Bevor die Diskussion zu unserem Holopathie-Artikel von einem Troll gekapert wurde, bot sie einige interessante Einblicke in die strategische Diskursführung der Holopathie. Deren Erfinder und Vermarkter Dr. Christian Steiner und Klaus Dillinger meldeten sich per Kommentar und versuchten wortreich, ihr Voodoo-Gerät und die darauf basierende Methode zu verteidigen. Dabei tauchten krasse Unterschiede in der Interpretation der Daten auf, die Dr. Heike Larcher in ihrer Dissertation erarbeitet hatte. Die Firma Quint-Systeme stellte den Volltext dieser Dissertation unserem Mitdiskutanten Philippe Leick zur Verfügung. Er hat die Daten ausführlich studiert und seine Ergebnisse im folgenden Gastbeitrag zusammengefasst.
Dr. Philippe Leick ist promovierter Physiker mit den Schwerpunkten Laserphysik und Quantenoptik. Er ist außerdem GWUP-Mitglied und hat zu der bei Homöopathen mit einem Hang zu Quantenmystik äußerst beliebten “schwachen Quantentheorie” publiziert – unter anderem auch in der Zeitschrift “Homeopathy”.
Eine intensive Beschäftigung mit alternativer Wissenschaft oder
alternativer Medizin kann einen natürlichen Hang zum Zynismus ganz
entschieden verstärken.
Zu nicht unerheblichen Teilen resultiert dies aus der Lektüre
entsprechender Literatur. Man darf sich einfach nicht darauf verlassen,
dass in einer zitierten Arbeit auch wirklich das steht, was der Autor
einem weismachen möchte. Die Diskussionen um die Holopathie in diesem
Blog liefern dafür ein vorzügliches Beispiel. Unter anderem geht es
dabei um die Dissertation von Heike Larcher, die getestet hat, ob die
Holopathie bei der Behandlung von chronischer Polyarthritis einem Placebo überlegen ist.
Im Abstract dieser Arbeit heißt es u.a.:
Hinsichtlich des Hauptzielkriteriums DAS28 zeigten sich weder zwischen
noch innerhalb der beiden Behandlungsgruppen [echte und
Placebo-Holopathie] signifikante Unterschiede.
Als Skeptiker hätte man nun – trotz einiger Relativierungen im gleichen
Abstract – denken können, dass der Fall damit erledigt sei. Aber die
Erfinder der Holopathie, der Arzt Dr. Christian Steiner und der
Informatiker Klaus Dillinger, hielten in ihren Kommentaren dagegen:
Klaus Dillinger:
(1)
Unsere erste Studie hat bekanntlich – trotz gewisser methodischer
Schwächen (zu kleines Sample, zu schwer klassifizierbare Indikation,
Probleme mit der Patientencompliance) – klare statistische Hinweise auf
einen kausalen Wirkungszusammenhang gezeigt.(2)
Weiters gab es in der Vorstudie durchaus statistisch signifikante
Unterschiede zwischen Placebo und Verum, die einen Wirkungszusammenhang
und weitere Studien nahelegen.
Christian Steiner:
(3)
Ich gebe gerne zu, dass die Studie nicht ganz das ist, was wir uns
erhofft haben, aber hier wie Hr. Berger von einem “absoluten Effekt
Null” zu schreiben, halte ich – gelinde gesagt – für eine Frechheit.
Es bleibt einem also nichts anderes übrig, als die Originalquelle
aufzuspüren und nachzulesen, wie die Studie durchgeführt wurde und zu
welchen Ergebnissen sie denn nun gekommen ist. Die Recherche wurde mir
von der Firma Quint-Systeme,
die mir die Dissertation freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat,
erheblich erleichtert.
Das Studiendesign war im Prinzip relativ simpel. Insgesamt 21
freiwillige Teilnehmer wurden der Placebo- (N=7) bzw. der Verumgruppe
(N=14) zugelost. Das Placebo bestand aus einer vom Hersteller
deaktivierten “Quint-Station” 315. Der
Zustand der Studienteilnehmer wurde anhand einer Reihe von Indikatoren
für Arthritis (DAS28, DAS44, Ritchie Articular Index (RAI),…), der
Bewertung der behandelnden Ärzte, von den Teilnehmern auszufüllenden
Fragebögen sowie Laboranalysen am Anfang und am Ende der Studie sowie
bei zwei Zwischenvisiten bewertet.
Am Studiendesign ist nichts auszusetzen. Dass am Anfang der Studie der
Zustand der 7 Mitglieder (6 Patienten im Krankheitsstadium II, nur 1 im
schlimmeren Stadium III) der Placebogruppe eher besser war als der
Zustand der Mitglieder der Verumgruppe (jeweils 7 in Stadium II bzw.
III), ist aufgrund der geringen Teilnehmerzahl nicht ungewöhnlich, muss
aber natürlich bei der späteren Auswertung berücksichtigt werden.
Die Studienergebnisse zeigen ein ziemlich einheitliches Bild. Bei
keinem der untersuchten Kriterien gibt es statistisch signifikante Unterschiede
zwischen Placebo- und Verumgruppe. Innerhalb beider Gruppen kommt es,
im Großen und Ganzen, während der Studie zu einer Verbesserung des
Zustands der Teilnehmer. Dabei schwankt das Bild recht stark, je nach
Kriterium sind die Unterschiede mal größer, mal kleiner, treten zu
unterschiedlichen Zeitpunkten auf etc… Ziemlich genau das, was man
erwarten kann, wenn es zwischen Verum und Placebo keinen Unterschied in
der Wirkung gibt, und die beobachteten Verbesserungen auf bekannte
Effekte wie Placebo, Regression zum Mittelwert etc. zurückzuführen
sind.
Besondere Kenntnisse in Statistik sind m.E. nicht notwendig, um zu
dieser Schlussfolgerung zu kommen – die graphische Darstellung der
Ergebnisse ist völlig ausreichend, um festzustellen, dass alle Effekte
in beiden Gruppen die gleiche Größenordnung haben.
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