Claus Fritzsche, über lange Jahre hinweg wohl der vehementeste und schärfste Kritiker der GWUP, hat sich, wie sein langjähriger Bekannter Harald Walach berichtet, am 14. Jänner das Leben genommen. Reaktionen dazu gibt es von den Ruhrbaronen, von Julitschka, im Ratgeber-News-Blog und auf dem Blog Quantenhomöopathie.
Claus Fritzsche war studierter Betriebswirt und freiberuflicher PR-Texter für die Industrie. Nach positiven persönlichen Erfahrungen mit der Alternativmedizin wandte er sich verstärkt diesem Gebiet zu. Vor nicht ganz zehn Jahren begannen seine Angriffe auf im Web präsente Kritiker der Alternativmedizin auf seiner Webseite psychophysik.com und seinem Blog “Birne Helene”. 2006 startete er seinen homöopathiefreundlichen H.Blog und in weiterer Folge auch seine persönlichen Attacken gegen Edzard Ernst und aktive Mitglieder der GWUP, die er später auf alle “dogmatischen Skeptiker”, wie er sie nannte, ausweitete. Durch weitere, parallel geführte Blogs wie GWUP.WATCH, Promed.Watch und Webseiten wie EselWatch und Esowatch.ORG, die sich ständig gegenseitig verlinkten und zitierten, erreichte er, dass die Namen seiner Zielobjekte in Verbindung mit seinen Schmähungen in den Suchresultaten von Google weit oben erschienen. Eine Praxis, auf die er mitunter regelrecht stolz hinwies und die er auch offen als Drohung benutzte.
Nach der Gründung des esoterikkritischen Wikis Psiram (damals noch EsoWatch) 2007, das auch Fritzsche einen Eintrag widmete, richtete dieser seine Kritik verstärkt gegen die anonymen Betreiber dieser Webseite. Als im Netz eine gefälschte Homepage auftauchte, auf der Fritzsche sich als schwul outete, rechnete er die Urheber der geschmacklosen Fälschung der Skeptikerszene zu. Hinter Psiram vermutete er eine Art militanten Arm der GWUP und mich selbst hielt er eine Zeit lang für einen der Kernautoren des in seinen Augen “verleumderischen” und “kriminellen” Wikis. (Meine historischen Psiram-Beiträge summieren sich auf etwa vier Zeilen.) In den nächsten Jahren war es Fritzsches Bestreben, nicht nur Psiram bzw. dessen mutmaßliche Betreiber zu enttarnen und vor Gericht zu zerren, sondern auch, Blogger und Journalisten zu kriminalisieren, die in ihren Beiträgen auf Psiram verlinkten.
Nachdem Claus Fritzsche 2009 die Redaktion des Neuraltherapie-Blogs und 2010 die des DZVhÄ-Blogs übernommen hatte, bezeichnete er sich als Medizinjournalist und bemühte sich verstärkt um Seriosität und Sachlichkeit. Auf seinem eigenen, 2011 gegründeten und von der Homöopathie-Industrie gesponserten Blogprojekt namens CAM Media.Watch wollte er Medienberichte über Alternativmedizin “kritisch begleiten”, fiel jedoch stellenweise wieder in alte Muster zurück und diffamierte einzelne Journalisten, die er als den “fundamentalistischen Atheisten” der Skeptikerbewegung nahestehend bewertete. Eine harsche Kritk an Max Rauner, der im Magazin ZEIT-Wissen ein in Fritzsches Augen allzu positives Porträt von Edzard Ernst gezeichnet hatte, führte im Frühjahr 2012 zu einem Kommentar-Geplänkel mit dem Journalisten Jens Lubbadeh, den Fritzsche schließlich mit einem eigenen Beitrag bedachte, worin er ihn verdächtigte, dem Psiram-Team nahe zu stehen. Jens Lubbadeh machte wenig später Fritzsches “schmutzige Methoden” in einem Artikel in der SZ öffentlich und thematisierte dabei auch dessen Sponsoring durch homöopathische Arzneimittelfirmen. Diese beendeten ihre Kooperation mit Fritzsche daraufhin bzw. ließen sie mit Jahresende auslaufen. 2013 stellte Fritzsche seine Angriffe auf Skeptiker und die, die er dafür hielt, großteils ein und fokussierte seine publizistischen Aktivitäten auf massive Kritik an dem Spiegel-Journalisten Markus Grill, wofür er weitere Watchblogs gründete. Sein letzter Eintrag stammt vom 10. Jänner 2014.
Hier auf Kritisch gedacht haben wir Fritzsches Aktivitäten anfangs kritisiert, später großteils ignoriert oder uns über seine zeitweise paranoid anmutenden Unterstellungen lustig gemacht. Doch seine jahrelange Fehde gegen die Vertreter des “dogmatischen Skeptizismus” war nicht wirklich zum Lachen. Sie hat auf beiden Seiten Leid hervorgerufen. Fritzsches mitunter an Cyberstalking grenzenden Methoden hatten bei einem seiner Opfer einen (glücklicherweise glimpflich ausgegangenen) Herzinfarkt zur Folge. Fritzsche selbst wurde mehrfach anonym und tief unter der Gürtellinie attackiert.
Ob der Zusammenbruch seiner wirtschaftlichen Existenz wirklich der Grund oder zumindest der Auslöser seines Freitodes war, wie es zumindest Harald Walach mutmaßt, wissen wir nicht. Tragisch ist ein solches Ende auf alle Fälle. Mein Mitgefühl gilt Claus Fritzsches Angehörigen und seinen Freunden.
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