Das bessere homöopathische Placebo
Am Schluss seines Papers schlägt Almirantis eine kleine Veränderung in der Auswahl homöopathischer Placebos vor. Stand der Technik ist heute die Herstellung eines homöopathischen Scheinmedikaments entsprechend aller homöopathischen Vorschriften, mit aufeinanderfolgendem Verdünnen und Schütteln, nur ohne Urtinktur. Solche „leeren“ Arzneien möchte Almirantis durch willkürlich aus einem großen Pool ausgewählte, für den betroffenen Patienten also falsche homöopathische Präparate ersetzen. Mit dem Einsatz solcher „quasi-Placebos“ würde die Reproduzierbarkeit des Versuchsdesigns etwas gelockert. Aus Sicht von Skeptikern, die nach kausalen oder materiellen Ursachen suchen bzw. alle homöopathischen Hochpotenzen für prinzipiell ununterscheidbar halten, dürften die Versuchsergebnisse sich dadurch nicht ändern.
Auch aus homöopathischer Sicht sind die falschen Arzneien Placebos, da sie zufällig ausgesucht wurden und nicht zum Symptombild des Patienten passen. Sicherheitshalber könnten aber „sehr spezifische, potentiell gefährliche“ Mittel aus dem Pool ausgeschlossen werden.
Almirantis‘ Ziel ist es, placebokontrollierte Studien weniger wiederholbar zu machen. „Flüchtige Effekte“, die mit der schwachen Quantentheorie in Verbindung gebracht werden, sträuben sich nämlich gegen kontrollierte Beobachtung oder die immer gleiche Wiederholung eines Versuchs. Sie treten nur auf, wenn die Randbedingungen einen gewissen Neuigkeitswert haben oder die Kontrollen nicht zu streng sind. Auch das scheue Psi gehört nach von Lucadou in diese Kategorie. Wenn zu intensiv nach einer bestimmten Manifestation gesucht wird, macht es sich rar oder tritt an anderer Stelle überraschend auf (3). Almirantis erwartet daher in RCTs, die seine Anregung umsetzen, erstmals höhere Erfolgsraten für die Homöopathie- als für die quasi-Placebo-Gruppe – „sofern nichtlokale Faktoren eine wichtige Rolle bei der homöopathischen Heilung spielen“.
Zusammenfassung
Man kann Almirantis‘ gut geschriebene Arbeit auch ohne Kenntnis der Quantenmechanik mit einigem Gewinn lesen. Sie bietet interessante Einsichten in die Denkweise der Homöopathie, für Zyniker vielleicht auch einige schreiend komische Momente. Aber haben wir es hier mit dem praktisch durchführbaren Vorschlag eines Experimentes zu tun, mit dem nichtlokale Erklärungsansätze der Homöopathie experimentell geprüft werden könnten?
Almirantis versucht nicht, so präzise zu argumentieren wie Beauvais, dadurch macht er sich weniger angreifbar. Wenn in meiner Zusammenfassung nicht ersichtlich wurde, wie er zu seinem Vorschlag gekommen ist, falsche Homöopathika als Placebo zu verwenden… dann liegt es daran, dass auch in der vollständigen Arbeit entsprechende Hinweise fehlen. Das Herzstück seines Papers fällt im letzten Absatz aus heiterem Himmel.
Es besteht kein Zweifel daran, dass sowohl Almirantis‘ wie auch Beauvais‘ Vorschläge praktisch umgesetzt werden könnten. Nur ist in beiden Fällen die Verbindung zwischen Verallgemeinerter Quantentheorie, dem darauf basierenden Homöopathie-Modell und dem veränderten Studienprotokoll so vage, dass eventuelle Ergebnisse – ob positiv oder negativ – zu fast jeder Hypothese passen sollten.
Dem Anspruch, die Verbindung zwischen schwacher Quantentheorie und Homöopathie mit überprüfbaren Vorhersagen zu ergänzen und so die wissenschaftlichkeit des Ansatzes zu stärken, werden beide Vorschläge nicht gerecht. Sie sind zwar praktikabel und überprüfbar, aber bei näherer Betrachtung erweist sich ihre Verbindung zur Ausgangshypothese als ähnlich solide wie ein Kartenhaus.
Literatur
(1) Y. Almirantis: Homeopathy – between tradition and modern science: remedies as carriers of significance, Homeopathy 102:114-122, 2013
(2) H. Walach: Magic of Signs: A Nonlocal Interpreation of Homeopathy, Journal of Scientific Exploration 13(2):291-315, 1999
(3) W. von Lucadou, H. Römer and H. Walach: Synchronistic Phenomena as Entanglement Correlations in Generalized Quantum Theory, Journal of Consciousness Studies 14(4):50-74, 2007
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