Der erste Weg bezieht sich auf den lebenden Patienten und führt über den Bohrer. Dieses satt in der Hand liegende, ohne jegliches Lagerspiel rotierende schöne Edelstahlwerkzeug vermag das Amalgam herauszulocken in dicken und auch in feinen Spänen. Bevor das herausgebohrte Amalgam jedoch in die Kanalisation gelangt, hat der Gesetzgeber wegen der hohen Toxizität des Quecksilbers verfügt, dass jeder zahnärztliche Behandlungsplatz ohne Ausnahme einen hocheffizienten Amalgamabscheider installiert haben muss. Ohne Abscheider keine Lizenz zum Bohren. Basta. Warum? Weil es so giftig ist. Für die Umwelt und so. Das leuchtet uns doch wirklich allen ein, oder?
Der zweite Weg, das Amalgam aus seiner häuslichen Umgebung heraus zu locken, ist eine thermische Methode und nennt sich Kremierung. Bei der Kremierung gibt es große Probleme. Weil das Quecksilber nicht nur aus den Amalgamfüllungen verbrannt wird, sondern auch im Gewebe eingelagertes Quecksilber aus anderen Lagerstätten, z. B. dem Nervengewebe, mobilisiert wird, entstehen hohe Quecksilberkonzentrationen in der Abluft von Krematorien. Das wiederum passt manchen Anwohnern überhaupt nicht in den Kram und sie gründen sogar Bürgerinitiativen, um gegen die schädlichen Abgase zu protestieren. Auch eine Erhöhung der Kamine bringt nicht wirkliche Erleichterung, weil sich das schwere Zeug dann nur großflächig verteilt. Beruhigend ist aber bei all dieser Problematik, dass man sich auch international mit diesem Problem auseinandersetzt und bestimmt bald die Lösung findet.
Ich benutze in meiner Praxis kein Amalgam, weil ich ein ängstlicher Mensch bin und mich vor den Quecksilberdämpfe fürchte. Da bin ich ein echter Hasenfuß. Im Studium habe ich das Zeug gerne verarbeitet, dabei aber immer die Luft angehalten. Das war kein Problem, weil eine Amalgamfüllung in spätestens zwei Minuten gestopft war. Länger hätte ich es echt nicht geschafft. Es ist toll zu stopfen und es bindet sogar ab, wenn ein Patient bei der Behandlung ständig redet oder er einen starken Speichelfluss hat und im Unterkiefer die Kavität während der Behandlung durch den Speichelsee immer wieder nass wird. Andere Materialien sind da wesentlich verarbeitungsempfindlicher. Das praktische am Amalgam ist auch, dass sich unter einer Amalgamfüllung nur sehr selten eine Karies bildet, weil die Bakterien unter so einer Amalgamfüllung wegen des zytotoxischen Klimas nicht überleben können. Aber ansonsten ist Amalgam überhaupt nicht gefährlich. Dank des Amalgams werden jetzt auch vielerorts neue Technologien entwickelt, damit wir auch weiterhin gesund bleiben.
Drei Gramm Quecksilber gelten für einen Menschen als tödliche Dosis. Wer viele Füllungen hat, besitzt schnell mehr als drei Gramm Quecksilber. Aber es besteht wie gesagt gar kein Grund zur Beunruhigung, solange man das Quecksilber nicht herauslässt und seinen Speichel brav hinunterschluckt. Bei einer hohen Belastung kann es nämlich sein, dass der Speichel wegen einer zu hohen Quecksilberkonzentration den Grenzwert der Trinkwasserverordnung überschreitet.
Hans-Werner Bertelsen
Kommentare (165)