Es war ein deutliches Zeichen, dass die Skeptiker-Bewegung Esoterik-Firmen Respekt einflößt. Einige wenige kritische E-Mails von Skeptikern an die Bäckerei Mann, die unter dem Slogan „Der Mann, der informiert“ damit wirbt, mit „Grander-Wasser“ zu backen, haben dazu geführt, dass zwei Vertreter der GkD im August zu einer Art Aussprache in die Firma Mann eingeladen wurden. Dort erwartete sie eine Überraschung.
Ein Gastbeitrag von Stefan Uttenthaler und Christoph Baumgarten
Unsere Erwartung war, dass neben dem Leiter des Bereichs Vertrieb und Marketing, Christian Reichinger, wahrscheinlich einige andere Damen und Herren der Bäckerei Mann an dem Gespräch teilnehmen würden, etwa jemand aus dem Bereich der Produktionsleitung, und dass das Gespräch hauptsächlich aus einer Führung durch die Produktionsanlagen mit ein wenig Marketing-Blabla und – im Idealfall – einer offenen und ehrlichen Diskussion bestehen würde. Es kam etwas anders.
Dass Christian Reichinger da war – vollkommen klar. Auch, dass jemand von der PR da sein würde, war nicht das große Thema. In dem Fall von einer externen Firma, gleich in Person von deren Chef Josef Kalina, dem ehemaligen Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Von der Firma Mann war sonst niemand da. Umso zahlreicher – und völlig unangekündigt – war die Firma Grander vertreten. Die war drei Mann hoch extra aus Tirol angereist, unter der Leitung von Johann Grander junior höchstpersönlich. Das hatten wir nun doch nicht erwartet. So etwas ändert das Gesprächsklima radikal und sollte fairerweise vorher abgesprochen werden.
Der Illy-Kaffee, den man uns servierte, war mit Granderwasser gemacht worden, das in der Zentrale der Firma Mann aus allen Leitungen fließt. Ohne abschätzig sein zu wollen – dem Geschmack nach zu urteilen widerlegte der Kaffee jedenfalls sofort den Mythos, dass die Wundertechnologie das Wasser weicher machen würde. Die Espresso-Maschine gehörte dringend entkalkt.
Marketing-Chef Reichinger schien restlos überzeugt von Granderwasser zu sein, wie er auf Nachfrage von Stefan Uttenthaler bekannt gab. Der Brunnen veralge nicht mehr und das Wasser in den Heizungsrohren sei viel sauberer als früher. Man könnte es wahrscheinlich trinken, wenn man wolle. Und das alles, seitdem man im Jahr 2004 die Grander-Anlage eingebaut habe.
Freilich könnte es aus Skeptikersicht auch daran liegen, dass man 2004 nicht nur eine Grander-Anlage um 3200 Euro einbauen hat lassen. Das ganze Werk wurde um 28 Millionen Euro an einem neuen Standort im 23. Wiener Gemeindebezirk mit dem neuesten Stand der Technik aus dem Boden gestampft, neue Wasserrohre inklusive. Auch der Standort des Brunnens wurde verlegt. Dass da einiges besser läuft als im aufgegebenen Werk, das doch schon etwas in die Jahre gekommen war, sollte eigentlich wenig überraschen.
Auch Firmeneigentümer Kurt Mann schwört auf Granderwasser, hören wir. Er habe eine Anlage zuhause eingebaut. Dass der „Mann“ darauf hinweist, dass man mit Granderwasser bäckt, ist für Reichinger ein Zeichen von Transparenz. Man wolle die Kunden darauf hinweisen, was alles in den Produkten drin ist. Marketinginteressen seien nicht vorrangig. Die Anlage habe auch nur etwa 3.200 Euro gekostet.
Eine sicher nicht unerwünschte Nebenwirkung hat die Mann’sche Transparenzoffensive für die Firma Grander. Die erreicht mit der „Informationskampagne“ der Bäckereikette kostenlos hunderttausende Kunden in Wien und Umgebung. Was auch ihr Interesse daran erklären mag, bei diesem Termin gleich mit drei Vertretern zugegen zu sein.
Breiten Raum nahm die Diskussion über eine Diplomarbeit ein, von der die Grander-Herrschaften einen Ausdruck für Reichinger mitgebracht hatten und in die wir auch einen kurzen Blick werfen durften. Es handelt sich um die Diplomarbeit von Katrin Zunkovic, die 2007 an der Universität Graz im Fach Umweltsystemwissenschaften zum Thema „Wasserbelebung am Beispiel Grander-Technologie: Eine empirische Erhebung unter industriellen Anwendern“ abgefasst wurde. Über diese Arbeit, die laut Grander-Werbung eine Art wissenschaftlicher Beleg für die wirtschaftlichen Vorteile der „Wasserbelebung“ darstellen soll, hatte Ulrich Berger an dieser Stelle bereits 2011 angemerkt: „Eine simple Fragebogenstudie, die mit pseudowissenschaftlichem Quatsch angereichert ist.“
Die Diplomarbeit der mittlerweile völlig ins Esoterik-Milieu abgedrifteten Autorin ist eine Fragebogenstudie mit 32 Industriebetrieben, die Fragen zur Zufriedenheit mit der Granderanlage, zur Entwicklung der wirtschaftlichen Kennzahlen vor und nach dem Einbau, zur Amortisierungszeit der Anlage, etc., beantworten sollten. Die Vollversion der Diplomarbeit kann käuflich erworben werden, einen guten Vorgeschmack auf die Arbeit bekommt man auch frei zugänglich. Diese Vorschau zeigt bereits deutlich, dass die Arbeit eine Unzahl an methodischen Mängeln aufweist und man sich eigentlich nur wundern kann, dass so ein Konvolut als Diplomarbeit an einer österreichischen Universität durchgehen kann.
