Höchst verdächtig! Lüdtke und Rutten haben Shang also quasi mit dem rauchenden Colt in der Hand erwischt – nur eine einzige Studie mehr, und die Metaanalyse wäre für die Homöopathie positiv ausgegangen!
Diese Botschaft zu verkünden, hält Walach offenbar für wichtig. Er wiederholt sie in seinem “Grußwort zum Abschied” an Lüdtke anlässlich dessen Ausscheidens aus der Carstens-Stiftung, wo er über Lüdtkes Reanalyse schreibt:
Diese ergibt, dass dann, wenn man mehr Studien in die Analyse einschließt, als dies Shang und Kollegen getan haben, eine signifikante Überlegenheit von Homöopathie gegenüber Placebo festzustellen ist. Damit zeigte sich, dass die viel beschworene angeblich nachgewiesene Unwirksamkeit von Homöopathie, auf die sich Kritiker gerne stützen, alles andere als nachgewiesen und klar ist.
Und auch in Walachs Klage über angebliche “Journalistische Piraterie” darf der Hinweis auf die von arglistigen Journalisten bewusst unterdrückte Wahrheit nicht fehlen, die Lüdtke und Ruttens Reanalyse ans Tageslicht befördert habe:
Die neue Analyse zeigte: wenn man nicht, wie die Autoren der originalen Analyse, beschliesst, nur acht von allen Studien aufzunehmen, sondern, was man genauso gut tun kann, 9, 10, 11, 12 oder mehr – denn kein kosmisches Gesetz sagt, dass man nur die acht besten von 200 Studien in eine Meta-Analyse einschliessen soll – , dann sieht man erstaunlicher Weise: bei 9, bei 10, bei 11 und mehr Studien zeigt sich Homöopathie Placebo überlegen. Interessant, oder?
So bedeutend ist dieses Resultat, dass Walach es – in leicht gekürzter Form – auch auf seiner eigenen Webseite nocheinmal wiederholt, diesmal fett gedruckt:
Die neue Analyse zeigte: wenn man nicht, wie die Autoren der originalen Analyse, beschliesst, nur acht von allen Studien aufzunehmen, sondern, was man genauso gut tun kann, 9, 10, 11, 12 oder mehr – dann sieht man erstaunlicher Weise: bei 9, bei 10, bei 11 und mehr Studien zeigt sich Homöopathie Placebo überlegen.
Interessant, oder?
Interessant, gewiss – wenn es denn wahr wäre. Leider aber ist Walachs Frohbotschaft nichts als ein frommes Märchen.
Überprüfen wir doch einfach einmal Walachs Behauptung. Dazu nehmen wir die Reanalyse von Lüdtke und Rutten zur Hand, die im Netz im Volltext verfügbar ist. Dann blättern wir zur Seite 3, wo wir rechts unten die Abbildung 2 finden. Diese zeigt die Odds-Ratios (ORs) der Metaanalyse in Abhängigkeit von der Anzahl der eingeschlossenen hochqualitativen Studien, die von der größten bis zur kleinsten geordnet sind. Die senkrechten Striche geben das Konfidenzintervall an, und nur wenn dieses Konfidenzintervall zur Gänze unterhalb der waagrechten Linie (OR = 1) liegt, hat man ein für die Homöopathie positives Resultat. Ist das der Fall für Walachs “9, 10, 11, 12” eingeschlossene Studien? Um Herrn Walach die Suche zu erleichtern, habe ich die Konfidenzintervalle dieser vier Varianten rot markiert:
Sieht nicht so aus als wären diese Konfidenzintervalle unterhalb der OR = 1 Linie, oder? Doch vielleicht ist ja nur die Abbildung zu ungenau, vertrauen wir lieber auf das gedruckte Wort! Dieses findet sich in der Arbeit direkt oberhalb der Abbildung 2 und lautet:
As can be taken from Fig. 2, the OR slightly increased, and the respective confidence intervals broadened if fewer trials were included. The highest OR (1.02) was found for only 2 included studies (corresponding to a threshold of N=400), followed by 5 (OR=0.91, threshold at N=162) and 8 included trials (OR=0.88, threshold at N=98). If 14 or more trials were included (threshold at N=69), the OR was always significant (with one exception at 17 trials and a threshold at N=50).
Im Klartext: Um ein für die Homöopathie positives Ergebnis zu erreichen, müsste man mindestens 14 Studien in die Metaanalyse einschließen. Nicht 9, wie Walach zu behaupten beliebt, auch nicht 10, und nicht 11 oder 12, sondern 14. Das heißt, zu den 8 großen Studien müsste man mindestens 6 kleinere Studien dazumischen, bevor das OR wegen des small study bias signifikant wird.
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