Ein drittes Motiv bildete der Verlust des Bezuges zur Natur, an der die moderne Gesellschaft im Vergleich zu unseren Vorfahren vor Jahrhunderten und Jahrtausenden leidet, und damit verbunden ein Verlust an Verantwortung und Wertschätzung für die Natur. Dies war garniert mit einer mehr oder weniger deutlichen Gesellschaftskritik, an der das eine oder andere richtig sein mag, aber man fragt sich: Was hat das mit dem Thema Sternzeichen zu tun?
Neben diesen Motiven stachen vor allem die vielen meist haarsträubenden Analogien ins Auge, die im Vortrag mit dem lapidaren Hinweis „Wie im Großen, so im Kleinen“ präsentiert wurden. Laut Vortragendem gibt es eine Analogie zwischen dem Rhythmus von Tag und Nacht, den Jahreszeiten, dem menschlichen Pulsschlag, und dem Rhythmus der Sternentstehung. Wo hier eine Analogie zu erkennen ist, außer dass es sich um mehr oder weniger zyklisch wiederkehrende Ereignisse handelt, ist nicht erkennbar. In Linz durfte natürlich Keplers „Harmonices Mundi“ nicht fehlen, in der er eine Analogie zwischen den Planetenbahnen und den Tönen der Musik suchte, ein Unternehmen, das trotz der Verdienste Keplers zum Scheitern verurteilt war. Es wurde eine Analogie gezogen zwischen den Spiralen eines Schneckenhauses, eines Hurrikans und einer Spiralgalaxie. Es ist erstaunlich genug, dass in ihren Konstruktionen jeweils die Fibonacci-Zahlen zu finden sind, es ist aber auch klar, dass die physikalischen Gesetze und Kräfte, die jeweils am Werk sind, völlig andere sind. Eine weitere, besonders haarsträubende Analogie wurde zwischen den Strukturen in einer kosmologischen Computer-simulation („Cosmic Web“) und der Struktur eines Neurons im menschlichen Gehirn gezogen. Abgesehen davon, dass wir alles andere als sicher sein können, dass diese kosmologischen Simulationen richtig sind, da sie auf sehr vielen Annahmen und Vereinfachungen basieren und eine beobachtungsseitige Bestätigung noch in Arbeit ist, war hier auch die Behauptung falsch, dass ein menschliches Neuron „nur ein paar Nanometer“ groß sei. Schon ein kurzer Blick in Wikipedia zeigt, dass menschliche Neuronen eine Größe von zumindest einigen Mikrometern haben. Von einem Mediziner kann man durchaus verlangen, das zu wissen, oder zumindest sauber zu recherchieren.
Es wurden seltsame Querverbindungen zwischen den Ägyptern, die die Sonne zum obersten Gott erhoben hatten, der Himmelsscheibe von Nebra und Stonehenge gezogen. Swastika wurden als Sonnensymbole an Buddhastatuen und an den Wänden der Grabeskirche von Jesus präsentiert. Der Zusammenhang hier? Die Beobachtung und Verehrung der Natur, was sonst! Die Herkunft des Sonnensymbols, eines Kreises mit einem Punkt in der Mitte (⊙), kommt angeblich von der Analogie zwischen der Sonne (Punkt), die vom sphärischen „termination shock“ des Sonnenwindes (Kreis) umgeben ist. Diese Heliosphäre, von der der termination shock ein Teil ist, stellt angeblich den von Giordano Bruno postulierten „Einflussbereich“ der Sonne und anderer Sterne dar, nicht wissend (oder ignorierend), dass die Oortsche Kometenwolke der Sonne ein Vielfaches größer als die Heliosphäre ist.
Den Vogel abgeschossen hat der Vortragende aber mit jener Analogie, die er zwischen dem Widder-Symbol, in dem die Hörner eine Art sich aufweitendes V bilden, und der Armhaltung des österreischischen Apnoetauchers Herbert Nitsch beim Auftauchen sah. Damit musste der Widdergeborene (Geburtsdatum 20.4.!) quasi Apnoetaucher werden! Dass es mit Sicherheit auch Taucher mit Sternzeichen Löwe oder Skorpion gibt, fand keine Erwähnung.
Ich komme nicht umhin, auch faktisch falsche Darstellungen, fragwürdige Behauptungen und Zirkelschlüsse aufzuzählen. Ein nicht zu verzeihender Fehler ist die Verwechslung von Sternzeichen, auch Tierkreiszeichen genannt, von denen es nur zwölf entlang der Ekliptik gibt, und Sternbildern, von denen es insgesamt 88 gibt. Einem Astronomen tut es im Herzen weh wenn er hört, dass die Andromeda, der Große Bär und der Kleine Bär (bzw. Großer Wagen und Kleiner Wagen) Sternzeichen seien.
Der Vortragende sprach von einer Pyramide in Äypten, die wesentlich älter als alle anderen sei. Nun, eine muss die älteste sein, dass es aber eine gibt, die wesentlich älter als alle anderen ist, davon ist mir nichts bekannt. Weiters behauptete er, dass Menschen in der modernen Zivilisation im Durchschnitt nur mehr 1% der Tageszeit im Freien verbrächten. Ein Prozent von 24 Stunden wären knapp 14,5 Minuten, ein unplausibel niedriger Wert. Wenn man unter „Tageszeit“ nur die Zeit versteht, die die Sonne über dem Horizont steht, wird es noch unglaubhafter.
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