebnisse widersprüchlich. Ich persönlich bin außerdem
grundsätzlich misstrauisch bei Wissenschaftlern, die mit Personen wie
Cyril W. Smith zusammenarbeiten, der Homöopathika mit der Wünschlerute
austestet. Auch dass Endler damit prahlt, eine Auszeichnung von einer Institution erhalten zu haben, die dafür bekannt ist, dass sie mit Fantasiezertifikaten handelt, ist kaum vertrauensfördernd.
Als angeblichen experimentellen Nachweis des Ähnlichkeitsgesetzes präsentiert das Skriptum die Referenz
Wijk, Wiegant & die gestressten Leberzellen: Stimulation der zellulären Abwehr gestresster Leberzellen durch subtoxische Dosen von Schadstoffen
Teil 1 + 2: HomInt R & D Newsletter 1 + 2; 1997
Nun,
der Homint R&D Newsletter ist keine referierte Fachzeitschrift,
sondern ein Newsletter einer Gruppe von Homöopathika-Produzenten. Als
Beleg für einen experimentellen Nachweis des Simile-Prinzips ist diese
Referenz damit nicht von Belang. Dazu kommt noch, das van Wijk für
einen Naturwissenschaftler etwas kuriose Ansichten hat. Auf einer Konferenz sprach er einst über die Fehlschläge bei den Versuchen, die Experimente von Benveniste zu wiederholen.
Van Wijk has come to the conclusion that the attitude of the
experimenter must be included in how we view the outcome of an
experiment. The emotional disposition and the mental intention of the
experimenter clearly affects the material results.
Eine weitere im Skriptum vorgestellte Arbeit zur Grundlagenforschung ist
• Rey, L. et al
Thermoluminescence of ultra-high dilutions of lithium chloride and sodium chloride
Physica A 2003 Vol 323: p 67-74
Dazu findet sich die Behauptung
Anhand physikalischer Methoden lassen sich Unterschiede zwischen Potenz und Lösungsmittel feststellen.
Was
die Autorin zu erwähnen vergisst, ist, dass auch dieses Resultat von
anderen Forschern nicht repliziert werden konnte. Auch der oben
erwähnte Roeland van Wijk scheiterte bei diesem Versuch.
Als “Beispiel für ein physikalisches Modell zum Thema Homöopathie und Wasserstruktur” zitiert die Autorin
Kratky K.W.
Homeopathy and structure of water: a physical model
Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd. 2004 Feb;11(1):24-32.
Das
Stichwort “Wasserstruktur” weist darauf hin, dass es hier um das
“Wassergedächtnis” geht, das von Homöopathie-Anhängern seit dem
Benveniste-Skandal vergeblich nachzuweisen versucht wird. Vom Papier des Wiener Physikers Karl Kratky kenne ich nur das Abstract,
welches für mich allerdings recht wenig überzeugend klingt. (Ansonsten
erkläre ich mich als befangen – Kratky hat mir schließlich vor etwa 15
Jahren ein “Sehr gut” auf ein Physik-Seminar an der Uni Wien gegeben…)
Besonders unangenehm fällt auf, dass in der Literaturliste zu diesem Abschnitt die folgende Arbeit unkommentiert zitiert wird:
Schmidt, Süß, Nieber
In -vitro Testung von homöopathischen Verdünnungen
Biologische Medizin 2004, Heft 1
Die
Autoren hatten für diese Arbeit sogar den Hahnemann-Preis der Stadt
Meißen erhalten. Allerdings: was danach geschah, wurde in eingeweihten
Kreisen als der Leipziger Homöopathieskandal
bekannt. Um es kurz zu machen: die Arbeit war schwer fehlerhaft, der Preis
wurde zurückgegeben und der Artikel zurückgezogen. Das war 2005. Das
Skriptum liegt in der Version 2008 vor.
Kommentare (44)