Vorhin habe etwas über den nicht immer ganz ernst zu nehmenden Ernst der Wissenschaft geschrieben. Dazu gehört eigentlich auch die unendliche Geschichte mit dem Kozyrev-Spiegel, jenem Aluminiumkessel, der das Unmögliche möglich macht und der vielleicht auch einmal Eingang in ein Buch mit dem Titel „Irrwitziges aus der Wissenschaft“ findet.
Am 24. Februar hat Herr Walach, der Leiter des Instituts für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften (INTRAG) an der Viadrina in Frankfurt/Oder, der in Blogbeiträgen hier auf scienceblogs immer wieder einmal „zu Gast“ ist, einen offenen Brief an den Journalisten Bernd Kramer online gestellt. Die beiden waren im Zusammenhang mit den Esoterikvorwürfen gegenüber dem INTRAG aneinander geraten und Kramer hatte nun, so ist dem offenen Brief zu entnehmen, im Zusammenhang mit einer Recherche für einen taz-Artikel einige Fragen an Walach gestellt. Die Antworten sind sehr interessant und zwei Auszüge daraus seien hier dokumentiert.
Zum Zusammenhang der Auseinandersetzungen um die Masterarbeit mit der Empfehlung der Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg, das Frankfurter Institut nicht als universitäres Institut weiterzuführen, heißt es:
“Die Empfehlung der Kommission und die Entrüstung der Blogs über die Masterarbeit – die im Übrigen schon Monate zuvor öffentlich verfügbar war – hatten nichts miteinander zu tun. Es handelte sich entweder um eine rein zufällige Gleichzeitigkeit, oder gar um eine geschickte Platzierung eines medialen Sturms der Entrüstung mit dem Ziel, der Entscheidung der Kommission gegen unsere Arbeit zusätzlichen Rückenwind zu geben.“
Und zur Entscheidung der Viadrina, dieser Empfehlung nicht zu folgen, sondern das Institut in einer Kooperation mit einer medizinischen Fakultät weiterzuführen, heißt es:
“Aus welchen Erwägungen heraus trifft eine Universität eine Entscheidung? Sie kam zustande, weil die Fakultät nach sorgfältiger Prüfung gefunden hat, dass wir gute Arbeit machen. Unser Studiengang ist gut nachgefragt und akkreditiert. Wir erhalten sehr gute Evaluationsbewertungen sowohl von unseren Studierenden als auch von unseren Abgängern, nachzulesen auf unserer Institutsseite. Unsere Masterarbeiten und die damit verbundenen Gutachten die auch von der Kommission geprüft wurden sind gut bzw. wenn sie nicht so gut sind, dann sind auch die Gutachten entsprechend. Und unsere wissenschaftliche Arbeit ist solide, und unsere Produktivität hoch.“
Zu dieser soliden wissenschaftlichen Arbeit gehört aus der Sicht Walachs offenkundig auch die berühmte Masterarbeit zum Kozyrev-Spiegel: „Diese Arbeit ist übrigens mittlerweile mitsamt Peer Reviews publiziert“. Genauer müsste man wohl sagen, dass ihre stark bearbeitete Fassung mit Prof. Schmidt als Erstautor publiziert ist, in einem „open peer review“-Verfahren, bei dem sich die Lektüre der Gutachten in der Tat lohnt. Irrwitziges aus der Wissenschaft eben. Dass die Viadrina und das INTRAG den Warnschuss vernommen haben und sich in Zukunft tatsächlich um solide wissenschaftliche Arbeit bemühen – es wäre fast zu schön, um wahr zu sein.
Nachtrag: Für einen Moment dachte ich, die Skeptiker-Gesellschaft GWUP sei mir wieder einmal zuvorgekommen und hätte das längst kommentiert: https://gwup-skeptiker.blogspot.de/2013/02/rote-karte-fur-bernd-kramer-journalist.html. Aber das ist nur die skeptikerkritische Seite „GWUP-Watch“. Die wussten aufgrund eigener Experimente mit dem Kozyrev-Spiegel sicher sogar schon vor Walach von diesem offenen Brief.
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