Schon mal aufgefallen? Der Zellkern einer Zelle sitzt im Normalfall immer schön in der Mitte. Wie schafft die Zelle das? Postdoc Nicola Maghelli versucht das heraus zu finden. Dafür muss er die Zellen aber erst mal zu sexuellen Handlungen zwingen, was ziemlich einfach ist.

Postdoc Nicola Maghelli untersucht den Einfluss der Mikrotubuli auf die Position des Zellkerns. Der sitzt immer schön in der Mitte. Das muss auch so sein, da er sich ja während der Zellteilung ebenfalls teilt, damit jede Hälfte der sich teilenden Zelle auch ihre Chromosomen bekommt. Säße er irgendwo in einer Ecke, wäre alles viel komplizierter. Auch Mutter Natur mag es praktisch.

Biologen wissen, dass Mikrotubuli etwas mit der Bewegung des Zellkerns wie auch all der anderen Zellorganellen zu tun haben: Gemeinsam mit den Motorproteinen ermöglichen Mikrotubuli die Bewegung erst. Wie es die Zelle aber schafft mit den Mikrotubuli den Zellkern schön geordnet in der Mitte zu halten, das weiß niemand so genau. Nicola versucht genau dies heraus zu finden.

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Wie hier schon geschildert, nutzt er dazu einen Zellstamm, dessen Mikrotubuli nicht koordiniert in Bündeln zusammengefasst sind, sondern unkoordiniert in der Zelle umher wachsen und zerfallen.

Damit er diesen Stamm untersuchen kann, muss er ihn aber erst einmal haben. Glücklicherweise gibt es im Gefrierfach-Vorratslager des Labors tatsächlich eine Kultur von Zellen mit der gewünschten Eigenschaft. Eines fehlt allerdings noch: Dieser Stamm braucht einen Farbstoff, der die Mikrotubuli-Bündel unter dem Fluoreszenz-Mikroskop sichtbar macht, sonst kann man sie nicht beobachten.

Es ist kein Zufall, dass diese Eigenschaft noch fehlt. „Es ist praktischer, wenn jeder Stamm nur eine einzige neue Eigenschaft besitzt. Dann kann man sie gezielt mit einander kreuzen, um die Eigenschaften zu kombinieren.” Hätte ein Stamm zwei neue Eigenschaften im Vergleich zur Ursprungsversion (dem Wildtyp), dann müsste man die zweite evtl. eliminieren, was zusätzlich Arbeit und Probleme bereitet.

Um den Farbstoff in die Zelle zu schleusen, nutzt Nicola keine ausgefeilte Gentechnik wie Miguel, sondern packt die Zellen der beiden Stämme einfach zusammen auf einen speziellen Nährboden in Petrischalen. Speziell deshalb, weil er die Zellen damit auf Diät setzt. Er enthält keinen Stickstoff.

In den Hefezellen löst der Hunger ein Not-Programm aus, mit dem sie versuchen schlechte Zeiten zu überbrücken. Statt sich weiter zu teilen, suchen sie sich jemanden zum kuscheln. Ein Paarungspartner muss her.

Normalerweise, wenn die Lebensbedingungen gut sind, vermehren sich diese Hefezellen asexuell, einfach, indem sie sich teilen, sie spalten sich (daher der Name). Aus einer Zelle werden zwei.

Doch unter bestimmten Umständen suchen sich die hungernden Zellen einen Partner, um sich fortzupflanzen. Es gibt bei S. pombe Zellen, die als (+) und als (-) bezeichnet werden, so etwas ähnliches wie männlich und weiblich bei uns. Da der Stamm mit dem Farbstoff eine Orientierung hat, und der Stamm mit dem mutierten Mikrotubuli-Gen die andere, kommt es zu sexuellen Handlungen in der Petrischale. Sie verschmelzen zu einem länglichen Gebilde, vervielfältigen und vermischen ihre Erbanlagen und bilden vier genügsame Sporen. In dieser Form kann man schon mal eine Weile “überwintern”.

Nicolas Kollege, Davide Arccadi, hat den Sex der Spaltzellen auf Film gebannt. Das sieht so aus. Schauen Sie mal:

(Wer dabei übrigens spontan an den “Austausch von Körperflüssigkeiten” denkt: Die umher wirbelnden Kügelchen sind Fetttröpfchen, die die Zelle als Fettdepots nutzt.)

Durch das Rasterelektronenmikroskop fotografiert, sieht dieses Zellgebilde zweier verschmolzener Zellen so aus wie auf dem Bilde ganz oben, (sozusagen “caught in the act”, ebenfalls von Davide aufgenommen). Der netzartig-schwammige Untergrund ist übrigens der Nährboden Agar.

Am Ende löst sich die Hülle auf und es bleiben vier Sporen zurück.

Dann wird es spannend. Denn, ob das alles funktioniert, wie Nicola sich das vorstellt, das muss sich erst noch erweisen.

War Nicola ein erfolgreicher Zellverkuppler? Haben die Nachkommen der beiden Zellstämme tatsächlich die gewünschten Eigenschaften der Eltern? All das und mehr, demnächst hier auf diesem Blog …

Kommentare (5)

  1. #1 Olli
    Oktober 28, 2009

    Hallo!

    Wow – klasse Bild! Und auch der Film sieht beeindruckend aus. Was mich interessieren würde: wie ist der zeitliche Maßstab des Films? Sprich: wie lange hat das “in echt” gedauert?

    Viele Grüße!
    Olli

  2. #2 Marcus Anhäuser
    Oktober 28, 2009

    @Olli
    gute Frage: Antwort liefere ich nach. Sind gerade alle bei der Evaluation und auf Konferenz …

  3. #3 rolak
    Oktober 28, 2009

    War ..? Haben ..? ..demnächst hier

    wow, jetzt sogar mit Cliffhanger 🙂

  4. #4 Marcus Anhäuser
    Oktober 28, 2009

    @Olli
    also es ist nicht Echtzeit, sondern Zeitlupe. Aber wie schnell das tatsächlich abläuft, das liefere ich noch nach.

    @rolak
    Warum nicht mal Genre übergreifend schreiben … 🙂

  5. #5 Marcus Anhäuser
    November 19, 2009

    @Olli
    es hat etwas gedauert mit dem Nachfragen wegen der Zeitskala des Films. Es ist eine Zeitrafferaufnahme. Die zwanzig Sekunden des Films dauern in Echtzeit sage und schreibe zehn Stunden.