(Leserbrief an die Presse zum Artikel “Homöopathie – der sinnlose Glaubenskrieg” vom 18.07.2010.)
Sehr geehrte Redaktion,
Es ist doch unter Wissenschaftlern längst klar, dass die Homöopathie
eine Placebotherapie
ist. Die eigentlich interessante Frage ist, was man mit dieser
Erkenntnis anstellt. Man
sollte ehrlich und aufrichtig die gesundheits- und
gesellschaftspolitischen Konsequenzen
sowie die ethischen Aspekte einer institutionalisierten
Placebobehandlung diskutieren.
Nicht zielführend kann es hingegen sein, die Wirksamkeitsdebatte am
köcheln zu halten
indem man wie Michael Frass die klinische Studienlage in ihr Gegenteil
verkehrt.
Die gefährlichste und gleichzeitig oft ignorierte “Nebenwirkung” einer
unkritischen
Akzeptanz von Homöopathie ist die intellektuelle Verarmung der
Gesellschaft. Wenn eine
prominente Ärztin wie Gloria Kozel sich ohne Scham von der
“Schwingungsenergie” der
Kügelchen zu sprechen traut, dann ist das bloß ein Symptom für den
ebenso bekannten wie
eklatanten Mangel an naturwissenschaftlicher Bildung in der Bevölkerung,
der durch die
allgegenwärtige Homöopathie-PR in vielen Medien nur noch gefördert wird.
Inzwischen
nutzen die Anbieter von diversen Scharlatanerieprodukten wie
Wasserbelebern und
Handystrahlen-Neutralisierern diese Bildungslücken bereits zu
Marketingzwecken, indem sie
behaupten, ihre Geräte wirkten durch dieselben “feinstofflichen” Kräften
wie die
Homöopathie. Dagegen hilft nur Aufklärung und Bildung, nicht ein
Kokettieren mit der
Sehnsucht nach ein bisschen New Age im Alltag.
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