Na gut, vom FORMAT, das sich “Österreichs Wochenmagazin für Wirtschaft & Geld” nennt, kann man in Sachen Kritikfähigkeit bezüglich Alternativmedizin naturgemäß nicht allzuviel erwarten. Mit Komplementär- und Alternativmedizin lässt sich schließlich ganz gut Geld verdienen, also ist sie aus Format’scher Perspektive per definitionem eine tolle Sache. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die aktuelle Coverstory Nie mehr ohne meinen Guru: Die Akzeptanz ganzheitlicher Heilverfahren wächst rasant von Nina Kreuzinger unkritischen Jubel über Ursula Plassniks ganzheitliche Topfenwickel und ähnliche Erfolgsstories von gestressten, aber alternativ geheilten Managern unters Volk bringt.
Als “Experten” werden in diesem Artikel ausschließlich die Vertreter von
diversen Placebo- und Quacksalberverfahren interviewt. Was etwa soll man von
einem Herrn Dr. Hubmann, GAMED-Vizepräsident
mit Akupunktur- und Homöopathiediplom, an aufrichtig kritischen Betrachtungen
erwarten, wenn in seinem Therapiezentrum die halbe Belegschaft mit Holopathie-Voodoo
beschäftigt ist?
Die pseudowissenschaftlichen Einsprengsel, mit
denen die Autorin hantiert, sind immerhin teilweise beinah
amüsant. So verdanken die geneigten Leserinnen und Leser ihr etwa die Verkenntnis
Dass ein Energieleitsystem im
Körper vorhanden ist, wurde bereits
mittels Neuromonitoring, der Überwachung von Gehirnfunktionen, bei der
Akupunktur gezeigt.
Während man derlei Irrtümer noch der
ausgeprägten Akupunktur-PR zurechnen kann, die seit Jahren aus Graz über
die heimischen Medien schwappt, so kippt der Artikel gegen Ende völlig
ins Surreale und verkündet über das CAMbrella-Projekt, es solle
Zahlen und Fakten erheben … um … die Integration der Komplementär- in
die Schulmedizin … voranzutreiben – auch mithilfe der Erkenntnisse der
Quantenphysik. Diese
hat die Existenz einer feinstofflichen Ebene längst anerkannt.
Bedenklich ist dabei meiner Meinung nach, dass derlei intellektuelle Fehlgeburten stets nur den Lesern von Alternativmedizin-Artikeln zugemutet zu werden scheinen. Das lässt tief blicken.
Man stelle sich etwa vor, FORMAT würde in einem Bericht zur Finanzkrise schreiben, dass die amerikanische Immobilienblase durch die feinstofflichen Sekundärschwingungen der energetischen Komponente des Dollar-Wechselkurses verursacht worden sei, was die neoklassische Makroökonomik längst anerkannt habe. Der verantwortliche Redakteur würde wohl mit dem nassen Fetzen davongejagt werden. Nicht so im Gesundheitsbereich, vor allem wenn es um Alternatives geht. Dort darf man offenbar frei fabulieren, was die Tastatur hergibt, und kaum jemand stößt sich daran. Wahrlich ein mediales Wunderland.
(via sciblog)
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