Am Samstag, 12. Dezember 2009, ist im Audimax der WU Wien eine als “Symposium” getarnte pseudowissenschaftliche Veranstaltung geplant, die auch per livestream ins Internet übertragen werden soll. Es handelt sich um das “Symposium Tesla-Technologien“.
[Nachtrag vom 6.12.: Ursprünglich war hier vom Audimax der Uni Wien die Rede. Das war ein Irrtum und ist jetzt korrigiert. Danke an Niko Alm für den Hinweis!]
[Nachtrag vom 7.12.: Das Programm des Symposiums ist inzwischen aus dem Netz verschwunden und der obige link zum Facebook-Eintrag ist nicht allen zugänglich. Deshalb hier eine Kopie des ursprünglichen Programms (noch mit mittlerweile ungültiger Ortsangabe).]
Die Veranstalter ÖVR, DVR und SVR (Österreichische, Deutsche und Schweizer Vereinigung für Raumenergie)
sind Vereine, die sich der Förderung der “Raumenergie”, auch “Freie
Energie”, “Nullpunktenergie” oder “Vakuumenergie” genannt, und darauf
basierender “Technologien” verschrieben hat. Der 1943 verstorbene
Erfinder und Elektrotechniker Nikola Tesla,
nach dem die Einheit der magnetischen Flussdichte benannt ist, ist so
etwas wie der Schutzpatron der Raumenergieszene. Angeblich sei er schon
vor 100 Jahren mit einem per Raumenergie angetriebenen Auto durch die
USA gedüst.
“Raumenergie”
ist in der Physik völlig unbekannt und eine reine Fanatasiebezeichnung.
“Freie Energie” ist ein Begriff aus der Thermodynamik, wo er allerdings
eine völlig andere Bedeutung hat als bei den Frei-Energetikern.
Wie in den Pseudowissenschaften üblich, werden in der Raumenergieszene
Begriffe aus der echten Wissenschaft gekapert, um glaubwürdiger zu
klingen. Alles weitere hat mit Wissenschaft nichts mehr zu tun.
Das wird z.B. beim Begriff der Nullpuktenergie deutlich. Man beruft
sich auf die Quantenphysik, wo diese Energie exakt definiert ist. Dann
behauptet man, diese Energie lasse sich überall und jederzeit aus dem
leeren Raum “gewinnen”, wobei man großzügig darüber hinweggeht, dass
gerade die Quantenphysik dies aufgrund der Heisenberg’schen
Unschärferelation klipp und klar verbietet.
Die Raumenergetiker haben keine Theorie ihrer geheimnisvollen
Energieform anzubieten. Stattdessen verweisen sie auf “Technologien”,
die angeblich auf Raumenergie-Basis funktionieren. Diese “Technologien”
sind zumeist Geräte, deren angebliche Funktion und Wirkung dem ersten
oder zweiten Hauptsatz der Thermodynamik widersprechen, also im Grunde
moderne Formen des guten alten perpetuum mobile. Ein prominentes Beispiel für einen aus rotierenden Magneten gebastelten Motor, der Energie aus dem Nichts erzeugen soll, ist der Orbo der irischen Firma Steorn. Wie alle Geräte der Raumenergetiker funktioniert er zwar nicht, steht aber trotzdem kurz vor der Markteinführung.
Das führt uns zur Frage nach dem eigentlichen Zweck der im Audimax geplanten Veranstaltung. Der besteht vermutlich im Marketing für die
Produkte der Firma Aquapol, deren Geschäftsführer Wilhelm Mohorn Vorsitzender der ÖVR und Vortragender der Veranstaltung ist. Daneben ist Mohorn auch bekennender Scientologe sowie aktiver Werber für und Förderer von Scientology, was aber einen Ex-Wissenschaftsminister und Ex-Vizekanzler nicht daran hinderte, ihm irgendeine Urkunde zu überreichen:
Die Aquapol-Geräte sollen der stromlosen und staubfreien Mauertrockenlegung dienen, sind in der
Branche als wirkungslose “Zauberkästchen” bekannt und verkaufen sich trotzdem seit Jahren. So sieht Aquapol-HighTech von innen aus:
Gegen die Vertreiber der Aquapol-Geräte liegen
inzwischen mehrere Gerichtsurteile wegen unlauteren Wettbewerbs vor. Besonders hübsch liest sich dieser Absatz des Landgerichts Darmstadt:
Nichtsdestotrotz mieten sich die Raumenergetiker regelmäßig an Orten der Wissenschaft ein, um dort zu verkünden, der Durchbruch in der Raumenergietechnologie stehe kurz bevor. Neben Mauertrocknung und Energieerzeugung aus dem Nichts ist auch die “drahtlose” Energieübertragung eines ihrer Lieblingsthemen. Leider funktioniert die nur, wenn Sender und Empfänger durch ein “Erdungskabel” verbunden sind.
Einen Auftritt im Audimax soll auch Prof. Konstantin Meyl von der FH
Furtwangen liefern, eine Art Vortragsreisender in Sachen Raumenergie. Er propagiert Fantasiekonzepte wie
“Neutrinopower” und “Skalarwellen” samt dazugehörigen “Demonstrations-Sets” (mit Erdungskabel…). Seit 2001 ist ihm vom Rektor der FH Furtwangen
untersagt, dort seine abstrusen Thoerien zu unterrichten.
Die Initiative zum geplanten “Symposium” stammt ursprünglich von
einer Mini-Splittergruppe der Studentenprotestbewegung, die
sich “AG FreiEnergie” nennt, auf Facebook als “Nikola Tesla” unterwegs ist und völlig surreale Ziele hat:
Unsere Vorstellungen reichen in der Theorie bis zur kompletten
Unabhängigkeit der Universitäten von öffentlichen Geldern. Durch
Magnet-Permanent-Motoren in jeder Universität könnten Forschung und
Lehre gefördert werden und die Universitäten könnten regelrecht als
Kraftwerke fungieren und Strom erzeugen und verkaufen.
Zuerst wollte man das besetzte Audimax der Uni Wien als Veranstaltungsort nutzen, dann die TU Wien, dann den ebenfalls besetzten Hörsaal C1 der Uni Wien. Dort wurde die Veranstaltung ursprünglich genehmigt. Nachdem ein skeptischer Student den Unsinn durchschaute, wurde dies in einer zweiten Abstimmung verweigert. Nun ist das Audimax der WU als Ort der Veranstaltung angekündigt. Der Eintritt ist für Studierende übrigens gratis – vielleicht findet sich unter meinen Lesern ja der eine oder die andere, der oder die dort ein paar kritische Fragen stellen möchte?
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