Smoking (Rauchen) schadet Ihrer Gesundheit. Secondhand smoking (Passivrauchen) ebenfalls. Was zum Teufel ist “thirdhand smoking“?
Pünktlich zum In-Kraft-Treten der neuen “Nichtraucherschutzgesetze” gibt es bereits wieder Rauch-Alarm. “Thirdhand smoking“, also soviel wie “Rauch aus dritter Hand”, lautet das Schreckgespenst, mit dessen Übersetzung sich die Medien noch schwer tun. Was sich dahinter verbirgt, ist schnell erklärt.
Thirdhand smoking ist der Kontakt mit Rauchrückstandsprodukten, die an den Wänden, im Teppich, in der Kleidung und in den Haaren zurückbleiben, nachdem sich die letzten Rauchschwaden der letzten konsumierten Zigarette verzogen haben. Besonders gefährdet, so liest man, sind Kleinkinder, etwa wenn sie in einer Raucherwohnung am Boden spielen, dort Gegenstände in den Mund nehmen oder auch nur Körperkontakt mit ihren Eltern haben, die eben mal schnell auf eine Zigarette am Balkon waren.
Nachdem die New York Times am Freitag groß berichtet hatte, schließen sich die deutschsprachigen Medien (ORF ON, Spiegel Online) soeben an. Es werden bald noch mehr sein, wage ich zu prognostizieren.
Betritt ein Raucher
einen Raum, nachdem er draußen gerade eine Zigarette genossen hat,
umgibt ihn noch immer eine Duftwolke. “Die Nase lügt nicht. Das Zeug
ist so giftig, dass das Gehirn sofort mit einem Alarmsignal reagiert”,
meint Jonathan Winickof von der Harvard Medical School gegenüber der
“New York Times”.
Zugegeben, ein flotter Spruch das, mit der Nase, die nicht lügt und dem Alarmsignal. Aber leider nicht sehr überzeugend, denn mit diesem Argument müsste man zuallererst eindringlich vor gewissen Käsesorten warnen und schleunigst sämtliche öffentliche Toiletten verbieten. Schauen wir also beim SpOn vorbei:
Fast 5000 Substanzen entstehen, wenn Raucher sich eine Zigarette
genehmigen – und viele der chemischen Reaktionsprodukte sind
ausgesprochen schädlich, darunter Blausäure, Toluol, Butan,
Kohlenmonoxid, Chrom, Kadmium und sogar das radioaktive Polonium-210.
[…] Forscher haben bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass es
keine untere, unbedenkliche Wirkungsschwelle für Tabakrauch gibt. Auch
kleine Mengen können schädlich sein. Und das ist das Problem mit dem
Third Hand Smoke.
Das ist alles gut und schön, oder besser: ungut und unschön. Aber es ist erstens keine Neuigkeit und zweitens nicht besonders hilfreich, wenn man wissen will wie schädlich dieser Third-hand Rauch eigentlich ist. Das wird vielleicht am ehesten klar, wenn man in obigem Zitat “wenn Raucher sich eine Zigarette genehmigen” durch “wenn der Pfarrer den Weihrauch entzündet” ersetzt. Inhaltlich bleibt es korrekt, und gerade deswegen leer. Die Dosis macht bekanntlich das Gift.
Also, was ist da los? Wo bleiben die Zahlen, die Daten? Auf welcher Evidenzbasis warnen die Mediziner vor dem Dritthandrauch? Wo sind die epidemiologischen Studien, wie groß sind die ermittelten relativen Risiken? Sind sie statistisch signifikant? Sind sie klinisch signifikant? Sind sie bereits unabhängig repliziert worden?
Das ist seltsam: In den Medienberichten wird nur eine einzige Studie zitiert. Eine Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Pediatrics erschienen ist. Sie trägt den Titel “Beliefs About the Health Effects of ‘Thirdhand’ Smoke and Home Smoking Bans“.
The objective of this study was to assess health beliefs of adults regarding thirdhand smoke exposure of children and whether smokers and nonsmokers differ in those beliefs. … Data were collected by a national random-digit-dial telephone survey … [B]elief that thirdhand smoke harms the health of children remained independently associated with rules prohibiting smoking in the home.
Die Überzeugung von der Schädlichkeit von Dritthandrauch korreliert also positiv mit der Erlassung von Rauchverboten in den eigenen vier Wänden. Wow! Wer hätte das gedacht? Und den Ausdruck “thirdhand smoke” haben die Autoren extra für diese Studie erfunden.
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