Ein Gastbeitrag von Anna Kauk
Von den in der aktuellen Statistik der Wirtschaftskammer erfassten 20.654 österreichischen Energethikern und „Hilfestellern“, die einen Gewerbeschein besitzen, sind 14.683 aktiv als solche tätig. Im Fachverband der gewerblichen Dienstleister stehen sie in einer Reihe mit den bodenständigeren Holzzerkleinerern und Berufsdetektiven, von welchen jeweils 169 und 370 aktiv sind. Zur gleichen Fachgruppe gehören aber auch 460 Astrologenmit aktivem Gewerbeschein.
Bei Energethikern handelt es sich um freie Gewerbe, für deren Anmeldung kein Befähigungsnachweis im Sinne einer Ausbildung bzw. Prüfung erforderlich ist. Formal gibt es eine Aufspaltung in Human-, Tier- und Raumenergethik – die offizielle Bezeichnung für letzteres Berufsbild lautet „Lebensraum-Consultant“. Ein „Hilfesteller“-Gewerbeschein („Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit“) ermöglicht es einem Energethiker, seine Dienstleistungen in allen drei Bereichen anzubieten.
Die Bezeichnung „Energethiker“ existiert seit 1999. Die Schreibweise mit „h“ ist ein Kunstgriff, der dazu dienen soll, der Energetik in der öffentlichen Wahrnehmung ein seriöses Image zu sichern, indem sie mit „Ethik“ in Verbindung gebracht wird. Parallel dazu gibt es Bemühungen, eine Art „Qualitätssiegel“ für zertifizierte Energethiker einzuführen. Den Energethikerberuf soll nichts Mystisches umwehen.
Ich denke an meine früheren Erfahrungen mit „Heilern“ zurück und frage mich, wie die beiden es wohl handhaben. Immerhin hat Heiler C. nach 1 oder 2 von ca. 10 Behandlungen Rechnungen ausgestellt, während Frau S., die subjektiv den meisten Schaden angerichtet hat, sich nie mit so etwas aufhielt. Vermutlich war sie kein Mitglied der Wirtschaftskammer – ironischerweise empfing sie ihre Kundschaft in ihrer Wohnung gleich gegenüber der WKO. Wollte ich mich nach der genauen Bezeichnung der angewandten Methode erkundigen oder ihre Aussagen relativieren, wurde sie aggressiv. Ich bezweifle allerdings, dass ein Fehlen eines Qualitätssiegels mich davon abgehalten hätte, mich in ihre „heilenden“ Hände zu begeben. Solche Vermittlungen laufen normalerweise über die Empfehlungen von Bekannten, die es selbst ausprobiert haben und denen man vertraut. Genauere Informationen erhält man nur dann, wenn die Behandlung bzw. Beratung subjektiv viel bewirkt hat. Ansonsten sind die Empfehlungen eher allgemein gehalten, da es sich um sehr persönliche Themen handelt. Einige besonders irritierende Aussprüche von Frau S. sind mir bis heute in Erinnerung geblieben: „Du willst in Wirklichkeit ein Mann sein“ und „In mir hast du deinen Meister gefunden“. Ich hoffe, ihr auf der Energethiker-Messe nicht zu begegnen.
Rund 50 Energethiker stellen hier ihre Verfahren als Methodenvertreter vor. Methodenvertreter kann werden, wer im Besitz eines aktiven Energethiker-Gewerbescheins ist, eine Methodenausbildung und Praxis vorweisen kann, bereit ist, im Team mitzuarbeiten, sowie viele andere Energethiker kennt, die das betreffende Verfahren anwenden. Darüber hinaus sollte man in der Lage sein, seine Ideen gut zu präsentieren und umzusetzen, bereit sein, ein Netzwerk aufzubauen, und über die Notwendigkeit seiner Methode wissen. Dafür winkt eine „Kammer-Spitzenfunktion“ mit der Möglichkeit, stellvertretend für sein Verfahren Entscheidungen zu treffen sowie seinen Berufsstand und seine Methode in der Wirtschaftskammer zu vertreten, informiert die Energethikerzeitung vom Mai 2009.
Doch um was für Verfahren handelt es sich überhaupt? Im Folgenden möchte ich das ein oder andere Beispiel näher beleuchten.
In täglichen halbstündigen Vorträgen – und zuvor auch als Workshop im Programm von kids4energy – präsentiert stellvertretende Methodenvertreterin Ela Guggenberger das erst kürzlich angemeldete Verfahren: es heißt FORERE – für „Fokus, Resonanz, Regeneration“. Praktiziert habe sie es schon ihr Leben lang, denn sie sei von Geburt an blind, könne aber lesen, indem sie sich fokussiert und in Resonanz bringt. Die neue Technik soll zerstreuten Anwendern helfen, die Welt um sie herum bewusster wahrzunehmen. Anscheinend funktioniert diese Methode besser, als „Ortho-Bionomy“, welches die Energethikerin laut Google früher praktiziert hat. Meine früheren Erfahrungen bestätigen sich: Esoteriker sind immer auf der Suche nach der nächsten, noch besseren Technik, die dann hoffentlich endlich funktioniert.
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