Fokus, Resonanz, Regeneration
Foto: Anna Kauk

 

Nach der theoretischen Einleitung folgen praktische Übungen. Zu wabernden kosmischen Klängen sollen wir uns – es war eigentlich abzusehen – eine „schöne Situation“ vorstellen, und zwar mit allen Sinnen. Danach sollen alle zusammen noch einen Zahlencode nachsprechen, den Frau Guggenberger angeblich „speziell für diesen Tag“ berechnet hat: 1… 2… 5… 4… 3… 8… 7… Wie wird das berechnet? „Das kann man lernen, es ist in Büchern genau beschrieben.“ In welchen Büchern? „Das sind Bücher über russische Heilmethoden: Grigoriy Grabovoy, Arkadiy Petrov.“ Ein kurzer Fact-Check bestätigt den Verdacht: es handelt sich um Betrüger. Grabovoy lässt nach eigener Aussage Tote auferstehen und hält sich für den reinkarnierten Jesus. Doch Frau Guggenberger will nichts von all dem wissen. Später wird mir klar, dass sie nicht die einzige Methodenvertreterin ist, die sich auf die „russischen Heiler“ beruft. Die „Russen“ scheinen auf dem Vormarsch zu sein.

Am darauffolgenden Tag zieht es mich wieder in den FORERE-Vortrag. Frau Guggenberger lässt sich nichts anmerken. Vielleicht erkennt sie mich auf die Entfernung nicht? Ich gebe allerdings auch keinen Anlass zur Beunruhigung: mache keine Fotos, stelle keine lästigen Zwischenfragen, selbst als der verlautbarte „tagesspezifische“ Zahlencode dem vom ersten Tag aufs Haar gleicht. Doch als ich zur Ablenkung mein Handy auspacke, geht sie blitzartig zum Angriff über: „Das Spielchen von gestern rennt nicht mehr!“ Sie und ihr Methoden-Partner Karl Haberler drohen mir mit Konsequenzen und wollen mich von Securities abführen lassen. Zu Beginn des Vortrags hatte es nämlich im Vergleich zum ersten Tag eine Neuerung gegeben: alle Handys mussten ausgeschaltet werden – wohl um keine „Gegenbeweise“ aus dem Internet liefern zu können. Später passt Herr Haberler mich auf dem Gelände ab und versucht, mich einzuschüchtern. Ich sei „ein Zerstörer“. Sollte ich es wagen, morgen noch einmal zum Vortrag zu kommen, würden die Securities schon auf mich warten, so der Methodenvertreter.

„Der heutige Zahlencode zur Rettung und harmonischen Entwicklung der Welt für alle Menschen lautet: 1254387.“ – stellvertretende Methodenvertreterin und Erfinderin von FORERE
Foto: Anna Kauk

 

Eine andere Methodenvertreterin erzählt von der bereits erwähnten Chinesischen Quantum Methode. Patricia Vahlerach, die persönliche Energethikerin von Fachgruppenobmann Gerhard Flenreiss, geht bei ihrem Vortrag gleich in medias res: wir sollen uns eine schöne und eine unangenehme Situation vorstellen und schauen, ob wir einen Unterschied feststellen können. Danach fragt sie in die Runde, ob jemand akut Schmerzen habe. Eine Dame hat Verspannungen im Nacken und eignet sich somit als Versuchsperson. Frau Vahlerach führt an dieser einen kinesiologischen Muskeltest vor, der im Grunde gar nichts mit CQM zu tun habe. Angeblich funktioniert der Test, weil sie – telepathisch – einen Gedanken an das zentrale Nervensystem der Frau schickt. Und ja, es ginge selbst ohne Berührung! Ich versuche, sie darauf festzunageln und die Versuchsbedingungen entsprechend abzuändern, um Faktoren wie verbale Suggestionen und Blickkontakt auszuschließen. Ab da funktioniert der Test nicht mehr und nicht einmal die Versuchsperson ist überzeugt. Frau Vahlerach bietet ihr dennoch an, „unten am Stand“ vertiefend zu arbeiten. Die Einladung wird angenommen. Am nächsten Tag spielt sich alles nach demselben Prinzip ab: wieder wird die Versuchsperson nach dem Vortrag zur Weiterbearbeitung mitgenommen. Später frage ich bei beiden nach: sie scheinen bekehrt zu sein.

Die Methoden, mit denen man auf Kundenfang geht, sind so ausgelegt, dass man – wenn nicht beim ersten, dann beim zweiten Versuch – tatsächlich etwas spüren könnte: einen subtilen Unterschied, ein Kribbeln, das einem ohne genaueres Hinsehen nicht aufgefallen wäre, etc. Kaum gibt man zu, etwas gespürt zu haben, wird man dafür gelobt und somit auf Mitarbeit konditioniert. Hat man nichts gespürt, sei das auch in Ordnung – gemeint ist vorläufig.

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Kommentare (15)

  1. #1 Stefan W.
    21. September 2012

    Am besten gefällt mir:

    eine „schöne Situation“ vorstellen, und zwar mit allen Sinnen.

