Nun, um das zu beurteilen, dazu sollte man zumindest unsere offizielle Würdigung des Werks des Preisträgers gelesen haben. Falls Frau Reiter das getan hat, dann sieht sie jedenfalls großzügig darüber hinweg. Kein Wort zur Anstellung eines Astrologen als Gastprofessor an Walachs Institut. Kein Wort zur Kooperation mit dem esoterischen Ärzteverein, der einen inzwischen als Betrüger verurteilten Scharlatan hofierte. Kein Wort zu den geplanten und erst nach öffentlicher Kritik wieder abgesagten Lehraufträgen für einen weiteren Astrologen und eine Wünschelrutengängerin. Auch der von Walach verantwortete Masterstudiengang, in dem genau jene Paramedizin gelehrt wird, die der Globulihersteller Heel verkauft; Walachs von Heel bezahlte Stiftungsprofessur und seine Unterstützung eines von Heel gesponserten Homöopathie-Lobbyisten sind für Frau Reiter kein Thema. Stattdessen kapriziert sie sich auf die esoterische Masterarbeit über das Hellsehen mittels sogenannter Kozyrev-Spiegeln, die Walach approbiert und als hervorragend gelobt hatte. Diese, so Reiter, hätte “erwartungsgemäß keinen Hinweis auf außersinnliche Wahrnehmung” ergeben. Das ist – gelinde gesagt – merkwürdig, denn der Autor der Masterarbeit schreibt genau das Gegenteil.
Die Brandenburgische Hochschulstrukturkommission, die einstimmig die Auflösung von Walachs Institut und Studiengang empfahl, müsse von Skeptikern unterwandert sein, meint Frau Reiter, und ebenso die Süddeutsche, der Spiegel, die ZEIT und überhaupt alle Kritiker des unschuldigen Herrn Professors. “Die Dummheit ist ansteckend” konstatiert sie, und beleidigt damit nicht nur die Wiener Skeptiker, sondern auch die Mitglieder der Hochschulstrukturkommission und die Journalisten der deutschen Leitmedien. So viele starke Worte und so sehr am Kern der Sache vorbei, das macht stutzig. Tatsächlich kann man hier die Ausläufer eines Prozesses beobachten, der schon seit der ersten öffentlichen Kritik an Walachs Wirken vor über zwei Jahren im Gange ist. Es handelt sich um den verbissenen Versuch der Verschleierung des gigantischen Humbugs, der hier auf akademischem Boden produziert wurde. Das begann mit einer Flut von Gegendarstellungen des Heel-gesponserten Walach und seiner Mitarbeitern und setzt sich dieser Tage auf einem Blog des oben erwähnten Heel-gesponserten Homöopathie-Lobbyisten fort, der jene Journalisten, die es gewagt hatten, über die Verleihung des Goldenen Bretts zu berichten, namentlich nennt und als “Depperl” und “Idioten” verunglimpft. Dazwischen steht eine – erfolglose – Verleumdungsklage, die Walach gegen den Autor dieser Zeilen angestrengt hat.
Freilich, was hier verschleiert werden soll, ist derart grotesker pseudowissenschaftlicher Unsinn, dass er einen ganzen goldenen Bretterstapel verdient hätte. Wenn Frau Reiter im letzten Standard-Album eine Seite vor ihren Artikel zurückblättert, so findet sie dort eine großartige Reportage von Andrea Roedig über die Esoterik als Massenphänomen im Alltag. Die Autorin beobachtet abschließend, dass die Vokabel “Vernunft” auf der “Liste der meistzitierten Worte ziemlich weit nach unten gerutscht” sei. Wie recht sie damit hat.
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