Astrologe bzw. Astrologin, das ist ja auch wirklich ein undankbarer Beruf. Man hat nichts G’scheites gelernt im Leben, dann ist einem dieser Astro-Schmöker von der Mitzi-Tant in die Hände gefallen und das Schicksal (!) hat seinen Lauf genommen. Jetzt sitzt man vor seinem Computer mit der neuesten Astro-Software und der spuckt auf Knopfdruck ein buntes Diagramm aus, in das man seine persönlichen Vorurteile projizieren kann. (Das ist der “kreative” Teil an der “Kunst” der Sterndeuterei). Wenn jemand bei der Astro-Hotline anruft, dann klingelt zuhause das Telefon und man stoppelt ein paar küchenpsychologische Weisheiten zusammen, die einem irgendwie plausibel vorkommen. Mit ein wenig Aszendentengeraune und Sonne-in-Opposition-zum-Uranus Geschwafel hört sich das nach tiefsinniger Sinngebung an und hilft das schlechte Gewissen zu lindern, wenn einem klar gemacht wird, dass man gerade im Begriff ist einen hilfesuchenden Esoteriksüchtigen abzuzocken.
Man geht also im Grunde einer entwürdigenden Tätigkeit nach, und dann verdient man damit nicht einmal anständig. Weil die Markteintrittshürden fehlen und das Angebot und damit die Konkurrenz zahlreich ist, sind die Preise im Keller. Ein Installateur würde für sowas nicht einmal einen Dichtungsring in den Keller werfen. Als ob das nicht schon genug wäre, wird man vom Bildungsbürgertum auch noch wie ein Aussätziger behandelt. Als Beruf “Astrologe” anzugeben beschert einem in akademischen Kreisen ein Ansehen als hätte man sich als überzeugter Tierquäler geoutet. Da bleibt man dann lieber unter sich in den Esokreisen und fühlt sich wie ein kleiner Galilei.
Das Image der Astrologie ist in den oberen Bildungsschichten nun mal
ein katastrophales. Wenn man die Vertreter einer Pseudowissenschaft
ärgern will, dann stellt man sie in eine Reihe mit Astrologen.
(Achtung, Homöopathen können ganz unsanft werden, wenn man das tut!) Astrologen kann man
mit niemandem in eine Reihe stellen, außer mit den Flacherdlern, die es aber meines Wissens nur noch als Hoax gibt. Die Astrologie ist eben DIE Pseudowissenschaft schlechthin.
Das
bringt es mit sich, dass man als hochrangige Persönlichkeit des
öffentlichen Lebens gute Gründe braucht, wenn man an Astrologie auch
nur anzustreifen droht. Das folgende Bild ist zwar klein, bei genauem
Hinsehen erkennt man aber den österreichischen Wissenschaftsminister
Dr. Johannes Hahn mit einem Buch unterm Arm.
Bei noch genauerem
Hinsehen erkennt man vielleicht sogar das Buch selbst. Es nennt sich Gesundheitsfaktor Sternzeichen – Astro-Medizin für den Alltag.
140.000 Vorsorgeuntersuchungen können nicht täuschen: Der Mediziner Dr.
Christian Temml und die bekannte Astrologin Adelinde Rumpler haben
diese gewaltige Zahl an Patientendaten in Zusammenhang mit den
Sternzeichen gebracht und die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten
damit für jedermann berechenbar gemacht.
Tatsächlich
hat Minister Hahn Ende März bei der Buchpräsentation eine kleine Rede
gehalten. Das hat ihm den Zorn von Florian Freistetter eingetragen, der
ihn sogar mit der Strickliesl vergleicht – fürwahr ein strenges Urteil!
Aber
warum tut ein Wissenschaftsminister so etwas? Könnte das etwa mit jener
kryptischen Anmerkung zu tun haben, die er im Februar im Hohen Haus
machte?
Ich nehme zur Kenntnis, dass auch einige
Wortmeldungen nicht dazu beitragen konnten, den Unterschied zwischen Astrologie
und Astronomie aufzuklären, aber hier gibt es dann vielleicht in der Folge
noch Möglichkeiten.
Anstatt zu grübeln und zu spekulieren, fragt man am besten einfach nach.
21.03.2009
An: infoservice@bmwf.gv.atSehr geehrter Damen und Herren,
Laut dem Carl Ueberreuter Verlag soll BM Dr. Hahn am 25. März im Rathaus
eine Rede halten, und zwar anlässlich der
Präsentation des astrologischen Buches “Gesundheitsfaktor Sternzeichen”,
das Dr. Christian Temml gemeinsam mit der Astrologin Adelinde Rumpler geschrieben hat.Da ich nicht glauben kann (bzw. will), dass das der Wahrheit entspricht,
ersuche ich um Mitteilung, ob dies tatsächlich so geplant ist.Mit freundlichen Grüßen, Ulrich Berger
Mit etwas Glück bekommt man sogar eine Antwort, die halbwegs plausibel klingt.
30.03.2009
An: ulrich.berger@wu-wien.ac.at
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