Zunächst legt sie einen Akt an und schreibt auch den Namen von Prof.
X auf den Aktendeckel. Dann lässt sie die Email des Charles Darwin und
den Mietvertrag zwischen Prof. X und dem Biotechnikunternehmen auf
Kosten des Steuerzahlers für 279,80 Euro von der „englischen Sprache”
in die „deutsche Sprache” übersetzen. Und unmittelbar danach überträgt
sie die Ermittlungen aus Mangel an öffentlichem Interesse der
Tatortstaatsanwaltschaft Innsbruck (17.4.2009), die ein Monat später
das Landeskriminalamt Tirol mit Ermittlungen beauftragt (15.5.2009).
Von diesen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seit Anfang März
2009 erfährt Prof. X Ende Mai durch die Anfragebeantwortung durch die
Frau Justizminister (22.5.2009). Die Chance darzulegen, dass er den
Mietzins entgegen der Verleumdung durch Charles Darwin nicht für sich
privat, sondern ausschließlich für das Department verwendet hat, wird
ihm Ende Juni 2009 eingeräumt werden. (Anm: Das Verfahren gegen Prof. X
ist unmittelbar nach seiner Vernehmung eingestellt worden).
Ihre Anfragen vom März 2009, Herr Dr. Graf, sind der vorerst letzte
Akt dieses nun seit Mai 2007 andauernden Kesseltreibens gegen die
Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck und gegen
einzelne ihrer Mitglieder, vor allem gegen Prof. X und mich.
Die Ethikkommission und Prof. X und ich als Leiter der zwei
Subkommissionen haben die Therapie des Oberarztes nicht, wie auch
herumerzählt wird, aus „Neid, wegen offener Rechnungen und aus
finanziellen Eigeninteressen” kritisch unter die Lupe genommen (es
folgt eine Auswahl):
- Sondern weil schon aus den Beilagen zum Forschungsantrag (März
2007) ersichtlich gewesen ist, dass in Innsbruck nicht nur 25 Patienten
im Rahmen der zwei von der Ethikkommission genehmigten Phase I Studien
(2002 und 2003) mit dieser bis heute experimentellen Therapie behandelt
worden sind, sondern viel mehr. Heute wissen wir, dass in Innsbruck
(und zwar auch noch nach einem ausdrücklichen Verbot durch den
ärztlichen Direktor im Dezember 2006) bis hinein in das Frühjahr 2008
insgesamt 409 Patienten behandelt worden sind, davon nur 21 legal in
den zwei von der Ethikkommission genehmigten Phase I Studien: Ein
gravierender Verstoß gegen § 49 Abs 1 Ärztegesetz und § 12 Abs 3
Tiroler Krankenanstaltengesetz, wonach Ärzte Patienten nur mit
wissenschaftlich anerkannten Methoden behandeln dürfen (so es sich
nicht um Behandlungen im Rahmen legaler klinischer Studien oder um
Heilversuche zur Abwendung von Lebensgefahr und dauernden Siechtums
handelt, wenn wissenschaftlich anerkannte Therapien bereits versagt
haben).
- Dann ist uns sofort aufgefallen, dass die für die Sicherheit der
Teilnehmer an klinischen Arzneimittelprüfungen unerlässliche
Phasenfolge nicht eingehalten worden ist: Der Forschungsantrag (März
2007) hat eine Phase II Studie betroffen, die in „The Lancet”
publizierte Studie war eine Phase III Studie – ob sie überhaupt
stattgefunden hat, wird noch geprüft. Eine weitere Phase III Studie ist
im August 2007 in der Zeitschrift „World Journal of Urology” erschienen.
- Die Zahl der Studienteilnehmer laut diesen zwei Publikationen war
deutlich höher als die Zahl der in Innsbruck im angeblichen
Studienzeitraum behandelten Patienten. Damals war das für uns völlig
unerklärlich und unsere diesbezüglichen Fragen sind von den
verantwortlichen Forschern nie beantwortet worden. Heute wissen wir
auch dank des AGES/PharmMed-Inspektionsberichts, dass die Daten der im
angeblichen Studienzeitraum behandelten Patienten in den zwei
Zeitschriftenartikeln doppelt publiziert worden sind. Durch solch eine
„Doppelpublikation” wird entgegen allen Regeln guter wissenschaftlicher
Praxis eine erhöhte Validität der Behandlungsergebnisse vorgetäuscht.
- Recht bald herausgefunden haben wir weiters, dass die
Therapieerfolge in Kliniken in München und in Wien, in denen der
Oberarzt zum Teil selbst operiert hat, bei weitem nicht so gut sind,
wie die vom Oberarzt zu den in Innsbruck durchgeführten Therapien
publizierten Zahlen glauben machen. In München ist diese Therapie wegen
mangelhaften Erfolgs umgehend eingestellt worden. Rund 100 Patienten
haben dafür bis zu 15.000 Euro aus eigener Tasche bezahlt, ein
erfolglos behandelter Patient hat den Krankenhausträger TILAK (Land
Tirol) wegen Täuschung über den experimentellen Charakter dieser
Therapie schon erfolgreich auf Rückzahlung der Behandlungsbeiträge, auf
Schadenersatz und auf Feststellung der Haftung für künftige Schäden
geklagt (Urteil der zweiten Instanz rechtskräftig November 2008);
weitere Klagen stehen ins Haus.
- Und recht bald erfahren haben wir auch von zunächst einem
unerwünschten, schwerwiegenden Ereignis, und zwar von einem kompletten
Harnröhrenverschluss eines Patienten rund 10 Wochen nach der
Behandlung. Von einem zweiten, in der zeitlichen Abfolge gleich
verlaufenen kompletten Harnröhrenverschluss haben wir etwas später
erfahren: Beide Männer entleeren ihre Blase heute über einen
künstlichen Ausgang durch den Nabel, indem sie ihre Blase rund zehn Mal
am Tag abpunktieren. Beide Vorfälle sind entgegen dem einschlägigen
Recht den Gesundheitsbehörden nicht gemeldet worden und auch nicht der
Ethikkommission beim Forschungsantrag im März 2007. Wären die zwei
Patienten, so wie das die österreichische Rechtsordnung vorsieht für
eine noch nicht wissenschaftlich anerkannte Methode, im Rahmen einer
klinischen Prüfung inklusive der obligatorischen
verschuldensunabhängigen Personenschadensversicherung behandelt worden,
dann müssten sie sich jetzt nicht mit dem Krankenhausträger TILAK über
den Schadenersatz herumstreiten. Ob noch mehr der insgesamt 409
Patienten zu Schaden gekommen sind, untersucht seit Dezember 2008 die
Staatsanwaltschaft Innsbruck. Usw, usw.
Der langen Rede kurzer Sinn: Egal, wo Prof. X und ich bei unserer
Tätigkeit als Leiter der Subkommissionen hingeschaut haben, und zwar
einzig aus Sorge um die Gesundheit und Sicherheit der potentiellen
Teilnehmer an der im März 2007 beantragten Studie, wir haben immer
eine„Baustelle” gefunden.
Als die Inspektion der AGES/PharmMed unsere Befunde bestätigt und
zahlreiche weitere Verletzungen des einschlägigen Medizinrechts und der
Normen guter wissenschaftlicher Praxis entdeckt und im
Inspektionsbericht umfassend publiziert hat, im August 2008, haben die
Mitglieder der Ethikkommission erwartet, dass sie endlich Ruhe haben
werden vor weiteren ungerechtfertigten Anfeindungen.
Mitnichten.
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