Als wir vor einem Jahr darüber berichteten, wie ein paar Jünger der Transzendentalen Meditation unter der Führung von Regisseur David Lynch eine Privatuni gründen und dem Bundeskanzler das Yogische Fliegen beibringen wollten, da dachten wir, die würde wohl hierzulande so bald niemand mehr an ein Rednerpult lassen. Falsch gedacht!
Tja, die Maharishi Vedische Universität Österreich, vom Ayurveda-Mediziner und Obmann der Österreichischen Naturgesetze Partei, Dr. Lothar Krenner, bereits vor zweieinhalb Jahren als “in Gründung” bezeichnet, gibt es glücklicherweise immer noch nicht. Die aus Indien stammende Ayurveda-Lehre dagegen spürt Rückenwind, obwohl Wissenschaftler bei der Untersuchung der ayurvedischen Heilmittelchen statt Wirkung meist nur Schwermetalle fanden. Ayurveda ist angeblich 2000 Jahre alt und liegt damit im altundnaivmedizinischen Wettrüsten nicht schlecht. Die indische Bevölkerungsexplosion einzudämmen, ist ihr aber nicht gelungen, trotz gutgemeinter Ratschläge:
Early morning, evening time, dark moonless night, midnight
and mid-day is not a proper time to be involved in sex. […] Impatient,
voracious eater, hungry, thirsty, tired person with urinary
and digestive problems should not be involved in sex. Anyone
having sex during menstruation suffers from eye diseases,
low life span. Early morning and late night sex can cause
nerve defect as vata is at the peak during this time. Unnatural
sex also results in a whole of diseases.
Wie dem auch sei, Maharishi Ayurveda is back, seine Proponenten haben alles mögliche zu verkaufen und Dr. Lothar Krenner spricht also morgen über Nahrung als Nektar der Unsterblichkeit – aber nicht auf der Wiener Esoterikmesse, sondern – aufgepasst – auf der 1. Österreichischen wissenschaftlichen Tagung für Ayurveda Medizin. Jaja, so etwas gibt es hier. Dass das in der Presse von unserer alten Bekannten, Frau Claudia Richter, recht unkritisch beworben wird, wundert uns nicht so sehr. Aber dass diese Tagung vom Gesundheitsministerium höchstselbst mitveranstaltet wird, das ist dann doch ein starkes Stück. So stark, dass Dr. Krista Federspiel sich veranlasst sah, an das Büro von Ministerin Kdolsky einen offenen Brief zu schreiben. Hier ist er.
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An das Büro der
Dr. Andrea Kdolsky
BMGFJ
Warum, um Gottes Willen, findet die „1. Österreichische
wissenschaftliche Tagung für Ayurveda Medizin” am 15.11. ausgerechnet im
Festsaal und unter dem Schutz des Gesundheitsministeriums statt? Hat sich denn irgendjemand
im Ministerium über die Inhalte und Vortragenden der Tagung informiert?
–
Organisiert wird sie von der Psychotherapeutin Mag.
Mörth, die eng mit dem privaten Ayurveda-Verein Nexenhof verbunden ist. Motto
laut Internet: „gelehrte Spiritualität ist unser Weg“. Mitarbeiter sind dort u. a. kein österreichischer Arzt, aber
„Wohlfühl”-PraktikerInnen z. B. der wissenschaftlich nicht bestätigten Shiatsu-Methode
und der hawaianischen Massagetechnik Lomi-Lomi, oder der „be-happy-Swami” Anubhavanda.
Das Internetportal des Vereins verweist u .a. auf den Link zu einer
Geistheilerin. Bei der Tagung tragen einige Mitglieder dieses Vereins vor. –
Wissenschaft???
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Zwei der Vortragenden sind Ärzte, die das Maharishi
Ayurveda pflegen. Diese Variante wurde vom Guru der Beatles, Maharishi Mahesh
Yogi, entwickelt und um die Transzendentale Meditation (TM) erweitert. … „Maharischi Ayurveda ist wegen der Methoden,
mit denen sie Interessenten anwirbt, wegen ihres Finanzgebarens und wegen ihrer
inneren Struktur in den Ruf einer sektenähnlichen Vereinigung geraten”
Mittels TM soll man angeblich die Kriminalitätsrate senken und sogar fliegen
können…- Wissenschaft???
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Die Medikamente des Ayurveda beruhen zu großem Teil auf
Familiengeheimnissen, Ayurvedische Krankenhäuser produzieren sie oft selbst –
ein Schelm, wer glaubt, die hier vortragenden Krankenhauseigner würden ihre
eigenen Produkte bewerben.
–
Bei Analyen wurden in ayurvedischen Medikamenten Blei,
Quecksilber, Arsen, Kupfer Zink, Eisen, Silber und Gold gefunden. Ein
Pflanzenmittel bestand sogar zur Hälfte aus Blei! Eine nachvollziehbare
Qualitätskontrolle dieser Arzneien gibt es nicht. Diese Unsicherheit macht
Patienten zu Versuchskaninchen…- Wissenschaft???
–
Die diagnostischen Methoden des Ayurveda beruhen zum Teil
auf Astrologie. Es fehlt der wissenschaftliche Nachweis, dass sie zu einer
Aussage taugen. Eine kontrollierte Studie zur ayurvedischen Medizin als
Gesamtkonzept liegt nicht vor. (zit. nach Die Andere Medizin, S. 98)
Nur ein einziger Vortragender thematisiert bei dieser Tagung,
dass Evaluierung Voraussetzung für die Anerkennung der Ayurvedamedizin ist. Dokumentation
und Wirkungsnachweise stehen für die allermeisten Anwendungen aber noch aus.
es sich überwiegend um eine Werbe-Veranstaltung. Als „wissenschaftliche Tagung”
aber hat sie eine Position im Internet gefunden und wird wohl künftig von
Anhängern der indischen Medizin überall zitiert werden – „seht, wissenschaftlich
fundiert, sogar im Ministerium…!”.
Unser Gesundheitswesen hat dringenden Reformbedarf. Exotische
Ethnomedizin wird das nicht bewirken können…
(Zitate aus:: Die Andere Medizin, STIFTUNG WARENTEST, 5.
Aufl. Berlin 2005, S. 93-98)
Dr. Krista Federspiel
Mitglied der Gesellschaft für kritisches Denken (GWUP Wien)
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