Was
Sie mit diesem Harvard-etc.-namedropping sagen wollen, weiß ich nicht.
Meinen Sie etwa, weil die Harvard Medical School die Homöopathie
erforscht, muss Homöopathie “wissenschaftlich sein”?
Um ein
Sittenbild der “Integrativen Medizin” zu erhalten, müssen Sie nicht in
die USA fliegen. Freiburg hätte es auch getan. Ich lade Sie herzlich
ein, sich anzusehen, wie dort “integriert” wird…
PT:
7.
Zu dem Vorwurf, ich hätte von Herrn Baum eine „böse Karikatur”
geliefert: Ich habe Herrn Baum lediglich beschrieben – diskreditiert
(als Arzt und Mensch) hat er sich selbst in seinem Wutausbruch
anlässlich des Statements einer betroffenen Krebspatientin. Das hat
überhaupt nichts mit der Tatsache zu tun, dass er ein renommierter
Forscher ist. Aber das reicht nicht immer aus. Wissenschaft ist wichtig,
aber nicht alles.
UB:
Sie haben nicht Herrn Baum
beschrieben, sondern seinen Wutausbruch. Er ist der einzige kritische
Wissenschaftler, der in Ihrem Artikel vorkommt, nur darf er leider
nichts zum Thema sagen, sondern nur ganz zu Beginn jemanden anfauchen,
damit das Feindbild von Anfang an klar ausgemacht ist. Hätten Sie Baum
ernsthaft interviewt, dann hätte Ihr Artikel vielleicht nicht die starke
Schlagseite bekommen, die er jetzt hat.
PT:
Viele Kritiker werfen mir vor, ich hätte wissenschaftliche Fakten
unterschlagen oder bewusst verzerrt, um für in ihrer Sicht
unwissenschaftliche Therapien zu werben. Einige (wer wohl??) gingen
sogar soweit, Texte von mir in Esoterikforen zu posten und das so
aussehen zu lassen, als hätte ich das getan. Das ist kriminell.
UB:
Das glauben Sie tatsächlich? Also haben diese na-wer-wohl-Kritiker in einem Anfall von Präkognition bereits im Juli 2009 Ihre Artikel ins Esoterikportal gepostet, um Sie zwei Jahre später damit diskreditieren zu können???
PT:
Ich bin
keine Gegnerin der sogenannten Schulmedizin und in keinster Weise
wissenschaftsfeindlich. Aber ich bin gegen diesen
Wissenschaftspositivismus, der in manchen Foren um sich greift. Und als
Journalistin betrachte ich die Medizin vor allem aus der Sicht der
Patienten (siehe auch mein Buch „Leben bis zum Schluss”).
Nur ein Beispiel: 70 Prozent der Krebspatienten zum Beispiel (sagt nicht die „CAM-Seite”, sondern die Deutsche Krebshilfe, interessiert sich im Laufe ihrer Behandlung für Naturheilverfahren, und
viele verwenden sie, ohne mit ihrem Arzt darüber zu sprechen. Sie haben
Angst vor Ablehnung. Die unsachgemäße Verwendung kann aber riskante
Folgen haben und die onkologische Therapie beeinträchtigen. Jede dritte
Frau mit einer Antihormonbehandlung bei Brustkrebs bricht ihre
lebenswichtige Therapie ab, weil sie die Nebenwirkungen nicht erträgt –
denn dazu fällt der Onkologie nicht viel ein – das hatte die im Text
zitierte Patientin gegenüber Herrn Baum kritisiert. Mit Hitzewallungen
und Gelenkschmerzen muss sich die Onkologie vielleicht auch gar nicht
beschäftigen, wenn sie stattdessen mit naturheilkundlichen Internisten
zusammenarbeitet, im Rahmen der Integrativen Onkologie. Akupunktur und
Entspannung helfen nämlich (evidenzbasiert – die Quellen dazu finden
Sie in Dobos/Kümmel: Gemeinsam gegen Krebs, München 2010). Was hilft
denn die ganze „rationale” Medizin und ihre Errungenschaften, wenn 30
bis 60 Prozent vieler wichtiger Medikamente einfach weggeworfen oder
falsch eingenommen werden? Es muss also noch etwas Zusätzliches geben in
der Medizin.
Davon handelte der Text – von Medizinern, die nicht nur die
wissenschaftliche Herausforderung und objektive Fakten, sondern auch die
total subjektiven Probleme und Bedürfnisse der Patienten ernstnehmen.
Und diese Patienten sind auch die Leser und Leserinnen von GEO.
UB:
Ich
habe da nicht viel einzuwenden. Was Dobos/Kümmel tun, ist am harmlosen
Ende von CAM angesiedelt. Ringelblumensalbe gegen
Strahlentherapie-bedingte Hautausschläge lockt keinen Skeptiker hinterm
Ofen hervor. Subjektive Symptome wie Übelkeit nach Chemotherapie mit
Akupunktur behandeln? Meinetwegen, aber warum nicht mit Scheinakupunktur
und sich die 240 Stunden Qi-Quatsch-Kurse sparen? Meditation,
Entspannung, achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung um mit den
physischen und psychischen Begleiterscheinungen von Krebs besser zurecht
zu kommen? Kein Problem, aber muss man das “Integrative Medizin” oder
“Naturheilkunde” nennen? Früher hieß das Psychoonkologie, soweit ich
mich erinnere, aber womöglich klang das zu sehr nach Psychotherapie oder
Psychiatrie um sich durchzusetzen.
Ich meine übrigens, dass Sie
hier einen inneren Widerspruch konstruieren. Wenn diese Therapien
evidenzbasiert sind, wie Sie sagen, dann sind sie Teil dessen, was Sie
als “rationale Medizin” bezeichnen und kritisieren.
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