Wir kamen nicht umhin, den anwesenden Herren deutlich zu machen, dass diese Arbeit lächerlich und völlig ungeeignet ist, auch nur ansatzweise als Beleg für die behaupteten Wirkungen von Granderwasser zu dienen. Es wäre, als würde man die Wirkung eines Medikaments anhand der Entwicklung des Einkommens von Probanden belegen wollen. Die behaupteten Einsparungen im Einsatz von Chemikalien und somit die wirtschaftlichen Vorteile, von denen sich Reichinger angetan zeigte und die für ihn wesentlich mehr gelten als die ganzen „theoretischen Studien“ (Zitat Reichinger), die über das Granderwasser gemacht wurden, sind wohl kaum auf den Einsatz von Granderwasser zurückzuführen. Christoph Baumgarten versuchte den Herren klar zu machen, dass es in jedem Industriebetrieb Einsparungspotential im Bereich von einigen Prozenten gibt. Da man beim Kauf einer Granderanlage genau auf solche Effekte schaue und mit Sicherheit wesentlich bewusster mit den diversen Wasserkreisläufen in der Firma umgehe, sei es wenig überraschend, dass man dieses Potential schnell ausschöpfe. Jetzt auf einmal täte man überhaupt etwas. Ein Beweis für die Grandertechnologie ist das keineswegs.
Die Vertreter von Grander versuchten dem entgegenzuhalten, dass Firmen wie Magna und KTM, die angeblich zu den Grander-Anwendern zählen, so gut durchorganisiert sind, dass es ein solches Einsparungspotential nicht gäbe. Mangels tieferer Einblicke in die Strukturen und Bilanzen dieser Unternehmen musste hier Argument gegen Argument stehen bleiben. Mit Sicherheit jedoch gibt es beim Einsatz von Chemikalien in der Industrieproduktion immer eine Bandbreite von Dosierungen, die zu einem akzeptablen Ergebnis führen. Bewegt man sich von der Mitte zum unteren Rand des Bandes, erzielt man selbstverständlich Einsparungen, ohne dass es merkbare negative Auswirkungen in den Ergebnissen der Produktion gäbe. Die Wäsche in der Waschmaschine wird ja auch noch ganz tadellos sauber, wenn man 10% oder 20% weniger Waschpulver verwendet, als auf der Packung empfohlen wird. In erster Linie fehlt der Studie eine Kontrollgruppe, der Täuschung und Selbsttäuschung sind somit Tür und Tor geöffnet, die Ergebnisse der Diplomarbeit alles andere als belastbar.
Dann wurde der Ton in der Gesprächsrunde etwas rauer, da die Vertreter von Grander uns Skeptikern vorwarfen, wir würden Firmen „schädigen“, ja sie sogar „verfolgen“. Diesen Vorwurf wiesen wir umgehend zurück. Als Skeptiker bzw. Mitglieder der GkD und GWUP setzen wir uns für Aufklärung und gegen Pseudowissenschaft und Esoterik ein. Manche Firmen machen eben mit esoterischem Unfug Geschäfte, wir versuchen nichts weiter, als Konsumenten zu schützen und vor solchem Nepp zu warnen. Im aktuellen Fall war der Vorwurf besonders absurd: Tatsächlich hatte die Firma Mann ganze zwölf E-Mails im Zusammenhang mit dieser Causa bekommen, der dadurch verursachte „Schaden“ dürfte sich deutlich in Grenzen halten.
Schließlich wiesen wir noch darauf hin, dass wir auch mit anderen Firmen kritisch umgehen. Das zeigt z.B. die Nominierung von Spar für das Goldene Brett 2013 (für den Verkauf von Granderwasser in ihrem Sortiment) oder die Geschichte um Sonnentor, wo es der Skeptikerbewegung gelang, die Firma vom Durchstreichen des Barcodes auf Verpackungen (da dieser angeblich das Produkt mit „negativen Energien auflade“) abzubringen. In diesem Zusammenhang hielten wir auch fest, dass zu viel Esoterik keiner Firma gut tut, weil damit viele rational denkende Kunden vergrault werden. Das gilt nicht nur für die Firma Sonnentor, sondern auch für die Firma Mann.
Nach einer guten Stunde Diskussion sah Reichinger den Moment gekommen, festzustellen, dass sich die beiden Seiten ja doch nicht einig werden würden und läutete das Ende des Gespräches ein. Er lud uns noch zu einer Führung in der Produktionsanlage ein, die wir aber aufgrund der vorgerückten Zeit dankend ablehnten.
Aus diesem Gespräch ziehen wir folgende Schlussfolgerungen:
- Die Firma Mann ist an die Esoterik „verloren“, jede weiter Intervention gegen die Verwendung von Granderwasser, bzw. die Werbung damit, scheint sinnlos. Granderwasser ist schon zu stark in der Firmenphilosophie verankert und die Firmen Mann und Grander scheinen gut miteinander verbunden zu sein.
- Beim Wahrnehmen von Gesprächsterminen mit Firmen muss man mit Überraschungen rechnen, z.B. in Form von unangekündigten Gesprächspartnern.
- Aus den scharfen Vorwürfen, wir Skeptiker würden Firmen „schaden“ wollen, ja sie sogar „verfolgen“, und der Tatsache, dass man gleich mit drei Mann gegen zwei Skeptiker aufmarschierte, schlussfolgern wir, dass die Firma Grander die blanke Panik davor hat, dass ihr die Skeptiker buchstäblich das (wirtschaftliche) Wasser abgraben. Ob die Verkaufszahlen der Anlagen und des Wassers tatsächlich schon so schlecht sind, dass diese Panik begründet ist, darüber kann man nur spekulieren.
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