    Sinne sind ja Meßgeräte, die der empirisch wahrnehmbaren Welt zugewandt sind: Geräuschen, farbigem Licht, Düften und Gestank, Berührungen, Änderungen des Gleichgewichts, Geschmack usw. – dagegen ist die Vorstellung ja genau das Gegenteil: die Abwendung vom sinnlich Erlebbaren und Hinwendung zur Phantasiewelt.

    Mit den Sinnen kann man sich grundsätztlich nichts vorstellen. Aber wenn das Publikum erstmal durchverblödet ist, dann kann es Suggestionen und Vorstellungen von Effekten viel eher für einen Effekt halten, man möchte esoterisch sagen: “derart sensibilisiert”. 😉

  2. #2 neuwalker
    21. September 2012

    “Deva-Essenzen – funktionieren wie Homoöopathie, nur anders”
    Eine andere Qualität von “gar nicht” – sehr aufschlussreich 😉

  3. #3 rolak
    21. September 2012

    Homöopathen potenzieren (üblicherweise) Stoffliches, weswegen sie von den Anthroposophen auch immmer wieder mal als ‘schnöde Materialisten’ abgekanzelt werden.
    Bei deva-stating ist derart Substantielles unnötig.

    Das geht wohl auch nur in der CAM: Ein Nichts unterbieten.

  4. #4 Barton Fink
    22. September 2012

    Pfa, bitte im nächsten Jahr einen Flashmob zum Ausbuhen organisieren, ich bin dabei!

  5. #5 LaMaisonDieu
    22. September 2012

    Schlimm, echt schlimm, was sich da abspielt. Da sind ja die traditionellen Esoteriker mit ihren Steinderln und Blümerln richtig harmlos dagegen.

    Übrigens: Die Wirtschaftskammer steht hinter jeder Gruppe, die ihnen hinreichend zahlende Mitglieder bringt, je mehr, desto strammer.

    Das ist bei der Sektion MLM-Vertrieb auch nicht anders.

  6. #6 KeinAnfang
    26. September 2012

    @Rolak

    Den werde ich mir merken.
    Der nächste Homöopath bekommt den vor den Bug geschossen.
    Obwohl, was ist denn an Licht der Venus materiell, oder an Vakuum. Naja velleicht lernen es die Homöopathen auch noch

  7. #7 Ingrid Reichel
    12. Oktober 2012

    Ausgezeichneter informativer Beitrag über die Messe! Danke liebe Anna für die Mühe!

  8. #8 Martin
    Der Verkauf von Eisenhut ist definitiv verboten
    18. Oktober 2012

    Daher bitte die Polizei einschalten.

  9. #9 Martin
    18. Oktober 2012

    Danach bitte eine Beschwerde bei der Wirtschaftskammer, wegen dem Eisenhut auf dem Foto. Entzug der Gewerbeberechtigung beantragen.

  10. #10 noch'n Flo
    Schoggiland
    18. Oktober 2012

    @ Martin:

    Wenn der Eisenhut verdünnt ist, dürfte das Verbot kaum greifen. In der Apotheke kannst Du ja auch Plutonium in homöopathischer Verdünnung kaufen.

  11. #11 Martin
    18. Oktober 2012

    Ich gehe davon aus, dass er nicht entsprechend verdünnt ist. Das muss die Polizei prüfen.

  12. #12 Martin
    18. Oktober 2012

    Interessant wäre auch von wo der herkommt. Da wurden entweder strengste Naturschutzbestimmungen missachtet oder es liegt überhaupt ein Zollvergehen vor, das Strafzahlungen in Millionenhöhe nach sich ziehen könnte.

  13. #13 Mani
    8. Januar 2014

    Na ja, dazu kann ich nur sagen, liebe Blogger, liebe Kommentatoren und all den unseriösen und verrückten Methodenvertretern: Gleich und Gleich gesellt sich gern…
    und wünsche Euch allen noch viel Spaß in Eurem Sumpf

  14. #14 noch'n Flo
    Schoggiland
    9. Januar 2014

    Gleich und Gleich gesellt sich gern…
    und wünsche Euch allen noch viel Spaß in Eurem Sumpf

    Stimme zu! Lasst uns dies allen Eso-Bescheissern zurufen.

  15. #15 Spritkopf
    9. Januar 2014

    @Mani

    verrückten Methodenvertretern

    Lustig, dass die Esos es als unseriös und als verrückte Methode ansehen, wenn ihre Behauptungen direkt nachgeprüft werden. Frau Kauks Beschreibung von der Security, die sie schon wegen eines eingeschalteten Handys abführen soll, weil sie Details zum in der Vorführung verzapften Schmarrn gleich online recherchieren wollte, machte mehr als deutlich, dass Esos und ihre Methoden das Tageslicht scheuen.

    Aber wenn man wie anscheinend Mani selber im Esosumpf drinsteckt, dann fällt einem dergleichen nicht mehr auf. Bzw. man wendet gleichfalls Methoden an, die man nicht von Leuten mit naturwissenschaftlichem Hintergrund durchleuchtet sehen will. Man(i) ist schon so in seinem täglichen Beschiss drin, dass diejenigen, die diesen aufdecken könnten, das Feindbild sind. Nicht wahr, Mani?