Die
erste Antwort, die man spontan zu hören bekommt, appelliert an das
Vertrauen in die Ehrlichkeit der Menschen: “Es gibt dutzende Menschen,
die das von sich behaupten. Warum sollten die alle lügen?” So
argumentiert z.B. Rüdiger Dahlke. Für den Wissenschaftler ist eine
solche Argumentation natürlich absurd. Menschen täuschen sich, Menschen
irren sich und Menschen lügen, und zwar aus den unterschiedlichsten
Motivationen heraus. Das ist altbekannt und bedarf wohl keiner
intensiven Debatte. Wenn also in Straubingers Doku eine übergewichtige
Russin von sich behauptet, seit 9 Jahren nicht zu essen oder zu trinken,
dann ist das allenfalls ein witziges Kuriosum, mehr aber schon nicht.
Der Fall Jasmuheen
Der Australierin Ellen Greve (“Jasmuheen”) wird in Straubingers Film viel Platz eingeräumt, ihren Lichtnahrungsprozess darzustellen. Unter den Anhängern Jasmuheens sind drei Todesfälle dokumentiert. Für diese ist sie selbstverständlich mitverantwortlich. Dem selben Schicksal will P. A. Straubinger offenbar entgehen. Er weist im Film auf diese Todesfälle hin und legt Wert auf die Feststellung, keinesfalls wolle er Menschen zum Lichtfasten überreden. Das ist nobel. Nobel wäre es auch gewesen, wenn Straubinger im Film ein paar Sekunden Zeit gefunden hätte, um die Zuseher zu informieren, dass Jasmuheen sich einem Test ihrer Fähigkeiten unterzogen hatte, der nach vier Tagen wegen Dehydration und rapidem Gewichtsverlust abgebrochen werden musste. Das hat er leider nicht. “Das hätte keinen Sinn gehabt” meint Straubinger.
Der Fall Michael Werner
Der
in der Schweiz lebende Chemiker Michael Werner, so der Film, habe sich
einem Test an der Uniklinik Bern unterzogen, wo er 10 Tage lang nur
Wasser und ungesüßten Tee zu sich genommen habe. Werner selbst meint,
der Test sei überraschenderweise “ein bisschen enttäuschend” verlaufen.
Er habe nämlich ein wenig abgenommen und sei etwas geschwächt gewesen,
was wohl irgendwie mit der Klimaanlage zu tun gehabt habe. Rüdiger
Dahlke pflichtet bei, Werner habe ja nur “ganz wenig” an Gewicht
verloren. Der Test, so suggeriert der Film damit, sei ja irgendwie doch
ein bisschen ein Beweis für die Existenz von Lichtnahrung.
Völliger
Unisnn. Tatsächlich hat Michael Werner 2,6 kg abgenommen und war am
Ende entkräftet. Was beweist das nun? Der Test mit Michael Werner
beweist: Es ist möglich, 10 Tage lang nichts zu essen und dabei 2,6 kg
abzunehmen. Die publizierte Studie
schließt mit der Bemerkung, Werner habe sich in einem Fastenzustand
befunden. Diese wenig aufregende Erkenntnis lockt freilich keinen Hund
hinter dem Ofen hervor. Als Versuch eines Beweises für das Phänomen
Lichtnahrung ist der Test aus wissenschaftlicher Sicht grandios
gescheitert.
Der Fall Prahlad Jani
Wenden wir uns nun dem laut P. A. Straubinger ultimativen Beweis zu. Es
handelt sich um die Person Prahlad Jani. Der 83jährige Inder gibt an,
seit 70 Jahren weder zu essen noch zu trinken. Im Jahr 2003 wurde er in
einem indischen Krankenhaus einem 10tägigen Test unterzogen. Laut dem
Untersuchungsleiter Sudhir Shah hat Jani in diesen 10 Tagen nichts
gegessen, nichts getrunken, nicht uriniert und keinen Stuhl gehabt. Jani
wurde täglich diversen Messungen und Tests unterzogen, außerdem rund um
die Uhr per Video überwacht. Damit, so Shah und mit ihm Straubinger,
sei der endgültige Beweis erbracht, dass Lichtnahrung real ist.
Unterstützend wird der AKH-Mediziner Anton Luger zitiert, der Janis
Blutbefunde als erstaunlich normal bewertet.
Eine beeindruckende
Liste von Fakten, möchte man meinen. Beeindruckender ist nur noch die Liste von
Fakten, die Straubinger in seinem Film unterschlägt:
1. Der Untersuchungsbericht von Sudhir Shah
wurde nie wissenschaftlich publiziert. Dafür gibt es üblicherweise
einen triftigen Grund: Er genügt wissenschaftlichen Ansprüchen nicht.
2.
Im Untersuchungsbericht werden in einem unübersichtlichen Durcheinander
eine Menge Daten aufgelistet. Jani wurde laut Bericht täglich gewogen
und habe “ein bisschen” an Gewicht verloren. Das erinnert an den Fall
Werner. Wie groß war dieses bisschen? Wer den Bericht genau liest,
stellt fest: Es gibt keine Angaben über den Verlauf des Körpergewichts!
Der wohl mit Abstand aussagekräftigste Parameter wird im Bericht
verschwiegen. Warum? Ein Schelm, wer Böses denkt.
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