PT (GEO): Bei
chronischen Rückenschmerzen sprechen mehr als 40 % der Patienten auf
Akupunktur an, nur 27 % auf die konventionelle Behandlung mit einer
Kombination aus Pillen und Physiotherapie.
UB (FB): Das
ist eine von CAM-Seite verbreitete Fehlinterpretation der GERAC-Studie.
Die Kontrollgruppe, die konventionell behandelt wurde, bestand aus
Patienten mit durchschnittlich 8 Jahren (!) chronischen Rückenschmerzen.
Das ist eine massiv selektierte Gruppe von genau jenen Patienten, die
auf konventionelle Behandlung nicht oder nur schlecht anspricht.
PT (FB): Zur
Akupunktur: Auch die Akupunkturstudien ART und GERAC sind, wie das gute
Praxis im wissenschaftlichen Diskurs ist, von verschiedenen Seiten
kritisiert worden. Ihre Ergebnisse haben aber dazu geführt, dass der
Gemeinsame Bundesausschuss, der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte,
Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen, am 18.
April 2006 in Düsseldorf beschlossen hat, die Akupunktur bei
chronischen Rückenschmerzen in die Kassenvergütung aufzunehmen. Diese
Entscheidung war sicher nicht „von CAM-Seite” gesteuert. In der
Stellungnahme heißt es: „Den Studienergebnissen zufolge liegt die
Erfolgsrate der traditionellen chinesischen Akupunktur (TCM, „echte”
Akupunktur) bei der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen nicht
wesentlich höher als die der Schein-Akupunktur, bei der bewusst
„falsche” Punkte gestochen wurden. Beide Akupunkturformen zeigten jedoch
deutlich bessere Erfolge als die Standardtherapie. Bei der Behandlung
von Schmerzen des Kniegelenkes waren die Schein-Akupunktur und die
„echte” Akupunktur in ihrer Wirkstärke in den meisten Studien annähernd
vergleichbar. Beide waren zudem der Standardtherapie ebenfalls deutlich
überlegen.” ( https://www.g-ba.de/institu
UB (aktuell):
Das ist ja alles schön und gut, aber eine GBA-Pressemeldung ist kein
wissenschaftliches Dokument und vor allem ist die die Entscheidung des
GBA unter anderem eine wirtschaftliche und politische. Ob Akupunktur bei
Rückenschmerzen laut GERAC- bzw. ART-Studie im klinischen Sinne “gut
belegt” und “wirksam” ist, wie Sie behaupten, ist eine ganz andere
Frage. Und die Antwort lautet “nein”. Der GBA betont selbst, dass er trotz
des fehlenden Wirksamkeitsnachweises (“efficacy”, nicht “effectiveness”!)
die Erstattung beschlossen hat. Hier hätte ich mir zumindest gewünscht,
dass Sie zwischen “Wirksamkeit” und unspezifischen Effekten
(Placebo-Effekten) unterscheiden.
PT (GEO): Kaptchuk hat
vor Kurzem die ärztliche Welt auf den Kopf gestellt, indem er nachwies,
dass Tabletten ohne jeden Wirkstoff selbst dann helfen, wenn die
Betroffenen wissen, dass sie nur eine Attrappe schlucken.”
UB (FB): Auch
das ist eine Fehlinterpretation. Die Placebos wurden ganz klar so
beschrieben, dass eine positive Erwartungshaltung aufgebaut wurde. Als
“Attrappe” wurden sie nicht gesehen.
PT (FB): Zu
Kaptchuk: „dass die Betroffenen wissen, dass sie nur eine Attrappe
schlucken”, wird von mir nicht, wie von Ihnen reklamiert,
fehlinterpretiert. Tatsächlich ist der Studienansatz in GEO genau
beschrieben: „weil ein sympathischer Arzt (den Patienten) ausführlich
erklärt hatte, dass Placebos immer zu einem gewissen Prozentsatz
wirkten, und man könne das ja einmal ausprobieren.” … und wenige
Zeilen später „Patientenerwartung, Placebos und die Rolle ärztlichen
Charismas”. Im GEO steht genau das, was Sie betonen: Bei dem Versuch
wurde eine positive Erwartungshaltung aufgebaut. Sie hat funktioniert.
UB (aktuell):
Nun gut, darüber kann man diskutieren. Wenn ich weiß, dass ich “eine
Attrappe schlucke”, dann bedeutet das doch, dass ich keine positiven
Erwartungen bezüglich deren Funktion habe – so verstehe ich das Wort
“Attrappe” jedenfalls. Kaptchuck erklärte seinen Patienten aber: “placebo pills, something like sugar pills, have been shown in rigorous
clinical testing to produce significant mind-body self-healing
processes.” Damit erzeugt er eine
positive Erwartungshaltung – die Patienten glauben, erwarten oder
hoffen, dass die “Zuckerpille” irgendwie “wirkt”. Damit ist sie aber für
sie keine “Attrappe” mehr. Die positive Erwartungshaltung bewirkt den
Placebo-Effekt. Das ist aber altbekannt und keineswegs eine Erkenntnis,
die “die ärztliche Welt auf den Kopf gestellt” hätte.
PT (GEO):
Seine subversiven Thesen haben Kaptchuk an die Spitze der Schwarzen
Listen gebracht, mit denen sogenannte quackwatcher all jene verfolgen,
die irgendeinen Zweifel an der reinen Lehre der Medizin hegen.”
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